Francesco Palermo: Rücktritt der PdL-Minister ist eine irrationale Geste
Francesco Palermo wollte die erste Oktoberwoche eigentlich nach Straßburg, zu einem Termin im Europäischen Parlament. Nun ruft ihn die Regierungskrise zurück in den Senat nach Rom. „Das eigentliche Problem in diesem Land ist, dass man nicht wirklich arbeiten und planen kann, die Regierungskrise die jetzt durch den Rücktritt der fünf PdL-Minister ausgelöst wurde, ist nur ein weiteres Symptom für die tiefe strukturelle Krise die in Italien herrscht,“ meint der Senator, der seit April 2013 als unabhängiger Kandidat für PD, SVP und PATT Mitglied des römischen Parlaments ist. „Eine Sache, die ich wirklich nicht verstehe, ist, was Berlusconi politisch mit diesem Schachzug gewinnen will. Auf diese Weise riskiert er seine endgültige Marginalisierung, wenn nämlich eine neue parlamentarische Mehrheit mit PD, Nichi Vendolas SEL und einem Teil des Movimento 5 Stelle sowie PdL-Parlamentariern zustande kommen sollte, die fähig sind weiterzuarbeiten.“ Eine solche Mehrheit liegt im Bereich des Möglichen, meint Palermo und auch salto-Blogger und Mitarbeiter Gerhard Mumelter geht davon aus. Dass Berlusconi nun auf Neuwahlen spekuliert und glaubt, diese auch zu gewinnen, ist einer der Gründe für den „gesto folle“, wie ihn Premier Letta nennt.
Doch wahrscheinlicher sind jene Szenarien, wie sie Francesco Palermo skizziert. „Entweder es findet sich auf Anhieb eine solche Mehrheit, wie ich sie oben dargestellt habe oder erst nach mehreren Anläufen. Beppe Grillos Bewegung ist sicherlich zerrissen und zermürbt, doch es wird schwierig sein, ihre Unterstützung für das Weitermachen der Regierung zu erhalten. Denn auch sie würden von Neuwahlen profitieren.“ Eine weitere Option lautet Scelta Civica gemeinsam mit PD, PdL und SEL. Eine vorläufige Mehrheit, um die zwei wichtigsten Vorhaben, den Stabilitätspakt und ein neues Wahlgesetz bis März durchzubringen.
„Natürlich könnte die Situation auch total abstürzen, eine sehr wichtige Rolle kommt jetzt Staatspräsident Napolitano zu“, analysiert Palermo weiter. „Es würde mich nicht wundern, wenn er diesmal zurücktreten würde, denn seine Bedingung, ein zweites Mandat als Präsident anzunehmen, war, dass die Regierung sich absolut verantwortungsvoll verhält.“
Palermo, der derzeit in der Verfassungskommission mit der Ausarbeitung eines Dekrets für die sogenannte Rationalisierung der öffentlichen Verwaltung beschäftigt ist, sagt dazu: „Es ist absurd, wir arbeiten in der Kommission an diesen komplexen Entwürfen und wissen nicht einmal, ob diese Arbeit Sinn macht, denn am Tag danach könnte alles schon wieder zunichte gemacht werden.“