Guido Bocher: "Will nicht das Dorf spalten"
Guido Bocher, 68, ist seit fünf Jahren einer der wenigen italienischsprachigen Bürgermeister in Südtirol - und das in Toblach, einer Gemeinde, in der vorwiegend Deutsch gesprochen wird. 2010 wurde er als Kandidat der Bürgerliste zum Ersten Bürger des Hochpustertaler Dorfes gewählt und regiert seitdem mit einer absoluten SVP-Mehrheit. Nun, sagt er, sei es Zeit, das Feld zu räumen.
"Ich stehe für keine weitere Amtszeit zur Verfügung," sagte Guido Bocher auf RAI Südtirol. "Eine Wiederkandidatur könnte derzeit polarisierenden Charakter haben," er wolle das Dorf nicht spalten. Klar ist, die SVP will für kommende Amtszeit den Bürgermeister stellen, und es gibt auch schon einen konkreten Namen: Herbert Santer, Toblacher Hotelier, Sport- und Tourismuspromoter will als Bürgermeister antreten: "Ich sehe einen Stillstand im Dorf und ich möchte, dass es wieder aufwärts geht, dass wieder investiert wird", zeigt er sich unternehmerisch. Er, so hieß es im Bericht, wolle eine Umfahrungsstraße, einen unterirdischen Bahnhof und ein Skigebiet bauen.
Bocher wurde von einer Mehrheit deutschsprachiger BürgerInnen Toblachs gewählt, die sich an der Persönlichkeit Bochers, an seinen „Tugenden“ orientiert haben, nicht an seiner ethnischen Zugehörigkeit, und es waren die BürgerInnen, die darauf gepocht haben, dass Demokratie unteilbar ist.
Die Zeiten eines Guido Bocher scheinen da wohl oder übel vorbei zu sein, er war weniger der "Macher" als vielmehr ein Beispiel für ein funktionierendes interethnisches Miteinander im Dorf. Dafür erhielt er auch kurz nach den Wahlen im Jahr 2010 die Auszeichnung "Politische Persönlichkeit des Jahres", verliehen von der Generalversammlung der Südtiroler Politikwissenschaft. Nicht, weil er als Italiener auch von vielen deutschsprachigen Toblachern gewählt wurde, was an und für sich schon außergewöhnlich ist in der ethnischen Politiklandschaft Südtirols, wie es in der Laudatio von Günther Pallaver heißt. Sondern weil unter den Toblacherinnen und Toblachern eine Welle der Solidarität mit Guido Bocher aufbrandete, als seine Wahl von den damaligen politischen Konkurrenten als "ethnisch inkompatibel" angefeindet wurde. Da zeigte sich in Toblach "die hohe Demonstration einer politischen Ethik, aber auch des common sense, der die BürgerInnen Toblachs geleitet hat, und die dem Prinzip der Ethnizität das Prinzip der Demokratie gegenüber gestellt haben."
Nun wird sich das Blatt in Toblach wieder zugunsten der SVP wenden. Guido Bocher wünscht seiner Gemeinde, dass die Interessen der Allgemeinheit auch weiterhin vor den Privatinteressen kommen mögen, nur so könne Politik gelingen.