Gesellschaft | Reflexion/Analyse

salto.bz auf den Sprung helfen

Welches ist die Philosophie von salto.bz? Wie und wo ist sie erkennbar. Welchen Stellenwert haben die Abonnenten und einfachen User? Der Stellenwert der User-Beiträge?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Ich habe die Diskussion und den Streit, die/der in den letzten Tagen infolge der Absetzung des User-Satire-Beitrages von Goggl Totsch https://www.salto.bz/de/article/27112019/allohol-macht-freude#comment-69403  entstanden ist, aufmerksam mitverfolgt und mir meine Gedanken gemacht. Was war passiert? Ein bzw. zwei Neu-User fanden seine Satire “allohol-macht-freude“, die er bereits am 27. November – also vor rund einem Monat – online gestellt hatte, nicht tragbar (Kommentar Andres Pizzinini 22.12.2019, 17:03) und das „Salto Community Management“ (SCM) hat den Beitrag einfach abgesetzt. Dagegen gab es Protest von mehreren Usern. Christoph Moar von Salto übernahm die Verteidiger-Rolle – anfänglich nur alleine, gegen Ende erhielt er noch Schützenhilfe von Benno Kusstatscher. Ihr Verhalten in dieser Defensivsituation wirkte so, als sahen sie in den kritischen Usern fremde Feinde (wie das so oft am linken und rechten Rand passiert –nach dem Motto „Wir sind die Guten und Gerechten und wer uns kritisiert, die sind unsere Feinde).

Ich bin bei Leibe kein Medienfachmann, ich traue mir aufgrund meiner beruflichen (im psycho-sozialen und Erwachsenenbildungs-Bereich) und Lebens-Erfahrungen eine gründliche Reflexion und den Versuch einer Analyse zu. Und ich akzeptiere auch, wenn mir jemand die Kompetenz dazu abstreitet. Ich weiß, dass das, was ich schreibe, und noch mehr der Titel, als Frechheit empfunden werden wird. Aber ein Versuch ist es wert! Ich möchte eher allgemein bleiben und keine User namentlich nennen oder zitieren. Aber die Salto-Sprecher schon! Ich möchte auch nicht schon deutlich geschriebene Positionen oder Aussagen von intelligenten und erfahrenen Usern wiedeholen. Insgesamt – schien mir – hatte die Diskussion am „Salto-Stammtisch“ inhaltlich ein gutes Niveau – da kann salto.bz auch stolz sein!

Warum ist die Diskussion so eskaliert?

Zwischen dem Abstellen des Beitrages am 22. Dezember und dem vorläufig letzten am 26. Dezember gab es über 80 Kommentare. Christoph Moar hat einem User auf die vielen kritischen Fragen in etwa so geantwortet, dass er alle Antworten selbst finden könne. Und dieser erhielt auf die Frage, was er meine und wo man das Genannte finden könne, keine Antwort mehr. Was war da passiert? Warum dieser abrupte Ausstieg, wo doch die meisten Fragen und Einwände im Grund nicht beantwortet waren? Und da stellte sich mir die Frage nach der Philosophie von Salto und dem Stellenwerten der einzelnen Akteure des Projekts.

Auf „Was ist salto.bz“ fand ich folgende Definition: „fördert proaktiv Bürgerjournalismus“ und weiter „…dass es sich um eine unabhängige zweisprachige Plattform handeln musste, auf der Fakten analysiert und kulturelle Gräben überwunden werden sollten. Von Anfang an wollte man im Sinne des Zeitgeists Journalismus und soziale Medien vereinen, mit dem Ziel auch LeserInnen zu Beiträgen zu motivieren und diesen Sichtbarkeit und Wertschätzung entgegen zu bringen.“ Aufgrund dieser Definition finde ich die Haltung von Moar und schließlich auch von Benno Kusstatscher in der genannten Diskussion unverständlich. Salto definiert die freiwilligen Schreiber als defacto gleichwertig, hier wurde aber eine andere Haltung erkennbar. Die Frage ist, warum kann ein beliebiger Salto-Akteur, dessen Rolle nicht geklärt ist, der einerseits für salto spricht und andererseits sich dann wieder distanziert und sich vertschüsst, ja warum kann dieser  - oder das SCM  - einen Beitrag aufgrund einer nicht nachvollziehbaren Forderung eines Neu-Users absetzten? Und der Beitrag ist dann auch nicht andernorts, wie ich verstanden habe, auch nicht für abonnierte User ein-sichtbar. Diese Haltung ist wirklich nicht verständlich und müsste intern geklärt werden (Intervision, Supervision, Beratung – vielleicht fänden sich auch ehrenamtlich pensionierte Fachleute).

Qualitätsjournalismus und Meritokratie

Beim Weiterlesen blieb ich noch bei folgenden Passus hängen „Wir von salto.bz glauben an Qualitätsjournalismus und an Werte wie Unabhängigkeit, Verantwortung, Meritokratie, Solidarität und Transparenz.“  Meritokratie musste ich erst googeln und viel dann aus allen Wolken (Definition auf Wiki https://de.wikipedia.org/wiki/Meritokratie): Was heißt das konkret im Projekt salto.bz? Das müsste meines Erachtens besser dargelegt werden. Das steht ja jeder links-grünen Idee und Organisationsform diametral gegenüber. Daraus würde sich die oben beschriebene Haltung erklären. Sie ist aber nicht transparent! Daraus erklärt sich auch, dass man zu einem direktiven Mittel gegriffen hat – wohl aus dem Fußball entlehnt – dass man gelbe und rote Kärtchen verteilt, die sehr oft nicht nachvollziehbar sind und „das Spiel“ dann oft so abläuft, dass der Schiedsrichter über weite Strecken nicht auf dem Feld steht und dann (oder auch ein anderer) wieder kommt und – wenn das Spiel schon aus dem Ruder gelaufen ist - in der Panik einfach alle Kärtchen verteilt, die er hat. Man könnte eine moderate und kooperative Moderationsform finden, welche schon zeitig deeskalierend agiert und nicht, wie es Moar und z.T. auch Kusstatscher passiert ist, sich mit hineinreißen lässt und dann ohne Distanz zu wahren selber zur Eskalation beitragen.

Meritokratie und User-Beiträge oder -Kommentare

Meritokratie könnte bei salto.bz aber auch heißen: nur wir entscheiden, wer genügend Meriten hat, um mitreden, um ernst genommen zu werden. Und wer ist es wert bzw. welcher User-Beitrag ist würdig, mit mehr Sichtbarkeit belohnt zu werden? „Besonders originelle oder wertvolle Community-Beiträge werden zudem von der Redaktion mit mehr Sichtbarkeit belohnt und in den redaktionellen Kanal übernommen“ Die Redaktion entscheidet. Wer ist die Redaktion? Der Chefredakteur? Frau Gasser? Irgendjemand der jungen und wahrscheinlich meist noch wenig erfahrenen Redaktionsmitarbeiter/innen? Welche Kompetenz haben diese, mit genügender Erfahrung und Distanz, unparteiisch zu entscheiden? (Dasselbe gilt auch für das SCM hinsichtlich der Bewertung der Kommentare!) Oder muss man sich bewerben? Mir ist zu Allerheiligen passiert, dass ich die Redaktion bat, meinen neuen Beitrag mit einem Bild zu versehen – und sie taten das und prompt erschien mein Beitrag – trotz Pseudonym – wie Goggl Totsch - im redaktionellen Kanal. Muss man sich nur melden? Oder wie erhält sonst ein User-Beitrag genügend Zuspruch (Likes oder Kommentare), wenn er vielleicht nur eine viertel Stunde auf der User-Leiste unter den Kommentaren aufscheint? Wer wird da darauf aufmerksam? Da sollte man eine bessere Form finden, denn mehrere Userbeiträge letzthin hätten mehr Sichtbarkeit verdient – im Sinne des Förderns proaktiven Bürgerjournalismus! Mein Vorschlag: jeder Userbeitrag erhält die redaktionelle Aufmerksamkeit und das Erscheinen auf dem redaktionellen Kanal – mindestens einen Tag. Begründeten Ausnahmen sollten aber mit Feedback der Redaktion versehen werden, damit der betroffene User weiß, wie er dran ist. Dies auch im Sinne des gemeinsamen Lernenprozesses.

Wie drückt sich Meritokratie in der redaktionellen Praxis aus?

Je nach Verständnis von Meritokratie könnte es auch bedeuten, dass z. B. die Landesregierung, der Landeshauptmann, die Landwirtschaft, usw. so viele Meriten haben, dass sie nicht mehr kritisiert werden dürfen? Das würde erklären, warum diese kaum in der kritischen Analyse des Herrn Franceschini vorkommen. Außerdem könnte es auch eine Antwort auf die Frage sein, warum bei salto.bz die Probleme und Sorgen der Rentner und Senioren – gleich wie bei den Parteien -, keinen Platz haben (Rentner leisten (anscheinend) nichts mehr, also haben sie null Meriten). Ähnliches gilt bezüglich der Problematik der hohen Lebenshaltungskosten und des großen Kaufkraftverlustes, den eben jene mehr spüren, die ein geringes Einkommen haben.Die haben dann wohl nur zu wenig geleistet? Nach dem Motto: Was kümmern uns die da unten, die es zu nichts gebracht haben!

Kooperation auf Augenhöhe und professionelle Kommunikation

Außerdem: was sagt diese Philosophie bezüglich den verschiedenen Wertigkeiten in der Organisation aus? Ich weiß aus dem psycho-sozialen Feld, wo oft auch Profis und Ehrenamtliche in einer Organisation oder Dienst zusammenarbeiten, wie schwer die Kommunikation und gegenseitige Wertschätzung ist. Die Lösung kann nur die Kooperation auf Augenhöhe und viel professionelle Kommunikation im Sinne des gemeinsamen Lernens sein!

Aber jedenfalls, finde ich, dass sich in den Texten von salto.bz mehrere Formulierungen von Zielen und Werten wiedersprechen. In einem beliebigen Dienst oder Betrieb würde man in einem solchen Falle sagen, man sollte gemeinsam ein Leitbild erarbeiten. (Demos – Radaktion – SCM – User-Vertreter (User-Beirat delegiert)?

Die Satire in der politischen Diskussion

Jetzt hätte ich noch fast etwas ganz Wichtiges vergessen. Meines Erachtens muss geklärt werden, wie man mit Satire umgeht? Dabei muss auch die Frage beantwortet werden, was an einer Satire sehr viel anders ist, als viele der schon in der Diskussion genannten „Pollo der Woche“ von Christoph Franceschini in der Vergangenheit, außer, dass sie nicht nur scharf sind, sondern auch lustig! Ich glaube, nicht falsch zu liegen, wenn ich schreibe: Der Großteil der User möchte noch mehr solcher Satire! In der linken und später alternativ-grünen Szene in Südtirol hatte Satire einen großen Stellenwert (Theater, Grafiken, Plakate, Postkarten – und gesamtitalienisch die Satirezeitschrift „ Il Male“ https://it.wikipedia.org/wiki/Il_Male.) Das reinigende gemeinsame Lachen hat auch eine psycho-hygienische Funktion und entspannt Geist, Gesicht und Bauch!

Reflexion und Analyse gelungen?

 Es ist mir klar, dass ich auch ganz danebenliegen kann und dass es nicht so ist, wie von mir wahrgenommen oder vermutet. Umso besser! Dann braucht es aber mehr Klarheit und Transparenz gegenüber uns Usern. Ich bin aber auch gespannt, wie sehr meine Überlegungen die User-Kollegen und –Kolleginnen ansprechen? Und ganz speziell würde mich interessieren, welche Sicht Goggl Totsch in dieser Angelegenheit hat?