Gesellschaft | Brixen

Die 10-Millionen-Frage

Die geplante Neugestaltung des Brixner Hofburggartens spaltet weiter. Vor allem die veranschlagten Kosten sorgen vor dem Hintergrund der Corona-Krise für Kritik.
Hofburggarten Heller
Foto: André Heller

Die Corona-Krise hat die Debatte zur Umgestaltung des Brixner Hofburggartens durch André Heller nicht zum Verstummen gebracht. Im Gegenteil. Über zahlreiche Wege – offene Briefe, schriftliche Einwände, Flashmob, öffentliche Stellungnahmen und Anfragen im Gemeinderat – versuchen die Gegner des Projekts in Brixen und darüber hinaus die Entscheidungsträger zum Einlenken zu bewegen. Jüngster Anlass: Am 13. Mai hat die Brixner Stadtregierung per Beschluss das Büro von André Heller offiziell mit der Planung – bestehend aus Grundidee, künstlerisches Konzept, gärtnerische Gestaltung, Geländemodellierung, Beleuchtungskonzept, Entwürfe für die Gebäude des Gartens – beauftragt.

1,2 Millionen Euro plus Mehrwertsteuer erhält der österreichische Multimedia- und Aktionskünstler dafür. Zusätzlich hat die Gemeinde einen Vertrag mit der Diözese ausgearbeitet, der der Gemeinde einen 30-jährigen Fruchtgenuss zugesteht. Dafür erhält die Diözese als Eigentümerin des Gartens einen Betrag von 1,3 Millionen Euro.

 

Opposition gespalten

 

Die Reaktionen der Opposition im Gemeinderat könnten nicht unterschiedlicher ausfallen. Die Freiheitlichen begrüßen das Fortschreiten des Vorhabens. “Gerade für den Aufschwung nach der Krise kann der von André Heller neugestaltete Hofburggarten der Trumpf im Ärmel Brixens sein”, meint Oscar Fellin von den Brixner Freiheitlichen. Dennoch werde man wachsam bleiben. Denn Bürgermeister Peter Brunner hatte verkündet, dass die Aufträge für die Arbeiten zur Neugestaltung “unter anderem an heimische Unternehmen und Künstler gehen” sollen. Das ist den Freiheitlichen zu wenig. “Besonders in der aktuellen Krise sind das sicherlich dringend benötigte Aufträge, die Arbeitsplätze sichern. Es ist deshalb wichtig, dass nicht nur ‘unter anderem’, sondern vor allem und weitestgehend heimische Betriebe beauftragt werden”, betont Fellin.

Um die Auswirkungen der Corona-Krise geht es auch der Grünen Bürgerliste. Anders als die Freiheitlichen aber kommen deren drei Gemeinderäte zum Schluss, dass es angesichts der für viele Bürger angespannten Situation unverantwortlich sei, große Summen für ein Projekt zu reservieren, für das “noch jede Spur eines Führungskonzepts und einer Wirtschaftlichkeitsrechnung” fehle. Die Ausgaben für die Umgestaltung des Hofburggartens belaufen sich auf 10 Millionen Euro. Bis zu 80 Prozent davon übernimmt das Land. Das hat Landeshauptmann Arno Kompatscher bereits vor einem knappen Jahr zugesichert. Mit einer Anfrage wollte die Grüne Bürgerliste in Erfahrung bringen, ob die Mitte Mai vom Stadtrat genehmigten Summen bereits in den vorgesehenen Kosten enthalten sind. Laut Bürgermeister Brunner seien sowohl das Honorar für Heller von 1,2 Millionen Euro plus Mehrwehrtsteuer als auch die Kosten für die Sanierung und Nivellierung des Bodens von 500.000 Euro in den veranschlagten 10 Millionen einbegriffen. Die 1,3 Millionen Euro für den 30-jährigen Fruchtgenuss, der neu mit der Diözese vereinbart wurde, hingegen nicht. Sie sollen in die alljährlichen Führungskosten einfließen.

“Interessantes Detail der Antworten ist sicher, dass noch kein detaillierter Projektvorschlag von Heller und seinem Büro für die Neugestaltung des Hofburggartens vorliegt”, schreibt die Grüne Bürgerliste in einer Aussendung. “Interessant auch deshalb, weil sich anscheinend auch die Landesregierung mit dem bisher präsentierten Exposé des Künstlers zufrieden gibt und laut Bürgermeister deshalb ‘ein beträchtlicher Teil der Finanzierung vonseiten des Landes und die gesamten Gelder der Gemeinde für die Neugestaltung bereits im Haushalt der Gemeinde eingebaut’ seien.”

 

Wende wegen Krise?

 

Die Grünen fordern eine “ehrliche transparente Debatte zu Kosten und Projektvergabe des Hofburggartens – umso mehr in Zeiten wie diesen, wo von den politischen Entscheidungsträgern ein radikales Umdenken in Sachen Umverteilung und Steuergerechtigkeit gefordert wird”.

Inzwischen hat sich auch Team K des Hofburggartens angenommen. Mit einem Beschlussantrag will man kommende Woche im Landtag erwirken, dass die Landesregierung “unter den Bedingungen einer drohenden Wirtschaftskrise” das Heller-Projekt neu bewertet und zu den Finanzierungszusagen in der Höhe von bis zu 80 Prozent Stellung bezieht.

 

In dieselbe Kerbe schlägt die Initiativgruppe für einen Offenen Hofburggarten, zu deren Mitglieder unter anderem der ehemalige Grüne Landtagsabgeordnete Hans Heiss, der Architekt Andreas Gottlieb Hempel, die Universitätsprofessorin Susanne Elsen sowie der Designer und Heimatpfleger Albert Willeit zählen. Bereits Anfang Mai hieß es in einer Stellungnahme der Initiativgruppe: “Die erheblichen Mittel, die aufgrund des Vorschlags Heller für die Gartengestaltung angesetzt sind, dürften nicht mehr zur Verfügung stehen. Alle Ressourcen sollten weit gehend der Bekämpfung der Krise und ihrer Folgen dienen. Ein Park ist zweitrangig, wenn Einkommen und Existenz vieler Bürgerinnen und Bürger, die vorab Unterstützung verdienen, auf dem Spiel stehen.”

Und auch die Jungen Grünen meinen: “Der Hofburggarten sollte jetzt für alle geöffnet und zum Ort der Erholung werden, insbesondere im heurigen heißen Sommer, in dem viele Menschen nicht die Möglichkeit haben werden, auf Urlaub zu gehen. Die 1,2 Millionen Euro wären anderswo besser investiert, etwa in der Förderung der lokalen Kunst und der Kulturschaffenden.”

Ob es in Sachen Hofburggarten einen Kurswechsel geben wird, bleibt dennoch mehr als fraglich. “Ich respektiere die Meinung aller”, im Falle der Gegner des Heller-Projekts aber habe er den Eindruck, “dass man hier gegen Windmühlen kämpft”, meinte Landeshauptmann Kompatscher bereits Ende Juli 2019.