Wirtschaft | Realtest BZ-IBK-BZ

E-Auto vs. Verbrenner

Das Thema juckt immer noch. Und weil in Social Media-Foren & Portalen alles und nichts steht, kommen hier die Daten einer realen Fahrt. Ihr Fett bekommen aber auch die Hersteller ab, die sich beim Lügen nicht viel schwerer tun.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Autos an der Schnellladesäule Messe Bozen
Foto: kmr
  • Trotz Schwindel lohnt sich das Elektroauto

    E-Auto vs. Verbrenner – der Live-Test!
    Die Probe aufs Exempel; Eine Fahrt von Bozen nach Innsbruck und retour.

    Nachdem das Thema nach wie vor reizt und in Social Media-Foren für Klicks und Aufregung sorgt, kommt hier der definitive Beweis, dass sich das Fahren mit einem Elektroauto (unter einer Voraussetzung) lohnt. Also definitiv günstiger ist. 
    Beitrag zum Klimaschutz, CO2, Abgase usw. sind hier NICHT Thema. 

    Hier wird auch nicht „angenommen, dass“, sondern die Daten stammen von einer realen Fahrt von Bozen über die A22 nach Innsbruck und wieder retour. Die Fahrt wurde am 20. November gemacht. Wer sich erinnert … es war der Tag an dem es heuer erstmals bis in die Tallagen herunter geschneit hat. Temperatur beim Start in Bozen um die 1 Grad, in Brixen Minus 2 , am Brenner Minus 4 in Innsbruck Puls 1,  „Sudelwetter“. Also angeblich keine Idealbedingungen für E-Autos.

    Als Fahrzeug kommt ein Volkswagen ID-Buzz Cargo GTX (350 PS – 4x4) mit 79 kwh Batteriekapazität, Version ohne Wärmepumpe, Leergewicht gut 2.400 kg und Winterbereift, zum Einsatz. 
    Er wird vor der Fahrt auf 100% aufgeladen um danach erneut vollgeladen zu werden um alle Daten verfügbar zu haben. 
    Das Display zeigt eine mögliche Reichweite von 391 km an. (im Sommer sind es regelmäßig über 400 km, wobei auch in diesem Fall die 391 etwas hoch angesetzt sind, da vorher viel bergabgefahren wurde / Algorithmus).

  • VW-ID-App Foto: kmr
  • Für 251 km zeigt die Anzeige einen Verbrauch von 24,4 kWh/100km

    Nach einigen km durch Bozen geht es auf die Autobahn > Brenner > Innsbruck und idem zurück. Gefahren wird im „Comfort“- Modus (wählbar ist Eco-Comfort-Sport-Individuell). Der Fahrstil ist gemäßigt, meistens innerhalb der vorgeschriebenen Limits, teils leicht darüber, aber auch darunter z.B. beim Stau auf der Lueggbrücke und bei Baustellen in IBK). Der Fahrstil ist zudem auf „Stromsparen“ angepasst; keine extremen Beschleunigungen und „Rekuperation“ (Bremsleistung zum Laden verwenden wenn das Fahrzeug abwärtsrollt). Eingestellte Innentemperatur 21,5 Grad. Sonst gute Straßenverhältnisse, wenig Stau oder andere Hindernisse. 

    In Bozen zurück zeigt der Bordcomputer:
    Zurückgelegte km: 251 
    Verbrauch: 24,4 kWh/100km 
    Fahrtzeit: 3:34 
    Durchschnittsgeschwindigkeit: 70 km/h
    Batteriestand: 17% gleich ca. 13 kWh (theoretische noch mögliche Reichweite 75km). 
    P.s.; die 391 km sind also nicht machbar. Es wären wohl die 300 schwierig gewesen.

  • Foto: kmr
  • Jetzt geht’s zur Ladesäule in der Bozner Messe (Alperia-Super-Hub auf dem Parkdeck).
    Der Hypercharger lädt den Buzz mit bis zu 141kW, wobei am Anfang und am Ende die Ladeleistung wesentlich geringer ist. (Heute zudem wohl wegen der AgriAlp sehr viele Autos an den Ladesäulen. Zusatz: dort schon mit bis zu 180kW/h geladen, wobei laut VW eigentlich nur 150 möglich seien) 
    Das Display des Hyperchargers und auch die Alperia-App zeigen nach der Vollladung folgende Daten:
    Geladene Energie: 67,5520 kWh
    Ladezeit: 00:43:52
    SOC: 17% > 100% = von 17% (ca. 13 kWh) auf 100%-Ladung (ca. 80kWh)
    Ladeende: 20/11/2025 – 16:53
    Die Alperia-App zeigt den identischen Datensatz, wobei hier auch die Ladekosten angezeigt werden:
    Tarif: 0.35€/kWh
    Gesamtpreis dieser Aufladung: 23,64€ (ergibt sich aus der geladenen Energie; 67,5520 kWh x 0,35€) 

  • Foto: kmr
  • Das bedeutet: ich habe 23,64 € an reinen Energiekosten für eine Fahrt von Bozen nach Innsbruck und retour ausgegeben. Alle anderen Spesen wie Maut, Verscheiß, Reifen usw. sind vergleichbar mit jedem Verbrenner, wobei das Elektroauto in Sachen Betriebskosten günstiger als ein Verbrenner sein dürfte: kein Öl (Wechsel), keine FAP-, Diesel,- oder- Ölfilter, kaum Bremsenverschleiß usw.  Dafür in den ersten Jahren steuerbefreit, und auch die KFZ-Versicherung ist wesentlich günstiger als bei einem 350PS-Verbrenner. 

    Wenn wir nun einen Diesel-, oder Benzinverbrenner als Vergleichsvehikel hernehmen, dann sollte es schon ein vergleichbares Model sein. SUV, Kleinbus oder Van mit 350PS und 4x4-Antrieb. Für so ein Fahrzeug liegen Steuer und Versicherung bereits über 1000€/Jahr. Die anderen Betriebskosten dürften ebenso höher liegen. Der hier genutzte VW ID-Buzz Cargo GXT hat in einem Betriebsjahr Null Euro an Kosten verursacht, außer das Scheibenwischerwasser und die Reifen.

    Nehmen wir also an, dass ein vergleichbarer Verbrenner ca. 8 Liter Treibstoff auf 100 km verbraucht, dann hätte er auf diesen 251 km (BZ-IBK-BZ) 20 Liter verbrannt. 
    Der Durchschnittspreis für Diesel liegt in Bozen bei ca. 1,75€/L. Die Fahrt hätte also 35€ gekostet. Also gut 11€ mehr als mit dem E-Mobil. Der Benziner käme ca. auf 39€ (mehr Verbrauch / höherer Liter-Preis).

    ABER, und hier kommt der wichtigste Nebenaspekt zum Tragen: beim Elektroauto kommt es definitiv auf den kWh-Preis an.
    Kostet die kWh an der Ladesäule 0,45€ hätte diese Fahrt bereits 30€ gekostet, wird mit 0,55€ geladen liegen wir bereits ganz leicht über dem Diesel, und mit dem alten, unverschämten „Neogy-Tarif“ von 0,65€ wären wir teurer unterwegs als mit dem Benziner. 
    Laden wir zu Hause ganz „soft“ aus der Schukosteckdose, dann reduzieren sich die Kosten noch einmal sehr wesentlich. Bei ca. 0,18€ pro kWh hätte die Innsbruck-Tour 12€ gekostet. Entspricht 1/3 im Vergleich zum Diesel. 

    ……………

    Wo wird gemogelt und geschwindelt?
    - Die Geschwindigkeitsanzeige wird nicht der Realität entsprechen, so wie bei allen anderen Fahrzeugen auch. P.s.; die Eichung erfolgt meistens bei 50 km/h und mit nagelneuen Originalreifen. Mit abgefahrenen Reifen und bei 150 km/h ist eine „Überanzeige“ von ca. 6 bis 9 km/h sehr realistisch. 
    - Der Bordcomputer hat bei dieser Fahrt einen Stromverbrauch von 24,4 kWh/100 km angezeigt. Das wären ca. 61 kWh. Aufgeladen wurden allerdings 67,55 kWh. Wobei auch die Anzeigen der Verbrenner „schwindeln“. Der reale Verbrauch stimmt meistens nicht mit den angezeigten Verbrauchsdaten überein. Beim Elektroauto kommen allerdings sogenannte „Ladeverluste“ dazu. In welchem Bereich sich das abspielt, kann der Autor dieser Zeilen leider nicht in Zahlen niederschreiben. 
    p.s.; dieser ID-Buzz zeigt nach ca. 11 Monaten und gut 10.000 gefahrenen km einen Langzeit-Durchschnittsverbrauch von 21,2 kWh/100 km an. Laut oben genanntem „Geschwindle“ sind es aber mindestens 23 kWh/100 km. Die Hersteller- und Werbeangaben liegen unter 20kWh. (ziemlich unrealistisch in dieser Fahrzeug-Klasse). Auch die beworbene 400 km-Reichweite ist somit nur unter Idealbedingungen (ohne Klima & Heizung) und sehr gemäßigtem und E-angepasstem Fahrstil und im Eco-Modus möglich. Autobahn maximal 300 km bzw. 330 wenn dann dort ganz sicher nachgeladen werden kann. 

    FAZIT, Fakten & Gedanken: 
    - Ein Elektroauto ist im Betrieb prinzipiell günstiger als jeder Verbrenner, sofern halbwegs günstig getankt wird (durchschnittlich unter 0,40€ pro kWh).  Ein „Ausreißer“ im Roaming (z.B. über 0,70€) machen es nicht schlechter. Mit der Alperia-Card (App) lädt man mit 0,35€/kWh an allen Alperia und Neogy-Ladestationen. Roaming (also an fremden Säulen) kostet 0,79€/kWh. Hier ist eine zweite Karte sinnvoll bzw. laden mit Kreditkarte, sofern günstiger. 
    - Die Betriebskosten im Allgemeinen sind ebenso wesentlich niederer. Mit der 5-jährigen KFZ-Steuerbefreiung und geringerer KFZ-Haftpflicht (für ein 350PS-Mobil) werden bereits weit über 3000€ (in 5 Jahren) gespart. 
    - In der Anschaffung besteht mittlerweile kaum noch ein Preisunterschied. Mit den staatlichen Förderungen und dem Landesbeitrag sowieso nicht. Und mit etwas „handeln“ beim Verkäufer ist man sowieso beim Verbrenner-Preis. Speziell jetzt am Jahresende. 
    - Wer zu Hause lädt oder mit eigenem PV-Strom lacht sowieso. 
    - Das Ladenetz ist in Südtirol und im nördlichen Ausland ziemlich gut. In Italien noch mangelhaft, wobei auch hier der Norden besser dasteht als der Süden. 
    - Rekuperation: für eine Fahrt von Bozen nach Klobenstein verbraucht dieses Fahrzeug ca. 14% seiner Batterieleistung. Also ca. 11,2 kwh. Bei der Fahrt zurück lädt er ca. 4% (3,2 kWh) wieder zurück. Der Netto-Verbrauch liegt also bei 10 bis 11% der Batterie oder umgerechnet gut 8 bis 9 kWh. 
    - Winter / Sommer: der Verbrauch ist im Winter und im Hochsommer um ca. 5 bis 10% höher. 
    - Und keine Angst: Man erfriert nicht auf der Autobahn (bei stundenlangem Stau). Mit einer vollen Batterie kann man dort theoretisch ca. 70 Stunden (bei 20° innen und 0 Grad außen) „überleben“. Mit halbvollem Akku immer noch gut 1 ½ Tage.
    - Tanken / Ladezeiten; moderne Autos lassen sich an Schnellladesäulen ziemlich schnell aufladen. Eine Vollladung (bei vorgeheizter Batterie) ist während eines Mittagessens möglich. Eine Teilladung für 150km Reichweite dauert nicht länger als ein Kaffee mit WC-Besuch. 
    - Die WLTP-Angaben der Hersteller sind zwar „ehrlicher“ als die alten NEFZ, aber trotzdem sind auch WLTP-Reichweiten in der Realität unrealistisch. 
    - Das Fahren mit E-Auto ist auf die Dauer cool:
    * Kein Gangschalten oder kein Gang-ruckeln beim „Automatik“
    * Fast kein Bremsen notwendig (im B-Modus). 
    * Kein Scheibenkratzen im Winter (einfach einige Minuten vorher mit der App vorwärmen, wobei das Auto dann beim Einsteigen auch schon schön warm ist … ohne dass das ganze Viertel eingenebelt wird) 
    * Tolle Beschleunigung (zum Überholen). 
    * Alle Sicherheitssysteme integriert (wie bei allen andern neuen Verbrennern natürlich auch).
    * … und man trägt, zumindest hier bei uns (Strom aus Wasserkraft), ein kleinwenig zum Klimaschutz bei. Wobei es hier, wie eingangs erwähnt, gar nicht darum geht. 

    Zusatz: E-Autos der Mittelklasse verbrauchen zwischen 15 und 19 kWh/100 km. Kleinwagen auch weniger als 15 kWh. SUV´s, Vans oder auch größere 4x4-Limusinen sollten in die Kategorie 20+ eingestuft werden. Tesla und einige Chinesen und Taiwaner dürften zu den effizientesten auf dem Markt zählen (zumindest laut verfügbaren Daten).