Gesellschaft | Von St. Christina nach Sizilien

Kleine Fluchten

Zwei Tage lang galt Pier Luigia Insam aus Gröden als vermisst: ihr Bruder und bald das ganze Tal suchten nach ihr. Dabei traf die 63-jährige lediglich eine ungewöhnliche Entscheidung.

Es gehe ihr gut, in zwei Wochen komme sie wieder nach Hause. Das habe seine Schwester der Familie am Telefon gesagt, erzählt der Bruder von Pier Luigia Insam. Hugo Insam aus St. Christina war es, der Alarm schlug, als seine 63-jährige Schwester am Donnerstag letzter Woche, dem 25. April, vom Einkaufen nicht mehr zurückkam. „Sie wollte Knödelbrot holen gehen, im Despar im Dorf, und ist kurz nach 12 Uhr mittags noch aus dem Haus.“ Bereits kurze Zeit später habe er nach ihr gesucht, denn das habe ihr gar nicht ähnlich gesehen, einfach wegzubleiben. „Sie geht ja sonst nie aus dem Haus, führt ein ruhiges Leben und so kann man schon in Sorge geraten, noch dazu wo sie gar niemandem von uns etwas gesagt hatte.“ Familie Insam wohnt gemeinsam in einem Haus in St. Christina, der Bruder in der unteren Etage, Pier Luigia und die Mutter oben.

Statt beim Knödelbrot weilt Pier Luigia nun in Pozzallo, einem Städtchen bei Ragusa in Sizilien. Dort lebt die Familie ihres verstorbenen Mannes und dorthin hat es sie wohl gezogen, nach über 20 Jahren. „Aus welchem Antrieb heraus, kann ich nicht sagen,“ meint der Bruder. Gesucht habe man überall, erst im Dorf, dann im Tal und schließlich in ganz Südtirol. Krankenhäuser wurden antelefoniert, eine Fahndungsmeldung heraus gegeben und das schlimmste befürchtet. Bei der Bahnpolizei in Bozen wurden die Videobänder überprüft und dort tatsächlich die Gesuchte entdeckt, wie sie eine Fahrkarte kaufte. Schließlich gab es dann den erlösenden Telefonanruf aus Sizilien: ein Hotelbetreiber hatte sich gemeldet und Pier Luigia Insam als eine seiner Hotelgäste erkannt. Dort, in Pozzallo will sie jetzt eine Weile bleiben, schließlich war die Fahrt von St. Christina nach Sizilien lang genug. Ende gut, alles gut!