Politik | So war 2013 für Brigitte Foppa

Brigitte Foppa: Meine grüne Agenda

Am Ende jeden Jahres wird mein überquellender Kalender ausgeweidet. Zeit für Durchsicht der Mitschriften und der wichtigsten Erkenntnisse.

Durch drei grüne Jahresabschnitte hat mich meine Agenda in diesem Jahr begleitet: die Parlamentswahlen, die grünen Vorwahlen, die Landtagswahlen. Wahlen sind das Kerngeschäft einer Partei, so sagen die Politstrategen. Für mich als Gasthauskind sind Wahlen eher etwas wie „Ferragosto“, also arbeitsreicher Höhepunkt der Saison und zugleich Anlass um zu checken, ob die Gäste zufrieden sind oder nicht.

Drei Mal hatten wir das heuer.
Die Parlamentswahlen haben uns Südtiroler Grünen die Gelegenheit gegeben zu zeigen, dass wir politische Klugheit und Strategiegeschick beherrschen. Zugleich haben wir uns, nachdem wir uns im Bündnis um Ingroia  nicht wiederfanden,  von der nationalen „Federazione dei Verdi“ gelöst und unseren eigenen Weg eingeschlagen.
Wir sind dadurch als Partei „erwachsen“ geworden. Dazu gehört, mitten auf der politischen Bühne zu tanzen. Kein grünes Mauerblümchendasein am Rande der politischen Gefechte zu fristen. Spaß zu haben an der Politik, sich nicht zu schade sein. Einladen zum Mitmachen.

In dieser Absicht kam es denn auch zum Entschluss, die Listenspitze mit offenen Vorwahlen zu ermitteln. Ein Wagnis, in vielerlei Hinsicht. Durchgeführt wurden diese Vorwahlen, eine absolute Pioniersleistung in Südtirol, von  einer Gruppe von jungen Leuten, die zugleich die Partei neu durchmischt haben. Im allgemeinen Klima der Politikverdrossenheit waren unsere Vorwahlen ein positives Moment, das Sympathie und Energie generiert hat.  

Dann kamen die Landtagswahlen. Je größer der Stress und die Herausforderung wurde, umso mehr stellte ich fest, wie sehr ich das liebte, unterwegs sein, mit Menschen reden, das Beste von mir geben, für unsere Ideen werben. Bei den vielen Podiumsdiskussionen hab ich die Konkurrenz kennen und zum Teil auch schätzen gelernt. Oft kam man sich, alle müde und aufgekratzt zugleich, auch nahe und erspürte die Menschen hinter den PolitikerInnen.

8,7 % wurden es schließlich für uns Grüne, das beste Ergebnis aller Landtagswahlen. Was für ein Erfolg! Für mich selbst, unerwartet, über 9.000 Vorzugsstimmen, also ein Traumergebnis für den Einzug in den Landtag. Und endlich wieder drei grüne Abgeordnete!
Als dann Arno Kompatscher das Koalitionsspiel ansagte, da haben wir mitgespielt. Die Freiheitlichen machten, ohne dass wir‘s abgesprochen hätten, genau das gleiche. Und so wurde die SVP dazu gezwungen, zuzugeben, dass sie dann doch wieder lieber weniger Erneuerung hatte als mehr.

Die Frage, die mich heuer umtrieb, und die sich auch durch die Seiten meiner grünen Agenda zog, war eine aus Harald Welzers Zukunftsalmanach, nämlich: „Wie kommt das Neue in die Welt?“.
Zur Beantwortung dieser großen Frage kann man auf das ganz Kleine schauen: In der ungeschlechtlichen Fortpflanzung der Einzeller wird immer das Alte reproduziert. Neues gibt es nur, wenn sich Lebewesen zusammen tun und sich gemeinsam vermehren. Es entsteht ein neues Leben, eins, das es vorher nicht gab und das es auch nachher nicht mehr geben wird. Davon können wir lernen. Von unserer Selbstgenügsamkeit weg zu kommen, Neues zuzulassen. Vielleicht auch etwas von uns aufgeben, vor allem aber das Gewohnte, das Sichere, das Bekannte, dafür Neues sich entwickeln lassen.

Aus dem Fortschreiben des Alten entsteht das Neue nämlich nicht. Deshalb täten wir gut daran, das politische Geschehen nach dieser so radikalen Frage Welzers zu beurteilen, es daran zu messen. Nicht, weil das Neue um jeden Preis besser wäre – aber weil eine sich verändernde Welt das Neue braucht.  Oder zumindest auch das Neue braucht.
Auf das neue Jahr freu ich mich. Ich hoffe, es bringt gutes Neues (buone nuove, sagt man im Italienischen) für unser Land. In meiner Agenda 2014 wird das in einem Jahr nachzulesen sein.