Am 27. Januar findet jährlich weltweit der „Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ statt. Das Datum erinnert an die Befreiung der noch lebenden Menschen im Konzentrationslager Auschwitz durch die sowjetischen Truppen am 27. Januar 1945.
Es ist kein Zufall, dass die E-Mail genau einen Tag später kommt. Die Nachricht geht in Südtirol an das Athesia-Portal STOL, die Meraner Onlineplattform Barfuss, den Radiosender Radio Sunshine in Lana und an die SALTO-Redaktion.
Absender der elektronischen Post ist eine ominöser „Germanischer Bund“. Angehängt sind kommentarlos fünf Dokumente. Allesamt zwischen 3 und 40 Seiten lang. 
Beim Öffnen dieser Dokumente packt einem das Grauen. Es handelt sich um rassistische, rechtextremistische und revisionistische Abhandlungen der übelsten Sorte, vermischt mit den Verschwörungstheorien des „großen Austausches“ und antisemitischen und genderfeindlichen Pamphleten.
Nach deutschen oder österreichischen Strafrecht dürften die Äußerungen den Strafbestand der Wiederbetätigung und der Leugnung des Holocaust erfüllen. Ebenso verstoßen die Abhandlungen gegen das italienische Mancino-Gesetz.

“Der Germanische Bund ist der staatliche Zusammenschluss aller germanischen Volksstämme. Der Germanische Bund ist unauflöslich, seine Freiheit und Souveränität ist unabdingbar. Die Übertragung von Rechten auf andere Staaten oder andere nationale oder internationale Organisationen ist nicht zulässig. Eigenes Recht hat Vorrang vor fremden oder internationalem Recht. Verträge mit anderen Staaten oder Organisationen sind nichtig”

Das Staatsgebiet des Germanischen Bundes umfasst:

- das Deutsche Reich in den Grenzen von 1871 einschließlich des Sudentenlandes;
- die Republik Österreich einschließlich Südtirol und Krain;
- die schweizerische Eidgenossenschaft;
- das Fürstentum Liechtenstein;
- das Herzogtum Luxemburg;

Ein Beitrittsrecht haben Lander, welche mindestens 100 Jahre zum Gebiet des Deutschen Reiches in den Jahren 916 bis 1806 gehört haben, unter der Voraussetzung, dass sie die deutsche Sprache als Amtssprache und Primärsprache an Schulen, Bildungseinrichtungen und Medien anerkennen und praktizieren.
Dazu gehören insbesondere:

- die Niederlande
- Belgien
- Böhmen und Mähren

Welchen Geistes Kind diese Germanen sind, wird gleich in den ersten Zeilen dieses Dokumentes deutlich. Dort heißt es:

“Rassen und Völker sind natürliche Erscheinungsformen menschlichen Lebens. Hieraus folgt das Recht und die Pflicht zum Selbsterhalt und Selbstbestimmung der Völker und Bewahrung und Verteidigung ihrer Identität. Alle Maßnahmen, die Rassen zu vermischen und die Völker aufzulösen sind illegal und zu bekämpfen.”

Wie absurd verschroben und gefährlich das Gedankengut dieser Gruppe ist, wird deutlich wenn man sich vergegenwärtigt, dass in ihrem „neuen Reich“ die Wertehaltung und die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf den Kopf gestellt werden sollen. Nicht das Leugnen des Holocausts soll bestraft werden, sondern wer die historischen Tatsachen des Massenmordes der Nazis beschreibt, soll sanktioniert werden.
So heißt es im Text:

„Der Germanische Bund vertritt immer die Wahrheit und bekämpft Lügen und Propaganda. Die Behauptung, Deutsche wären Schuldige am ersten und zweiten Weltkrieg gewesen und hätten einen sog. Holcaust oder einen Genozid an Negern begangen wird bestraft.”

Beigefügt ist dann auch ein vierseitiges Dokument mit dem Titel “Zitate jüdischer Holocaust-Gegner”, mit denen man beweisen will, das es die Vernichtungslager nie gegeben hat. Der Geschichtsrevisionismus wird mit folgenden Worten eingeleitet:

„Die paranoid übersteigerte Holocaust-Lehre (hier im üblichen Sinne definiert als die Behauptung, Deutsche hätten während des zweiten Weltkrieges vorsätzlich und planmäßig sechs Millionen Juden ermordet) trifft auf zunehmenden Widerstand nicht nur bei den kollektivschuldüberladenen Deutschen, sondern auch bei Juden, welche den „Holocaust“ bestreiten. Ihre Motive - ob Ehrlich- keit, Wahrheitsliebe oder Gerechtigkeit – seien hier nicht von Bedeutung; entscheidend ist, dass ihre Kritik dazu beiträgt der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen. „

Mitgeschickt wird ein weiteres Dokument mit dem Titel “Reißt die Holocaust-Denkmäler ab!
Hundert Jahre Krieg der Zionisten gegen Deutschland und die Welt“.  In der Hetzschrift, die mit November 2017 datiert ist, fordert man ernsthaft die Schleifung aller Erinnerungsstätten. Zudem steht im Forderungskatalog der neuen germanischen Bodentruppe:

„Abzug aller Besatzungstruppen aus Mitteleuropa. Austritt Deutschlands und der Benelux-Staaten aus der NATO;
Erhalt der Reinrassigkeit und identitären Eigenart der Völker als natürlicher Schutz gegen die kommunistisch-sozialistischen und zionistischen Bestrebungen die Völker aufzulösen und zu versklaven.
eine Familienpolitik zur Förderung von 3-Kind-Familien zum Erhalt der germanischen Völker und der weißen Rasse;
Schutz der Familie als Keimzelle jeder Volksgemeinschaft vor perversen homosexuellen Irrwegen und anderen zerstörerischen Ideologien (Gender-Mainstreaming).“

Der historische Nachhilfeunterricht der Germanen ergießt sich zudem in zwei weiteren Schriftsücken über “Migration – Fakten und Hintergründe” und einer 40-seitigen pseudo wirtschaftswissenschaftlichen Abhandlung über “Die Zerstörung Deutschlands und ihre Ursachen im Vergleich zur Schweiz“.

Als Absender dieser Germanenpost ist nur eine anonyme Mail-Adresse angegeben: [email protected]. Safe-Mail.net ist ein Dienstleister mit dem sich der eigentliche Mailserver verbergen lässt.
Doch man kann mutmaßen, dass diese rechtsradikale Post aus Südamerika kommt. In Brasilien etwa hat es in den 1930er Jahren den “Germanischen Bund für Südamerika” gegeben. 
Vor allem aber findet sich unter den Empfänger der Mail vom Sonntag auch die “Alpenschau”. Es handelt sich dabei um eine durchaus skurile deutschsprachige Online-Plattform auf Montevideo in Uruguay. Herausgeber ist ein Unternehmen, das sich „DEURO“ nennt. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich die Abkürzung für einen Verein mit dem abstrusen Namen „Die Einfachste Umgehung Rechtlichen Unfugs“. 

Deuro tritt als Dienstleister für rechtsradikale und verschwörungstheoretische Webseiten und Online-Plattformen aus. Das Unternehmen gehört, dem 1956 in Main geborenen Peter Junge-Böring, der seit Jahrzehnten im Netz durch antisemitische Hetze, als Holocaust-Leugner auftritt. Böring gilt als einer der Köpfe der von der deutschen Polizei inzwischen zerschlagenen Reichsbürger-Bewegung.
Gleichzeitig geht die E-Mail am 28. Jänner aber auch an einen Adressaten aus dem Deuro-Netzwerk mit dem Namen „lupo cattivo“. Unter diesem Namen Pseudonym hat ein unbekannter Autor 2014/2015 mehrere äußerst umstrittene Community-Beiträge auf SALTO veröffentlicht. 
Jetzt scheint sich die rechtsextreme Seilschaft wieder an Südtirol erinnert zu haben.