SVP: Die Bozner Strategie
Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli hat einen Traum: eine Koalition aus vier Parteien. „Ich weiß, dass es eine Illusion ist, doch wir können es uns nicht mehr leisten, eine Mehrheit mit zehn verschiedenen Parteizeichen zu bilden“, vertraute er in dieser Woche dem Corriere dell’Alto Adige an. Bei Dieter Steger rennt er damit offene Türen ein. „Für uns als Volkspartei heißt das Ziel, in Bozen nicht mehr mit neun Parteien regieren müssen, sondern mit drei oder vier eine Mehrheit zusammenzubringen“, sagt der Bozner SVP-Chef. Schluss mit der bunten Vielfalt – die Landeshauptstadt braucht eine kompakte Mehrheit, in der nicht jede Entscheidung am Veto eines der vielen Partner scheitert: Das ist die Stoßrichtung, mit der die Bozner Volksparteiler unter Führung ihres Spitzenkandidaten Klaus Ladinser in den Gemeindewahlkampf ziehen.
„Decido io con chi parlo e quando“, sagt Bozens Bürgermeister angesichts der heftigen Kritik aus dem ökosozialen Lager, sich dem SVP-Diktat zu unterworfen. Offensichtlich ist, dass die Volkspartei derzeit darauf setzt, bereits im Vorfeld der Wahlen im Mai gegen die vielkritisierte politische Lähmung der Landehauptstadt zu arbeiten. Das geeignete Mittel dafür scheint die enge Umarmung von Spagnolli und seiner Partei zu sein. Keine Rede mehr von den Querschüssen, die Bozens Vize-Bürgermeister noch im vergangenen Sommer gegen Spagnolli abgegeben hatte. Statt dessen klingt es zumindest aus dem Mund des Bozner Partei-Obmanns ganz danach, als wollen die beiden Regierungspartner auf Landesebene nun in Bozen gemeinsam für Bewegung sorgen. Vorwahlen innerhalb der Bozner Koalition? „Kein Interesse“, sagt Dieter Steger. Noch gäbe es keine Koalition für den Zeitraum 2015 bis 2020; dafür beginne das Spiel wieder bei Null. Sprich: Jeder müsse sich nun nach möglichen Partnern umsehen – „und für uns ist der PD ganz klar der erste Ansprechpartner“, so Steger.
„Patti chiari, amicizia lunga"
Dabei gibt es beim Bozner Edelweiß schon recht konkrete Vorstellungen, wie sich die Balz gestalten soll. „Zuerst das Programm, und dann die möglichen weiteren Partner“, heißt die Devise. Eine Lehre aus dem Jahr 2010, als man „zuerst gesagt hat, wer dabei ist und dann erst die programmatische Geschichte angegangen ist“, wie der Obmann des Bozner Koordinierungsausschusses erinnert. Und: Mit einigen Gruppierungen sei letzten Endes überhaupt keine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet worden. „Patti chiari, amicizia lunga“, soll laut Steger dagegen diesmal das Motto lauten. Vereinbart werden soll dieser „genau herunterdeklinierte“ Pakt laut seinen Vorstellungen vorerst einmal exklusiv mit dem Partito Democratico, der mit der SVP das Zentrum einer künftigen Koalition darstellen müsse. „Dann ist natürlich der Wähler Souverän und wird sagen, was wir machen müssen“, sagt der Bozner SVP-Obmann. Doch die WählerInnen sollten bereits vorab wissen, „wer die beiden sind, die eng miteinander zusammen arbeiten“. Wer dann zusätzlich in die Koalition hereingenommen wird oder werden muss, scheint für Steger dann vielmehr eine Frage der Mathematik zu sein. Mit der wichtigen Zielsetzung: Je weniger, desto besser.
Dringend gesucht: Frauen
Bevor das Edelweiß in diese heikle Verhandlungsphase eintritt, gilt es aber zunächst einmal in den eigenen Reihen für Klarheit zu sorgen. Am kommenden Montag wird sich der Koordinierungsausschuss erstmals in großer Runde mit Programm und Personen auseinandersetzen. Knapp 20 Kandidaten habe er schon beisammen, sagt der Stadtobmann. Das großes Manko sind bislang die Kandidatinnen. Knapp 70 Gemeinderatssitzungen im Jahr, 30 bis 40 Kommissionssitzungen – dazu noch jeden Montag eine Fraktionssitzung: „Für den Bozner Gemeinderat muss man sich die Zeit schon stehlen“, sagt Steger, „und für Frauen ist das vielfach noch schwieriger.“ Rein technisch hat die SVP bei 68 möglichen Listenplätzen zwar keinerlei Problem, das vorgesehene Drittel frei zu halten. „Doch mir geht es nicht um die Quote, mir geht es um die Substanz“, meint Dieter Steger. „Deshalb hoffe ich sehr, dass noch ein paar Frauen nachkommen.“ Ob auf männlicher Seite der bisherige RAI-Koordinator Markus Perwanger nachrückt, wie medial spekuliert wird, kann Steger nicht ausschließen. Gespräche gäbe es jedenfalls, „doch bisher hat er mir weder zu- noch abgesagt“.
Dass die Bozner SVP im Gegensatz zu vielen anderen Ortsgruppen und Stadtkomitees keine Vorwahlen abhält, bleibt für den Bozner Obmann ein Wermutstropfen. „Doch man kann nichts erzwingen“, sagt er. Auch keine Konkurrenz zu Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser, der nun als Spitzenkandidat ins Rennen ziehen wird. Dass er auch diesmal nicht zum Bürgermeisterkandidaten wird, scheint zumindest laut aktuellem Stand wahrscheinlich. „Doch sicher ist im Moment noch überhaupt nichts“, sagt Steger, „jetzt heißt es einmal Schritt für Schritt zu setzen.“