Es ist die Vergänglichkeit, die bleibt
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Was bleibt?
Ariel Trettel hat die Steinmetz- und Steinbildhauerschule in Laas besucht. In seiner Arbeit „Täglich Brot“ hat er versucht das einzufangen, was für ihn die Essenz Südtirols ist: Eine Brothurte – andernorts als Brotrahmen bezeichnet, in der statt Brot – Marmorbruchstücke eingestellt sind. Brot und Stein. Das was der Erde entwächst und zur flüchtigen Nahrung wird auf der einen Seite, der Laaser Marmor als Fundament, auf dem alles beruht, auf der anderen. Es ist eine – wenn man möchte – radikale Reduzierung des Lebens.
Die Brothurte, als Zeichnung von Laura Pan, ziert auch das Cover des Albums „Was bleibt“. Der Titel spannt ein weites Netz an Interpretationsmöglichkeiten. Trettel selbst liefert einige davon im Text zum Release: „Was bleibt ... ist ein Stein, ein Stück Holz, eine Erinnerung, ein Wort, ein Lied, ein Gefühl, eine Geschichte, ein Stück Mauer, eine Angst, ein Foto, ein Brief, ein Stück Papier, ein Bild, eine Spur, eine Feder, eine Identität, ein Gedanke, eine Form, ein leerer Raum, eine Leere, was bleibt ist die Liebe.“
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Die eigentliche Kraft des Albumtitels liegt darin, dass es keine Frage ist, es ist auch keine Behauptung, es ist am ehesten Lyrik, die mit zwei Worten auskommt und damit Gedanken in Gang setzt. Man kommt nicht umhin, sich selbst die Frage zu stellen, was bleiben mag, was geblieben ist, welche Bedeutung denn Gegenwart und Vergangenheit wirklich haben mögen.
Am Erscheinungstag von „Was bleibt“, am 23. August 2024, hat Trettel sein Album beim Kaserhof in Oberbozen seinem Publikum live vorgestellt. Während an der Seite ein Feuer brannte, die Dunkelheit zunehmend hereinbrach, spielte Trettel in angenehmer Zurückhaltung die Songs seines Albums: Vom eingängigen „Raubvogel“, zu dem auch ein Video erschienen ist, über Songs wie „Marmorschüler“, „Week“, „Tänzer“ oder das instrumentale „Passaggio“.
Es sind Songs, die in den letzten Jahren entstanden sind, in denen er Momente seines Lebens einfängt oder reflektiert. So erzählte Trettel zu „Passaggio“, dass er auf den engagierten Vinschgauer Denker Armin Bernhard, getroffen ist, der 2023 einer schweren Krankheit erlegen ist. Im Vorübergehen, wie es Trettel sinngemäß und sinnigerweise formulierte. Und es war Armin Berhard, der in einem Gespräch mit Trettel – sinngemäß – den Satz erwähnte: „Es ist die Vergänglichkeit, die bleibt“.
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(c) Ariel Trettel
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Es ist diese Vielschichtigkeit, die dieses Album zu einem schönen Stück Poesie werden lässt. Elf ruhige und dennoch variantenreiche Songs, die unterschiedliche Themen in den Fokus nehmen, gespielt mit akustischer Gitarre und gesungen in unterschiedlichen Sprachen von Trettel selbst, der eine einprägsame Stimme besitzt.
Ariel Trettel ist ein Singer/Songwriter durch und durch, ist mit seiner künstlerischen Botschaft und seiner Reduziertheit etwas aus der Zeit gefallen, aber gerade deswegen so angenehm zu hören.
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Links:
Ariel Trettel YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/@ArielTrettel
Ariel Trettel Instagram: https://www.instagram.com/arieltrettel/
„Was bleibt“ auf Spotify: https://open.spotify.com/intl-de/album/6Aew920Da37xisIMYux6j9 -
Bonustrack: „Konzept: Heimat“
Ariel Trettel ist mit zwei seiner Arbeiten Teil der Ausstellung „Konzept: Heimat“, mit der der Heimatpflegeverband Südtirol seinen 75. Geburtstag feiert. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 25. Oktober 2024, im „SKB Artes“ in der Weggensteinstraße 12 in Bozen. Die Öffnungszeiten: Di bis Fr, 11-17 Uhr, Sa 11-14 Uhr.
Nachfolgend einige Fotos von Trettel's „Brotrahmen-Installation“ und der Arbeit „Was bleibt“ (Brotrahmen mit Marmor an der Wand im Hintergrund) aus dieser Ausstellung.