Wirtschaft | Milchwirtschaft

„Gutes“ Milchjahr

In Südtirol gibt es immer weniger Milchlieferanten. Allein im vergangenen Jahr haben rund 100 Bauern ihre Stalltür geschlossen.
Sennereiverband 2024
Foto: SALTO
  • Als gelassen und zufrieden könnte man die Stimmung bei der heutigen Vollversammlung des Sennereiverbandes beschreiben – trotz der Tatsache, dass wieder Stalltüren geschlossen und rund 100 Bauern die Milchwirtschaft aufgegeben haben. Dies schlägt sich auch in den Zahlen nieder, welche der scheidende Obmann Georg Egger und die Geschäftsführerin des Sennereiverbandes, Annemarie Kaser, präsentiert haben. Obwohl so wenig Milch angeliefert wurde, wie seit 20 Jahren nicht mehr, ist man zufrieden mit dem guten „Milchjahr“. Probleme scheint es deswegen nicht zu geben, jedenfalls keine, die man nach außen trägt.

  • Entwicklung der Milchanlieferung und der Lieferantenzahl: So wenig Milch wurde seit 20 Jahren nicht mehr geliefert. Foto: Sennereiverband
  • Rund 363 Millionen Kilogramm Milch (Vergleich 2003: 366 Millionen Kilogramm) wurden angeliefert, das entspricht einem Rückgang von 5,85 Prozent im Vergleich zu 2022. Südtirol folgt damit, so Kaser, jedoch einem europaweitem Trend. Die angelieferte Rohmilch wurde hauptsächlich zu Joghurt und Skyr (170.641.344 kg; +2,76% im Vergleich zu 2022), Käse (22.896.365 kg; +0,79%), Butter (3.388.465 kg; -6,50%) verarbeitet oder als UHT-Milch (37.088.289 kg; +7,82%) und Frischmilch (17.264.755 kg; -3,13%) verkauft. Ein Nischenprodukt stellt die Ziegenmilch mit 1,4 Millionen kg dar. Der Umsatz betrug 684,24 Millionen Euro, der Auszahlungspreis lag dabei durchschnittlich bei 68,67 Cent/kg.

  • EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann: „Zuerst sind die Tiere weg, dann die Bauern und zuletzt stirbt das Dorf.“ Foto: SALTO

    Was das Tierwohl bzw. Classyfarm und die Tierwohl-Zertifizierungen betrifft, ein Thema, das in jüngster Zeit für angeregte Diskussionen unter den Bauern sorgte, erklärte die Geschäftsführerin, dass man im vergangenen Jahr das Projekt „Tierwohl Südtirol“ gestartet und mittlerweile abgeschlossen habe. Man habe dabei die Betriebe besucht, die Ist-Situation erfasst und erhoben, wo noch Optimierungspotential vorhanden ist. Auch auf die verschiedenen Werbe-Aktionen kam Kaser zu sprechen, von denen man sich einen großen Erfolg verspricht, schließlich sei jede Werbung für die Milch auch Werbung für den Tourismus. Egger betonte, dass man nur mit Qualität punkten könne, nicht mit Quantität. Daher sei die Einführung der flächenbezogenen Landwirtschaft der richtige Schritt gewesen. 

     

    „Zuerst sind die Tiere weg, dann die Bauern und zuletzt stirbt das Dorf.“

     

    Landwirtschaftslandesrat Luis Walcher betonte ebenfalls, dass man mit dieser Maßnahme ein Alleinstellungsmerkmal kreiert habe, durch welches es möglich sei, höhere Preise zu erzielen. „Dies ist ein großer Erfolg“, so Walcher, der betonte, dass er sich auf Grundlage der breiten Zustimmung für den vor Kurzem genehmigten Beschlussantrag zur Unterstützung der Berglandwirtschaft das Recht herausnehme, für diesen Sektor Forderungen zu stellen. Auch Wirtschaftslandesrat Marco Galateo versicherte seine Zustimmung und Unterstützung. EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann schließlich kam auf die Situation auf EU-Ebene zu sprechen, wo sich die Milchproduktion auf ein Gebiet zwischen Nord-Frankreich, Holland und Nord-Deutschland konzentriere. Im Berggebiet hingegen müsse man aufpassen, dass man nicht noch mehr Tiere verliere. „Zuerst sind die Tiere weg, dann die Bauern und zuletzt stirbt das Dorf“, so Dorfmann. 

    Zum Abschluss sprach Kaser dem scheidenden Obmann des Sennereiverbandes, Georg Egger, dessen Nachfolger aus der Mitte des neubestellten Verwaltungsrates gewählt wird, ihren Dank für dessen Einsatz aus. Vor acht Tagen bereits wurde Egger beim Milchhof Meran, den er seit 1996 geleitet hatte, in den Ruhestand verabschiedet. Zu seinem Nachfolger als Obmann des Milchhofes Meran wurde der Bürgermeister von Vöran, Thomas Egger, ernannt. 

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Salto User
nobody Mo., 29.04.2024 - 21:56

"Probleme scheint es deswegen keine zu geben, zumindest keine, die man nach außen trägt."
Die aufgelassenen Wiesen werden vom nächsten Bauern gepachtet. Die verbleibenden Betriebe vergrößern sich. Kleinstbetriebe sind nicht mehr rentabel (Viertelbauern). Das Gülleproblem löst sich über die fehlende Nachfolge von selbst. Auch im Tourismus.

Mo., 29.04.2024 - 21:56 Permalink
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Profil für Benutzer Josef Fulterer
Josef Fulterer Di., 30.04.2024 - 08:05

"Eine Normalisierung," nachdem die Landesregierung vor rund 60 Jahren, mit ihrer wirtschaftlich mehr als fraglichen Zentralisierung der Landwirtschaft, nach den abenteuerlichen Ideen von EU Kommisar Sicco Mansholt, den Bauern die VIVES aufgebürdet hat.
Die VIVES ist in Folge von schweren Führungsfehlern, aber hauptsächlich wegen der untragbar hohen Kosten für den Antransport der Tiere + dem Rücktransport des Fleisches, 1978 krachend abgesoffen.
Danach haben sich die Bauern auf die Erzeugung von Milch verlegt. Die Landesregierung hat diese Trend mit der Vergabe der Beiträge für den Milchtransport + der Auflage die auch vom entlegensten Hof anzunehmen, noch kräftig befeuert.
Leider ist bei den lokalen Rassen, durch die eiseitige Betonung der Milchleistung durch die Zuchtverbände, sehr viel GEN-Potential bei der Bemuskelung verloren gegangen.

Di., 30.04.2024 - 08:05 Permalink