Politik | Sanität

Klage einer Generation

Die wankelnde Facharztausbildung ruft Südtiroler Jungärzte und Medizinstudenten auf den Plan. Sie ersuchen die Landesregierung um Härte bei den Verhandlungen.
OP
Foto: Pixabay

“Startschuss ist geglückt!” Die Meldung kam Mitte Mai aus dem Sanitätsbetrieb. Nach langwierigen Verhandlungen mit Wien und Rom schien es Anfang des Jahres endlich geschafft: Die Facharztausbildung nach österreichischem Modell sollte an den dafür autorisierten Südtiroler Krankenhäusern wieder starten. Rund 50 Ausbildungsstellen sind dafür vorgesehen. Die Facharztprüfung wird am Ende der Ausbildung an der österreichischen Ärztekammer in Wien abgelegt, die auch den Facharzttitel ausstellt. Der Titel wird anschließend im italienischen Gesundheitsministerium anerkannt. So weit die Theorie.

Mitte Mai verkündete der Sanitätsbetrieb schließlich, dass 17 angehende Fachärzte ihren Dienst antreten können. “Damit haben wir etwas geschafft, was den Jungärzten in Südtirol Sicherheit gibt, aber auch uns als Gesellschaft langfristig absichert.” Dass er sich zu früh gefreut hatte, ahnte Landeshauptmann Arno Kompatscher wohl nicht.
Ende vergangener Woche wurde bekannt, dass die italienische Regierung die Facharztausbildung vor dem Verfassungsgerichtshof anficht – auf Initiative der 5 Sterne Bewegung.

In Südtirol schrillen alle Alarmglocken. “Wir erwarten uns von der SVP und der Lega ein klares Bekenntnis zur österreichischen Facharztausbildung in Südtirol und fordern den Landeshauptmann auf, seine Kuschelpolitik mit Rom zu beenden und endlich wieder die hart erkämpften Rechte der Autonomie zu verteidigen”, heißt es von der Südtiroler Freiheit. Nichts anderes hat Arno Kompatscher vor. “Wir sind ein autonomes Land. Und ich bestehe auf unser Recht, die Ausbildung nach österreichischem Modell als zusätzliche Option anzubieten”, stellt der Landeshauptmann klar und verweist auf den Runden Tisch, der eingerichtet werden soll, um die offenen Fragen zwischen Land und Staat im Gesundheitswesen zu klären. Regionenministerin Erika Stefani (Lega) hat diesen zugesichert.

Indes herrscht nicht nur auf politischer Ebene, sondern – wenig überraschend – auch bei jenen, die von der Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof unmittelbar betroffen sind, große Aufruhr.


Damoklesschwert hängt erneut

 

Südtiroler Medizinstudenten und Jungärzte wenden sich mit einer Stellungnahme an Landeshauptmann Kompatscher, Sanitätslandesrat Thomas Widmann und den Generaldirektor des Sanitätsbetriebs, Florian Zerzer. Unterzeichnet ist das Schreiben stellvertretend von Elisa Reiterer. Die Meraner Jungärztin ist in Südtirol spätestens seit ihrem offenen Brief bekannt, in dem sie Anfang 2017 die für Jungärzte unattraktive Situation in Südtirol anprangerte und für reichlich Wirbel sorgte. Nun schreibt Reiterer:

“Wir nehmen die Klage vor dem Verfassungsgericht mit Sorge zur Kenntnis und erwarten uns, dass das Land Südtirol mit seinen Vertretern alles Mögliche und Notwendige unternehmen wird, um die Möglichkeit einer Rückkehr der einheimischen Jungärzte und somit eine Erhaltung eines funktionierenden Sanitätswesens in Südtirol endgültig und langfristig zu garantieren.”
Von Kompatscher, Widmann und Zerzer fordert Reiterer im Namen der Südtiroler Jungärzte um “klare Kommunikation” und “ehrliche Klarstellung der Konsequenzen”: Kann die rechtliche Grundlage der Facharztausbildung der Klage standhalten? Sollte das Ausbildungskonzept nun doch fallen – welche Konsequenzen erwarten die Jungärzte, die erst kürzlich mit der Facharztausbildung begonnen haben?

“Diese ständigen Angriffe auf das Südtiroler Ausbildungskonzept verstärken die Unsicherheit, die es uns jungen Ärzten schwer macht, sich im Südtiroler Gesundheitswesen einzubringen.”
(Elisa Reiterer)

Am Ende des einseitigen Schreibens richtet Reiterer einen eindringlichen Appell an Kompatscher, Widmann und Zerzer: “Wir bitten Sie, mit aller notwendigen Härte und Konsequenz in die anstehenden Verhandlungen zu gehen. Unsere Generation verlässt sich auf Sie.”

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G. P. Mi., 26.06.2019 - 16:49

Tut mir Leid für die Betroffenen, aber das wird nix mehr. Das Wort "Härte" kennt die Landesregierung gegenüber Italien nicht. Sie fährt schon seit Jahren einen Schmusekurs.

Mi., 26.06.2019 - 16:49 Permalink
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19 amet Mi., 26.06.2019 - 17:15

G.P. Der typische Südtiroler der sich für den Mittelpunkt der Welt hält. Dass wir mit 500.000 Einwohner, und ein paar Abgeordneten auf 900 in Rom eine Null sind sprengt seinen begrenzten Horizont. In den letzten Jahren hat man uns alles mögliche zugestanden,weil die paar Stimmen benötigt wurden, und unsere Leute gut verhandelt haben. Nur Hinterwäldler können glauben, dass man mit "Härte" in Italien etwas erreicht.

Mi., 26.06.2019 - 17:15 Permalink
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Sigmund Kripp Do., 27.06.2019 - 07:25

Antwort auf von 19 amet

Bezieht sich der Ausdruck "wankelnde" auf den Wankelmotor des genialen Erfinders Felix WANKEL? Er hat den Kreiskolbenmotor erfunden, wo die oszillierende Kolbenbewegung des Otto/Dieselmotors durch eine rotierende - und damit reibungsärmere - Kolbenbewegung ersetzt wird.

Do., 27.06.2019 - 07:25 Permalink