Standpauke auf dem Parkplatz
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Wenn es nach Landesrat Luis Walcher geht, dann heißt der Bürgermeisterkandidat der Südtiroler Volkspartei (SVP) in Kaltern für die Gemeinderatswahlen im Mai 2025 Christoph Pillon. Das hat Walcher in seiner Funktion als SVP-Bezirksobmann von Bozen Stadt / Land, zu dem auch Eppan und Kaltern gehören, gestern Abend bei einer öffentlichen Versammlung der SVP im Winecenter erklärt. Auch Gesundheitslandesrat Hubert Messner war als Ehrengast eingeladen worden.
Pillon ist in Kaltern derzeit Kultur- und Jugendreferent und arbeitet bei der Plattform Karriere Südtirol als Leiter der Geschäftsentwicklung. Der Jungpolitiker macht damit zwei weiteren Kandidaten Konkurrenz: Das sind der derzeitige Vizebürgermeister Werner Atz, Geschäftsführer von dem Katholischen Verband der Werktätigen (KVW) in Bozen, und Gemeindereferent Christian Ambach, angestellt bei der Zweigstelle Kaltern des Versicherungsanbieters Allianz.
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Walcher soll auf der überfüllten Versammlung mit mehr als 150 Anwesenden in seinen Schlussworten die bisher geleistete Arbeit von Pillon auf Gemeinde- und Parteiebene gelobt haben. „Zehn Jahre Erfahrung und seine Jugendlichkeit“ würden ihn zum geeigneten Bürgermeisterkandidaten machen. Obwohl für gewöhnlich nur ein paar Dutzend Personen Versammlungen zu Gemeindepolitik beiwohnen, waren dieses Mal außergewöhnlich viele der Einladung gefolgt – vermutlich wegen der Ehrengäste aus der Landespolitik, zumal sowohl Walcher als auch Messner als volksnahe und umgänglich gelten.
Die Szene am ParkplatzDie Rede von Walcher ist der SVP-Führungsriege in Kaltern offenbar sauer aufgestoßen. Nach dem Umtrunk stellten Bürgermeisterin Gertrud Benin Bernard und ihr Stellvertreter Werner Atz den Landesrat zur Rede, als er die Veranstaltung verlassen wollte. Von dem heftigen Wortwechsel auf dem Parkplatz des Winecenters wurden mehrere Personen Augenzeugen. „Sie haben Walcher regelrecht zur Sau gemacht“, sagt einer, der die gesamte Szene mitverfolgt hat. Eine zweite Augenzeugin sagt zu SALTO: „Ich verstehe nicht, wie man einen Landesrat und Bezirksobmann so frontal angehen kann.“ Der laute Wortwechsel wurde von gut einem Dutzend Besuchern mit Verwunderung verfolgt.
Luis Walcher hat sich von dem Geschrei anscheinend nicht beeindrucken lassen. Der Bezirksobmann von Bozen Stadt / Land habe nochmals betont, dass die SVP sich auf einen einzigen Bürgermeisterkandidaten in Kaltern einigen soll. Das dürfte vor allem Werner Atz geärgert haben, da er bereits als Nachfolger von Benin Bernard gehandelt wird, für die nach drei Amtsperioden die Mandatsbeschränkung gilt. Das Kalterer Führungsduo gehört dem linken Flügel der SVP an, während Pillon und Ambach als Wirtschaftskandidaten gelten.
Als Sohn einer Kaltererin kennt Walcher die lokalen Gegebenheiten auch in der Gemeindepolitik, zudem besitzt der Landesrat zwei Weinberge am Kalterer See. Als das Bodenverbesserungskonsortium II. Grades Kaltern-Tramin im Sommer für die geplanten Speicherbecken im Altenburger und im Montiggler Wald warb, war der Landesrat für Landwirtschaft an erster Stelle, um das umstrittene Großprojekt bei einer mit Hochglanz aufpolierten Pressekonferenz zu verteidigen.
Die sechs geplanten Speicherbecken für landwirtschaftliche Zwecke werden mit Sicherheit den Wahlkampf in Kaltern beeinflussen. Neben der Grünen Dorfliste Kaltern könnte auch Landtagsabgeordneter Jürgen Wirth Anderlan in seiner Heimatgemeinde das Thema für sich nutzen – und sogar mit einer eigenen Liste antreten.
Strategisch unklug wäre es für die SVP, nun mit allen drei Kandidaten in den Wahlkampf zu gehen. Wie sich der Kalterer Koordinierungsausschuss der SVP und die Parteizentrale entscheiden werden, ist noch offen. Klarer Favorit scheint derzeit Christoph Pillon zu sein.
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