Politik | Europa 2019

Edelweiß im Europa-Rausch

Die SVP geht mit lachenden Gesichtern und einer klaren Botschaft aus den EU-Wahlen hervor: “Gemeinsam Europas Werte verteidigen und Reformen angehen.”
SVP am 27. Mai 2019
Foto: Salto.bz

Draußen nieselt es. Drinnen ist die Stimmung alles andere als getrübt. Um Punkt 9 Uhr treten die Spitzenfunktionäre der SVP vor die Medien. Müde, aber mit lachenden Gesichtern.

Für die Volkspartei war diese Europawahl ein Erfolg. Zumindest in Südtirol. Die leichten prozentuellen Verluste – im Vergleich zu 2014 hat die SVP 1,46 Prozentpunkte verloren und kommt auf 46,54% – werden von einem deutlichen Stimmenzuwachs in den Schatten gestellt. Die gestiegene Wahlbeteiligung (von 52,3 auf 62,7%) hat dem Edelweiß einen Zuwachs von 21.623 Listenstimmen verschafft. Und auch Spitzenkandidat Herbert Dorfmann hat 17.140 Vorzugsstimmen mehr als 2014 geholt.

Entsprechend zufrieden zeigen sich Parteiobmann, Landeshauptmann und Spitzenkandidat selbst. Die zentrale Botschaft: Mit gestärktem Rücken will man weiterhin das Land Südtirol und seine Einwohner in Brüssel und Straßburg vertreten – und europäische Werte hochhalten.

 

Europa in Südtirol angekommen

 

“Die SVP bleibt die Südtiroler Europa-Partei und Herbert Dorfmann unser Südtiroler in Europa.” Während Parteiobmann Philipp Achammer spricht, ist Herbert Dorfmann, der neben ihm steht, die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Er habe sich ein derart positives Ergebnis “nicht vorgestellt”, gesteht er. In erster Linie aber sei der heutige Nachwahlmontag “ein guter Tag für die europäische Demokratie”, meint Dorfmann. Erstmals seien europäische und nicht nationale Themen wahlentscheidend gewesen – Klimaschutz, die Rolle Europas in der Weltpolitik, der Wunsch nach einem sozialen und gerechten Europa, die Frage, was Europa den Bürgern Wert ist – und vor allem eines: “Der Walsieg der Rechtsparteien, den Matteo Salvini noch am Sonntag herbeigeredet hat, ist nicht eingetreten.”

“Ein sehr, sehr schönes Ergebnis für die Partei und mich persönlich.” (Herbert Dorfmann)

 

Die Lega-Welle

 

Für die Europäische Union insgesamt mag das stimmen. Doch in Italien und auch in Frankreich – immerhin zwei Gründerstaaten der EU – sind die Rechtspopulisten stärkste Kraft. “Die Welle der Lega rollt” – das habe er schon im Wahlkampf außerhalb von Südtirol gespürt, sagt Dorfmann. Doch auch unser Land hat die Welle erfasst – oder zumindest gestreift. Mit 17,47% hat die Lega in Südtirol ihre Stimmen beinahe verdreifacht – und auch im Vergleich zu den Landtagswahlen um über 10.000 Stimmen zulegen können. (Detail am Rande: 16.865 der 42.557 Vorzugsstimmen, die in Südtirol für die Lega abgegeben wurden, hat Matteo Salvini erhalten.)

“Das Ergebnis der SVP in Südtirol ist auch eine Bestätigung der Regierungsarbeit unserer Partei im Land.” (Arno Kompatscher)

“Die einfachen Botschaften der Lega verfangen immer noch.” Das gelte auch für Südtirol, kommentiert Landeshauptmann Arno Kompatscher die Tatsache, dass die Lega hinter der SVP zur zweitstärksten Partei in Südtirol aufgerückt ist. In Europa allerdings sieht er Italien nach dem deutlichen Wahlsieg der Lega “total isoliert”.
“Italien hat sich im EU-Parlament völlig ins Abseits manövriert”, stimmt Dorfmann zu. Weil auf EU-Ebene eine Mehrheitsbeteiligung der Lega nicht infrage komme, und vor dem Hintergrund, dass voraussichtlich weniger als 30 der 73 italienischen EU-Abgeordneten von moderaten Kräften gestellt werden, all das “wird die Position Italiens in Europa vehement schwächen”, prognostiziert Dorfmann.

 

Die Wahl der Zukunft

 

Doch am heutigen Tag will man erst einmal das Positive sehen. Gründe dazu gibt es genügend. Nicht nur für die SVP, betonen Kompatscher und Achammer. Sondern für ganz Südtirol. Zum einen wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung in Südtirol – “die Debatte im Vorfeld hat auch Südtirol sehr gut getan”, meint Parteiobmann Achammer. Zum anderen wegen der Tatsache, dass vier von fünf Südtirolern eine pro-europäische Kraft gewählt haben. “Südtirol hat ein klares Zeichen für ein geeintes Europa gesetzt”, lächelt Landeshauptmann Kompatscher – und wird dann ernst. Jetzt gelte es, zusammenzuschauen in Europa und “vor allem die Werte gemeinsam zu verteidigen”, die den Kontinent nach Jahrhunderten von Kriegen geeint haben. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung nennt der Landeshauptmann. “Südtirol will dazu einen Beitrag leisten, als kleines Europa in Europa.”

“Europa ist immer die Lösung.” (Philipp Achammer)

Konkreter wird Herbert Dorfmann: Es gelte nun, “alles dafür zu tun, dass Europa offen bleibt”. Was das bedeutet? “Es müssen Reformen auf europäischer Ebene vorangebracht werden, insbesondere im EU-Apparat in Brüssel. Die Menschen müssen das Gefühl bekommen, dass dort tatsächlich regiert und nicht nur zwischen nationalen Interessen koordiniert wird. Es kann kein ‘Weiter so’ geben.