Freizeit | Wurzeln

Herbst ist Buddel-Zeit

Sobald die Bäume ihr buntes Laub abwerfen und die Eichhörnchen hektisch ihre Nüsse verbuddeln, heißt es auch für uns: Spaten raus, ab in den Garten!
Wurzeln
Foto: Tamara Seyr
  • Jetzt sammeln die Pflanzen all ihre Kräfte in den Wurzeln. Während obenrum alles welk und traurig aussieht, pulsiert unten drunter das volle Leben. Für Kräuterkundige ist der Herbst daher die absolute Schatzsucher-Saison. 

  • Die Autorin

    Tamara Seyr ist FNL Kräuterexpertin und Heilpraktikerin. Sie beschäftigt sich oft und auch lange (und oft auch ganz, ganz lange) mit den Kräutern und allem was dazu gehört. Das sind nicht nur die botanischen Namen, die Familienzugehörigkeit und die Inhaltsstoffe, sondern auch die Signaturenlehre.

    Ihr aktuelles Buch "Klugscheißerwissen Kräuter"

    Foto: Tamara Seyr
  • Warum gerade im Herbst?

    Im Frühjahr schießen Pflanzen ihre Energie in die Blätter und Blüten, damit alles sprießt und summt. Im Sommer steckt die Kraft in Samen und Früchten – schließlich will Nachwuchs gesichert sein. Doch im Herbst ziehen sich die Pflanzen zurück und lagern all ihre Wirkstoffe in den Wurzeln ein, sozusagen als Überlebenspaket für den Winter. Genau deshalb sind die Wurzeln jetzt am gehaltvollsten: voller Bitterstoffe, ätherischer Öle und Mineralien. Wer sie jetzt ausgräbt, bekommt die stärkste „Power-Version“ der Pflanze – quasi die konzentrierte Lebenskraft im Untergrund. 

  • Buddeln nach dem Mondkalender

    Natürlich könnte man jederzeit graben – aber wer richtig klug scheißen will, wartet auf den abnehmenden Mond. In dieser Phase zieht die Energie nach unten, und die Wurzeln sollen besonders kraftvoll sein. Unsere Vorfahren wussten: Wenn schon schmutzige Hände, dann bitte zum richtigen Zeitpunkt. 

  • Wurzelstars im Herbst

    Löwenzahn: Keine Gartenkatastrophe, sondern eine Detox-Maschine. Seine Wurzel steckt voller Bitterstoffe, die Leber und Verdauung in Schwung bringen. 

    Beinwell: Der Superheld für Knochen und Gelenke. Früher hieß er „Beinheil“ – das sagt schon alles. Achtung: nur äußerlich anwenden, sonst wird’s ungesund. 

    Sonnenhut (Echinacea): Immunbooster deluxe. Wenn alle anderen schon schniefen, zieht er dir ein Schutzschild hoch. 

    Meisterwurz: Klingt nach Fantasy-Roman, wirkt aber tatsächlich gegen Magenkrämpfe, Husten und trübe Stimmung. In Klöstern galt er als Universalheilmittel. 

    Engelwurz: Schon der Name verrät’s: ein Engelsgeschenk. Hilft bei Verdauungsbeschwerden und gibt Kräuterschnäpsen ihren göttlichen Kick. 

    Baldrian: Die berühmte Schlafwurzel. Wer sie abends als Tee schlürft, schläft wie ein Bär im Winterschlaf. 

  • Rausbuddeln, sauber machen, schön machen

    Damit das Buddeln nicht zur Zerstörung wird: mit Grabegabel oder Spaten vorsichtig ausheben, nicht wie ein Maulwurf auf Speed. Anschließend unter fließendem Wasser gründlich abbürsten. Dicke Wurzeln in Scheiben schneiden, damit sie beim Trocknen nicht gammeln. Ab auf ein Gitter, luftig lagern – oder bei 40 °C im Backofen nachtrocknen. Dann luftdicht und dunkel lagern. Fertig ist die Winterapotheke. 

  • Welche Rolle spielt die Temperatur?

    Anwendungen mit Augenzwinkern 

    Löwenzahnwurzeltee: „Flüssiger Frühjahrsputz“ für Leber und Galle – auch im Herbst top. 

    Beinwellsalbe: Jeder Sportler schwört drauf, wenn er mal wieder mehr gewollt als gekonnt hat. 

    Sonnenhuttinktur: Erkältung im Anmarsch? Dreimal täglich, und die Viren schauen doof aus der Wäsche. 

    Meisterwurz: Der „Schnapsdoktor“. Ein Stamperl wärmt Bauch und Seele. 

    Engelwurz: Als Likörzutat unschlagbar, dazu ein himmlischer Duft. 

    Baldrian: Wer nach der Schnapsrunde immer noch nicht schlafen kann, greift hier zu. 

  • Rezept: Meisterwurz-Schnaps

    Ein Klassiker, mit dem man nicht nur Opa beeindruckt. 

    Zutaten: 

    • 40 g frische Meisterwurz (kleingeschnitten) 

    • 0,7 l klarer Schnaps (Korn oder Wodka) 

    • 1 EL Honig 
     

    Zubereitung: 

    Die Wurzelstücke in eine Flasche geben, mit Schnaps übergießen und gut verschließen. Vier Wochen an einem dunklen Ort stehen lassen und gelegentlich schütteln. Dann abseihen und mit Honig abrunden. Der Schnaps wird leicht scharf, würzig und hat ordentlich Power. Ein Stamperl nach dem Essen vertreibt Völlegefühl, Bauchgrummeln – und schlechte Laune gleich mit. 

  • Fazit

    Herbst ist Buddelzeit! Während andere jammern, dass alles welkt, wissen Kräuterfans: Unter der Erde lagert die pure Medizin. Ob für die Leber, fürs Immunsystem oder fürs Nervenkostüm – die Wurzeln sind die verborgenen Helden der Pflanzenwelt. Also: Spaten schnappen, Mondkalender checken und losbuddeln. Nur aufpassen, dass die Nachbarn nicht denken, man vergräbt gerade eine Leiche …