Gesellschaft | Kirche und Homosexuelle

Überraschende Öffnung

Papst Franziskus hat eine überraschende Öffnung Homosexuellen gegenüber vollzogen und ist damit erstmals von der rigiden Haltung des Vatikans gegen Schwule abgerückt.
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Foto: Othamr Seehauser

"Wenn jemand Gott mit gutem Willen sucht, wer bin ich, dass ich über ihn urteile?", sagte der Papst auf einer spontanen Pressekonferenz in der Linienmaschine, die ihn von Rio nach Rom brachte. Dabei antwortete der Papst fast eineinhalb Stunden in ungewohnter Offenheit auf die Fragen der ihn begleitenden Journalisten. Schwulenbewegungen begrüßten die Worte des Papstes als "Befreiungsschlag". Das Kirchenoberhaupt habe mehr Offenheit bewiesen als viele katholischen Politiker. Franziskus äußerte sich auch zum vielzitierten "Schwulen-Netzwerk" im Vatikan. "Ich habe noch niemanden mit dem Vermerk "gay" im Pass getroffen", so der Papst. Jedenfalls müsse man zwischen Einzelnen und Lobby unterscheiden. Lobbies seien in allen Bereichen negativ. "Doch der Katechismus gebietet uns, einzelne Schwule nicht zu diskrimieren." Franziskus nahm auch zur Vatikanbank IOR Stellung, die den Kriterien der "Transparenz und Ehrlichkeit" folgen müsse. Ungewohntes hatte der Papst auch über Frauen in der Kirche mitzuteilen: "Ihr kommt ein tragende Rolle zu. Die Madonna ist auf jeden Fall wichtiger als die Apostel. Die Kirche ist weiblich, weil sie Ehefrau und Mutter ist. Wir müssen vorangehen, niemand kann eine Kirche begreifen, in der Frauen nicht aktiv sind. Wir verfügen noch nicht über eine Theologie der Frau. Doch die braucht es. Zum Priesterberuf der Frau hat Johannes Paul II ein endgültiges Wort gesprochen. Doch weil Maria wichtiger ist als die Apostel, ist die Frau in der Kirche wichtiger als Bischöfe und Priester."

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Salto User
Sepp.Bacher Di., 30.07.2013 - 18:04

Mit seinem Aufruf zu mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen hat Franziskus Begeisterung ausgelöst. Zu früh für Jubel, findet der Theologe David Berger. Die Warnung des Papstes, keine schwule Propaganda zu betreiben, stelle ihn in eine Reihe mit Homophoben wie Russlands Präsident Putin.
Siehe Spiegel-Online: Interview zu Franziskus' Schwulen-Vorstoß: "Der homosexuelle Akt bleibt eine Sünde"
www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/interview-mit-theologe-david-berge…

Di., 30.07.2013 - 18:04 Permalink