Chronik | Flughafen

Angst vor den Zuhörern?

Anscheinend darf die Öffentlichkeit nicht wissen, wann die Hauptverhandlung zum Flughafenrekurs stattfindet. Der Termin wurde vom Richtersenat unter "Omissis" gestellt.
Verwaltungsgericht Bozen
Foto: Othmar Seehauser
Der Rekurs „N. 151/2019“ ist für das Bozner Verwaltungsgericht kein Honigschlecken. 
Es geht dabei um den Verkauf des Bozner Flughafens. Weil der Verkauf der Quoten der Landesgesellschaft „ABD Airport Spa“ an eine private Gesellschaft der drei Unternehmer Josef Gostner, Hans Peter Haselsteiner und Rene Benko nach Meinung des „Team K“ so nicht rechtens ist, hat die Oppositionspartei bereits vor Monaten öffentlich mobil gemacht.
Die Anwältin Renate Holzeisen und ihre römische Kollegin Michela Reggio d’Aci bereiteten einen Rekurs gegen den Verkauf vor, der von insgesamt 576 Südtiroler Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet wurde. Nachdem der Rekurs beim Verwaltungsgericht eingereicht war, gab es gleich auf zwei Ebenen durchaus unübliche Entwicklungen.
So erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher öffentlich, dass der Rekurs nicht zulässig sei. Zum einen gebe es keine Sammelklage in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und zum anderen sei der Termin für eine Rekursmöglichkeit längst verfallen. Selten hat ein amtierender Landeshauptmann so klar zu einem schwebenden Verfahren Stellung bezogen.
Zum anderen reichte Anwältin Renate Holzeisen gegen zwei Richter einen Antrag auf Befangenheit ein. Der Hintergrund: Die beiden Richter Edith Engl und Michele Menestrina hatten eine Eingabe bei der Staatanwaltschaft gegen Holzeisen gemacht und - nachdem die Staatsanwaltschaft die Archivierung des Strafverfahrens beantragt hatte - dagegen Berufung eingelegt.
 
 
Salto.bz hat über den Fall ausführlich berichtet. Der Befangenheitsantrag wurde zuerst für unzulässig erklärt und dann von einem neuen Richtersenat abgewiesen. Die Begründung: Es bestehe keine „Feindschaft“ der Richter gegen die Anwältin, und bei der Anzeige gegen Holzeisen handle es sich (noch) um kein Verfahren - eine Interpretation der entsprechenden Bestimmungen in der Verwaltungsprozessordnung, die als gewagt bezeichnet werden kann.
In der Sache ist man inzwischen aber einen Schritt weiter. Der Rekurs der Flughafengegner wurde vom vierköpfigen Richtersenat angenommen und er ist demnach - anders als von höchster politischer Stelle prophezeit - formal zulässig. Noch in diesem Jahr wird in der Gerstburg die Erstverhandlung über die Bühne gehen. 
Aber auch hier scheint man am Bozner Verwaltungsgericht in diesem Fall besondere Spielregeln zu bemühen.
 

Im Namen des Datenschutzes

 
Denn jetzt erfolgt der nächste Streich.
Die Prozessordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit schreibt in Artikel 88 unter dem Titel „Inhalt des Urteils“ genau vor, was in einem Urteil zu stehen hat. Diese Regelung gilt ebenso für Verfügungen (Ordinanze).
In der Prozessordnung steht:
 
"Das Urteil hat zu enthalten:
a) die Angabe des angerufenen Gerichts und des Senats, der es erlassen hat,
b) die Angabe der Parteien und ihrer Rechtsanwälte, 
...(...)...
g) die Angabe des Tages, Monats, Jahres und Ortes des Erlasses der Entscheidung;“
 
Seit diesem Jahr gibt es hier aber Einschränkungen. Nach den neuesten Privacy-Bestimmungen kann eine Prozesspartei aus triftigen Gründen beantragen, dass bei der gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichung des Urteils oder aller anderen Verfügungen im Internet der eigene Name gelöscht wird. Es erscheint dann ein „OMISSIS“.
Ebenso kann das Gericht von Amts wegen verfügen, dass die persönlichen Angaben unter „OMISSIS“ fallen. „La medesima autorità può disporre d'ufficio che sia apposta l'annotazione di cui al comma 1, a tutela dei diritti o della dignità degli interessati“, heißt es im Datenschutz-Gesetz.
Seit knapp einem halben Jahr macht das Bozner Verwaltungsgericht von dieser Datenschutzregelung ausgiebig Gebrauch.
 

Absurde Auswüchse


Welche Auswüchse der angebliche Datenschutz aber am Bozner Verwaltungsgericht inzwischen angenommen hat, wird jetzt beim Flughafenrekurs deutlich.
In der Verfügung, die am vergangenen Mittwoch im Internetportal des Verwaltungsgerichtes veröffentlich wurde, fällt nicht nur die Nummer des Rekurses unter OMISSIS, sondern auch die Kläger. „OMISSIS- + 575“, steht da zu lesen.
Wir haben diese Anonymisierung nicht verlangt“, sagt die Anwältin Renate Holzeisen. Demnach hat das Gericht von Amts wegen den Namen der Ersteinbringerin des Rekurses unter „OMISSIS“ gestellt.
Interessant wäre zu wissen, mit welcher Begründung.
 
 
Doch damit nicht genug. Obwohl in der Prozessordnung ausdrücklich festgeschrieben, darf man auch nicht wissen, wann die Entscheidung gefallen ist. Auch der Tag der Beratung und der Tag, an dem die Verfügung erlassen wurde, werden unter „OMISSIS“ gestellt.
Der absolute Höhepunkt wird aber in dem Teil der Verfügung erreicht, in dem die Hauptverhandlung zum Flughafenrekurs festgelegt wird. Dort heißt es: „Il Tribunale Regionale di Giustizia Amministrativa, Sezione Autonoma per la Provincia di Bolzano ..(...)... fissa per la trattazione di merito del ricorso l'udienza pubblica del -OMISSIS-, ore 9.30.
Demnach fällt auch der Tag, an dem die öffentliche Verhandlung stattfindet, unter den Datenschutz. Absurder geht es wohl kaum.
 

Keine Zuhörer

 
Diese Vorgangsweise kann eigentlich nur einen Sinn haben.
Die Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht sind öffentlich. Außer der Senat entscheidet sich für eine nichtöffentliche Sitzung. Traditionell gibt es aber in der Bozner Gerstburg nur äußerst spärlich Zuhörer und Zuschauerinnen. Genau das könnte sich aber beim Flughafenrekurs ändern. Kommen auch nur ein Drittel der Rekurssteller zur Verhandlung, wäre das das größte Publikum, das am Südtiroler Verwaltungsgericht je gesehen wurde.
 
 
Genau davor scheint man in der Bozner Gerstburg aber Angst zu haben. Deshalb dürfte man das genaue Datum der öffentlichen Verhandlung in der Verfügung unter „OMISSIS“ gesetzt haben. Eine Entscheidung, die durchaus als fragwürdig empfunden werden kann.
Apropos OMISSIIS: Die Verhandlung zum Flughafenrekurs findet am Bozner Verwaltungsgericht am Mittwoch, den 27. November um 9.30 Uhr statt.