Politik | Fall Vallazza

Stille Gesetzesänderung

Die SVP-Arbeitnehmer wollen nach der Affäre Vallazza das Gesetz ändern, und Manfred Vallazza hat sich auf einer Parteisitzung im Pustertal selbst in die Nesseln gesetzt.
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Foto: Google Street View
Waltraud Deeg redet nicht gerne öffentlich über den Fall Vallazza. Der Grund: Die Wohnbaulandesrätin kennt die Affäre um die geförderte Wohnbauzone im Weiler Cians in Wengen in allen Details. Seit vier Jahren beschäftigen sich die zuständigen Ämter in der Abteilung Wohnbau mit dem verzwickten Fall.
Dabei hat es auch Aussprachen gegeben, bei denen nicht nur die zuständigen Beamten, die Landesrätin und der Wengener Bürgermeister Angel Miribung anwesend waren, sondern auch der ursprüngliche Grundeigentümer Manfred Vallazza. Der Gadertaler SVP-Landtagsabgeordnete, der heute so tut, als habe er mit der Affäre nicht zu tun, hat dabei im Deeg-Büro wortgewaltig gegenüber den zuständigen Landesbeamten seine Interessen verteidigt.
Landeshauptmannstellvertreterin Waltraud Deeg ist eine Spitzenexponentin der SVP-Arbeitnehmer. Historisch ist der Wohnbau das ureigene Terrain des SVP-Sozialflügels. Wie ambivalent des Verhalten dieses Teils der SVP aber in der Affäre Vallazza ist, zeigt sich  nicht nur in der auffälligen Zurückhaltung der zuständigen Landesrätin.
 
 
 
Drei Tage, nachdem Salto.bz den Fall Vallazza enthüllt hat, verteidigte der SVP-Landtagsabgeordnete Helmuth Renzler im Corriere Dell´Alto Adige seinen Parteikollegen vehement. Der SVP-Arbeitnehmervertreter tut so, als sei das Ganze nur ein politisches Geplänkel: „Das ist ein Machtkampf, weil Vallazza immer wieder seine Meinung äußert und seine eigenen Vorstellungen einbringt. Auch weil der Parteiflügel, dem er angehört, nicht immer mit den Entscheidungen der Landesregierung einverstanden ist“. Auch zum eigentlichen Sachverhalt hat Renzler eine eigene Sicht der Dinge: „Vallazza hat nichts Unrechtes getan. Er hat die gesetzlichen Bestimmungen nur schlauer interpretiert als andere, so wie es anscheinend auch Brauch in manchen Gadertaler Gemeinden ist“.
Dass die SVP-Arbeitnehmer-Vertreter zwar Wasser predigen, aber Wein trinken, zeigt eine aktuelle politische Initiative.
 

Der Vallazza-Paragraf

 
Am vergangenen Freitag wurde im Generalsekretariat des Landtages der Gesetzentwurf Nr.116/22 eingebracht. Mit dem Gesetzentwurf soll das geltende Wohnbaugesetz in verschiedenen Punkten abgeändert werden. Einbringer des Gesetzesentwurfes sind die SVP-Abgeordneten und Arbeitnehmervertreterinnen Helmuth Renzler, Waltraud Deeg, Magdalena Amhof und Paula Bacher.
Besonders interessant ist dabei ein kleiner, unscheinbarer Absatz. Mit Artikel 2, Absatz 7 des Gesetzentwurfes soll ein Zusatz in das geltende Wohnbauförderungsgesetz eingefügt werden. Der Text:
 
Die Zuweisung eines geförderten Baugrundes in demselben Mischgebiet an die vorigen Eigentümer der enteigneten Flächen oder an deren Verwandte und Verschwägerte ersten und zweiten Grades ist nicht zulässig.“
 
Es ist ein Änderung, die augenscheinlich auf den Fall Vallazza zugeschnitten ist. Denn die Operation, die sowohl Manfred Vallazza als auch der Ersteinbringer dieses Vorschlages Helmuth Renzler als völlig rechtens ansehen, wird mit dieser Gesetzesänderung nicht mehr möglich sein. Zumindest was Vallazza Schwester betrifft.
Im erklärenden Teil des Gesetzentwurfes ist auch eine Begründung für diese Gesetzesänderung angeführt. Dort heißt es unmissverständlich: „Um die Gewährleistung des öffentlichen Interesses zu sichern“.
 
 
 
 
Im Umkehrschluss wird damit das bestätigt, was das Bozner Verwaltungsgericht im Urteil 214/22 schreibt. Die Operation Vallazza hat nicht dem öffentlichen, sondern ausschließlich dem privaten Interesse gedient.
Renzler, Deeg & Co müssen sich spätestens jetzt fragen lassen, warum man so schnell das Gesetz ändert, wenn im Fall Vallazza anscheinend alles rechtens ist.
Renzler, Deeg & Co müssen sich spätestens jetzt fragen lassen, warum man so schnell das Gesetz ändert, wenn im Fall Vallazza anscheinend alles rechtens ist.
Interessant wird auch die weitere Behandlung dieses Gesetzesvorschlages. Wie vorgesehen, wurde die Behandlung des Entwurfes dem IV. Gesetzgebungsausschuss zugeteilt. Ironie der Geschichte: Dort sitzt ausgerechnet auch Manfred Vallazza.
 

Pusterer Zorn

 
Zudem hat Manfred Vallazza vergangene Woche einen Ausrutscher aufs Politparkett gelegt, der für den Gadertaler SVP-Politiker nachhaltige Folgen haben könnte.
Am Mittwoch vergangener Woche traf sich die Pusterer SVP zur erweiterten Bezirksausschusssitzung. Im Saal in St. Georgen waren rund 100 SVP-Funktionärinnen und -Funktionäre anwesend. Auf der Tagesordnung der Sitzung standen die Parlamentswahlen und die anstehenden Wahlen der SVP-Spitze auf der Landesversammlung am 3. September in Meran.
 
 
 
Unaufgefordert meldete sich aber auf der Versammlung auch Manfred Vallazza in eigener Sache zu Wort. Der Landtagsvizepräsident und Regionalassessor spielte dabei sein Standardprogramm ab. Er sei Opfer der Medien, des Kampfes der Parteiflügel, er wolle nur dem Ausverkauf der Heimat entgegenwirken und vor allem habe er nicht gewusst, dass sein Cousin und seine Schwester für den geförderten Wohnbau ansuchen oder auf der Rangliste aufscheinen würden. „Manfred war überzeugend“, sagt eine der Anwesenden in St. Georgen, „und der Großteil der Anwesenden hat ihm gelaubt.“
Doch am nächsten Tag veröffentlichte Salto.bz unter dem Titel „Dichtung und Wahrheit“ den Durchführungsplan, den Manfred Vallazza ganz zu Beginn dieser Immobilienoperation im November 2015 bei der Gemeinde eingereicht hat. Dort steht zu lesen: „Durch die neue Zone soll die Möglichkeit geschaffen werden, für zwei Familien in der Nähe des Elternhauses ein Wohnhaus zu erbauen und damit die Abwanderung vom Weiler vermieden werden.
Nach Bekanntwerden dieses Details bricht in der Pusterer SVP mehr als nur Unruhe aus. Denn damit wird klar, dass Vallazza in St. Georgen nicht die Wahrheit gesagt hat. „Wir fühlen uns im wahrsten Sinne des Wortes verarscht“, ärgert sich ein Pusterer Ortsobmann, „wie kann man 100 Leute so anlügen“. Mehrere der anwesenden SVP-Funktionäre sind - nach Informationen von Salto.bz - in den vergangenen Tagen mündlich und schriftlich bei SVP-Obmann Philipp Achammer vorstellig geworden, um ihren Unmut gegen Vallazza und dessen Verhalten zu äußern.
Auch deshalb dürfte der SVP-Obmann die Aussprache mit Manfred Vallazza diesen Montag durchgezogen haben. Vallazza will sich jetzt vor der SVP-Parteileitung anhand von Dokumenten verteidigen.
Seine Ausführungen in St. Georgen werden ihm dabei kaum zum Vorteil gereichen.