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„Das ist fast schon Satire“

Julia Unterberger über den Frontalangriff Toni Ebners auf ihre Familie, die Athesia-Kampagne gegen Arno Kompatscher, die Seilschaften und den tiefen Riss in der SVP.

Julia Unterberger
Foto: SVP
Salto.bz: Frau Senatorin Unterberger, laut dem Dolomiten-Kolumnisten krah, hinter dem sich bekanntlich Chefredakteur Toni Ebner verschanzt, ist Ihre Familie am Untergang des Abendlandes schuld?
 
Julia Unterberger: (lacht) Mir ist wirklich neu, dass wir eine so mächtige Familie sind, die seit Jahrzehnten Meran regiert. Mein Vater ist 1993 als Obmann des Meraner Stadtkomitees ausgeschieden und hat sich seit damals auch nicht mehr direkt in die Meraner SVP-Politik eingemischt. Ich persönlich habe mich überhaupt nie zu einer Meraner Angelegenheit zu Wort gemeldet oder eingebracht.
                      
Es geht aber darum, dass der Zeller-Unterberger-Clan angeblich das Land Südtirol beherrscht?
 
Wenn ich dieses Land beherrschen würde, dann würde es anders ausschauen. Dann gäbe es mehr Frauen in allen wichtigen Positionen, mehr Tierheime und ein Verbot der Massentierhaltung und vieles mehr. Tatsache ist, dass ich in meiner ganzen politischen Laufbahn nie mächtig war. Auch weil ich mich immer für Themen eingesetzt habe, die eher mit Außenseitern zu tun haben. Deshalb ist dieser Vorwurf total abwegig.
 
Der Machtmensch ist aber ihr Ex-Ehemann Karl Zeller?
 
Natürlich war Karl Zeller ein mächtiger Politiker. Das ist unbestritten. Und er hat auch in Meran eine Zeitlang eine wichtige Rolle gespielt….
 
Warum sprechen Sie in der Vergangenheit?
 
Weil er jetzt kein Mandat mehr hat. Er ist Parteiobmann-Stellvertreter, mehr nicht. Durch sein Können und sein Wissen hat er sicher immer noch einen großen Einfluss auf die SVP. Was er alles erreicht hat, kann man nicht wegdiskutieren. Aber heute hat er keinerlei Entscheidungskompetenzen mehr.
 
 
„Katharina eine Marionette? Das ist ein so ungerechter und absurder Vorwurf“.
 
Nicht nur im Krah-Kommentar wird ungeschminkt der Vorwurf erhoben, dass Katharina Zeller nur eine Marionette ihrer Eltern sei?
 
Das ist ein so ungerechter und absurder Vorwurf, dass mich das zur Weißglut bringt. Denn das würde bedeuten, dass die gesamte Meraner SVP sich dem Willen von Karl Zeller und mir unterwerfen würde. Zuerst hätte man sich eine Kandidatin aufzwingen lassen und sogar jetzt nach der Niederlage mache man gute Miene zum bösen Spiel, indem man total motiviert zu dieser Kandidatin stehen würde. Dass diese Vorstellung unmöglich ist, sagt einem doch der Hausverstand.
 
Es war also nicht der diabolische Karl Zeller, der alles eingefädelt hat?
 
Nein, genau das Gegenteil. In Wirklichkeit war es so, dass die Meraner SVP nach der letzten Wahlschlappe total am Boden lag, dass sich niemand gefunden hat, der diese Kandidatur annehmen wollte und dass Katharina von allen gebeten wurde, als Bürgermeister-Kandidatin ins Rennen zu gehen. Karl und ich haben ihr von Anfang an abgeraten, das zu tun. Vor allem Karl. Er hat ihr zu erklären versucht, dass das Ganze ein Himmelfahrtskommando sei. Doch Katharina ist eine selbstständige Frau, die sich nichts sagen lässt. Sie hat gesagt: „Ich mach das jetzt und ich habe nichts zu verlieren“.
 
Karl Zeller ist der wichtigste politische Berater von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Ist er deshalb der Familie Ebner und der Athesia im Weg?
 
Ja. Den Ebners ist in erster Linie der Landeshauptmann Arno Kompatscher im Weg, weil er eine integre Persönlichkeit ist. Kompatscher lässt sich nicht durch eine wohlwollende Presse dazu hinreißen bei geschäftlichen Interessen der Familie Ebner ein Entgegenkommen zu zeigen. Deshalb ist er ihnen ein Dorn im Auge. Weil Karl Zeller und ich den Landeshauptmann mit allen Kräften unterstützen, kommen wir jetzt in das Fadenkreuz der Athesia.
 
 
Weil Karl Zeller und ich den Landeshauptmann mit allen Kräften unterstützen, kommen wir jetzt ins Fadenkreuz der Athesia.
 
Es fällt auf, dass in den letzten Wochen immer wieder Beschlüsse der Landesregierung in der SVP-Parteileitung kritisiert und umgeworfen werden. Auch von jenen, die in der Regierung mitgestimmt haben. Erkennen Sie eine Strategie dahinter?
 
Das kann ich nicht beurteilen. Es ist generell in einer Sammelpartei schwierig alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Wir wissen, dass die SVP vor allem von den Bauern und der Wirtschaft beherrscht wird. Der Landeshauptmann aber hat hier etwas andere Ansichten. Dass es deshalb zu Diskussionen kommt, ist völlig normal. Ich würde das jetzt nicht überbewerten. Wenn die SVP es nicht mehr aushält, dass es verschiedene Richtungen und Ansichten gibt und man sich in der Diskussion zusammenrauft, dann ist die Idee der Sammelpartei gestorben. Und die Partei wird sich irgendwann in eine Art ÖVP auf der einen und einer Art SPÖ auf der anderen Seite spalten.
 
Ist der Riss in der SVP wirklich schon so tief?
 
Noch nicht. Aber wenn man die Notwendigkeit nicht mehr erkennt, dass wir in Sachen Autonomie in Rom geeint auftreten müssen, dann könnte es durchaus so weit kommen. Dann könnten sich zwei große politische Richtung herauskristallisieren, so wie es sie in anderen Ländern gibt. Ich denke, dass wir davon noch weit entfernt sind, aber das Konfliktpotential ist natürlich da. Dazu kommt, dass diese Konflikte ganz bewusst und strategisch von bestimmten Medien geschürt werden, indem man politische Kampagnen fährt. Etwa gegen den Landeshauptmann. Am Dienstag hat man ganz bewusst ein Foto von Arno auf die Titelseite geknallt, auf dem er unsympathisch ausschaut und ihm unterstellt, er wolle die Steuern erhöhen. Eine Maßnahme, die für alle ein rotes Tuch ist. Hier sind die Absichten aus dem Hause Ebner wohl offenkundig.
 
Liest man die Tageszeitung Dolomiten, so macht der Landeshauptmann nur Fehler?
 
Das ist einfach zu offensichtlich. Ich verstehe nicht, dass es den Herausgebern nicht zu blöd ist, eine solche Kampagne zu fahren. Die Menschen durchschauen diese Gangart und es regt sie auch auf, wie eindeutig hier der Feldzug gegen Arno Kompatscher geführt wird.
 
 
Den Ebners ist in erster Linie  Arno Kompatscher im Weg, weil er eine integre Persönlichkeit ist.
 
Es gibt aber auch innerhalb der SVP Seilschaften, die sich an diesem Feldzug beteiligen?
 
Die Kampagne der Ebners gegen Kompatscher erschöpft sich nicht darin, Kompatscher schlecht zu reden, sondern es werden gleichzeitig parteiinterne Widersacher ständig lobend in den Dolomiten hervorgehoben und prominent platziert. Auch das verschärft natürlich diesen innerparteilichen Konflikt, der sich ohne diese extreme Einmischung eines Mediums in normalen Grenzen halten würde. Man pusht ganz bewusst und regelmäßig selbst bei normalen politischen Diskussionen jene, die innerhalb der Partei kritisch gegen Kompatscher sind.
 
Sie meinen etwa Ihren Fraktionskollegen Meinhard Durnwalder. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Tochter von Michl Ebner in dessen Kanzlei als Anwältin tätig ist?
 
(lacht) Es ist einfach ein Witz, dass ausgerechnet die Familie Ebner von „Machtzementierung und Nepotismus“ spricht. Wenn es eine Familie gibt, die Südtirol beherrscht, dann ist es die Familie Ebner mit ihrem Medienmonopol und ihren vielseitigen wirtschaftlichen Interessen im ganzen Land. Seit vielen Jahren werden von Mitgliedern der Familie wichtige öffentliche Positionen besetzt. Früher im römischen Parlament und im EU-Parlament, heute in der Handelskammer oder am Bozner Verwaltungsgericht. Wenn jemand, der aus diesem Machtzentrum einen Kommentar schreibt und so tut, als sei unsere Familie zu mächtig, dann hat das schon einen gewissen Unterhaltungswert. Das ist fast schon Satire.
Wenn es eine Familie gibt, die Südtirol beherrscht, dann ist es die Familie Ebner mit ihrem Medienmonopol und ihren vielseitigen wirtschaftlichen Interessen im ganzen Land.
Die Familie Ebner kontrolliert über ihren Konzern Athesia 80 Prozent des Medien- und Werbemarktes in der gesamten Region Trentino-Südtirol. Wäre es nicht an der Zeit, dass die Politik - so wie national längst geschehen --auch regional klare gesetzliche Beschränkungen gegen solche publizistisch-ökonomische Machtkonzentrationen andenkt?
 
Natürlich. Das Ganze ist ein Medienmonopol und so etwas sollte nicht erlaubt sein. Ich weiß, dass in Rom - vor allem von der 5-Sterne-Bewegung vorangetrieben - mehrmals Anläufe gemacht wurden, hier gesetzgeberisch einzugreifen. Doch wir wissen alle, wie eng dieser Koloss politisch vernetzt ist. Etwa mit der Lega. So konnte bisher nie etwas wirklich durchgesetzt werden.
 
Frau Unterberger, ist Ihnen bewusst, dass Sie spätestens nach diesem Interview in den Dolomiten nicht mehr vorkommen werden?
 
Das ist mir durchaus bewusst. Aber ich habe meine Würde und so etwas lasse ich mir einfach nicht unwidersprochen gefallen.