Miriam Pobitzer: "Sex ist mehr als Penis in Scheide"
Frau Pobitzer, das Internetportal „lusthaus.cc“ das zuletzt aufgrund der Prostitutionsermittlungen im Pustertal in den Schlagzeilen war, stellt Frauen ins Netz die eines haben: "große Titten", immer Lust und keine Vorbehalte. Welche Frau hat und will das so?
Solche Bilder und die damit verbundene Botschaft gehen gänzlich an der Realität vorbei. Das ist klar, aber es bringt zahlungswillige Kunden. Männer sind genetisch bedingt visuell stark reizbar und deshalb auch der Großteil der Nutznießer von solchen Angeboten.
Wenn Männer in den Puff gehen, machen sie es sich denn einfach?
Ein Gang zur Prostituierten ist eigentlich die Reduktion von sich selbst auf das Animalische. Wer Sex nur als etwas zwischen Penis und Scheide sieht, der irrt sich und reduziert sich auf sehr wenige Körperzentimeter. Wer das mag, tut sich bei einer Prostituierten leichter als bei der langjährigen Partnerin.
Wer Sex nur als etwas zwischen Penis und Scheide sieht, der irrt sich und reduziert sich auf sehr wenige Körperzentimeter.
Prostitution, das älteste Gewerbe der Welt. Trotzdem ist es etwas Anrüchiges, etwas Verbotenes. Etwas Schlimmes. Macht das den Reiz noch mal größer?
Prostitution ist nicht das älteste Gewerbe der Welt. Im alten Griechenland hat es noch heilige Sexualität gegeben, der in Tempeln zu Ehren Gottes als sehr religiöses Moment gefeiert wurde. Damen, die die Liebeskunst beherrschten, waren danach Repräsentanten für hohe politische und wirtschaftliche Persönlichkeiten und damit begann es, dass Sex für bestimmte Zwecke benutzt wurde. Damit wurde der Körper verkauft. Dass Sex ein Gewerbe ist, haben wohl die erfunden, die Geld mit verkauften Körpern machen.
Dass Sex ein Gewerbe ist, haben wohl die erfunden, die Geld mit verkauften Körpern machen.
Männer, die in den Puff gehen, haben Lust auf Sex. Ist Lust zu haben noch immer etwas Beschämendes?
Lust ist an und für sich sehr gesund, beweist sie doch einen funktionierenden Körper und den normalen Wunsch, sich zu begegnen und auszutauschen. Nur der fälschlich zwingende Bezug von Lust mit Genitalien macht Lust zu etwas Anzüglichem. Die Sexualorgane sind immer noch mit Scham besetzt.
Was finden die Männer im Bordell, was sie zu Hause nicht kriegen?
Das Animalische, den Körpersex. Fehlgeleitet durch Medien, Kriche, Pronographie und Erziehung meinen Männer das ist ihre einzige Möglichkeit sexuell glücklich zu werden.
Heizt Männer einfach an, Frauen sagen zu können was sie tun müssen? Ob sie jung sind, Ausländerinnen sind, alles egal? Hauptsache der Sex stimmt?
Männer haben das Bedürfnis anzukommen, zu erregen, etwas tun zu dürfen, wo sie erleben, wie gut sie sind. Männer haben auch das Bedürfnis bedient zu werden. Vielen Männern sind die Frauen, mit denen sie in Beziehung sind, zu kompliziert. Das liegt aber oft an den Frauen, die nicht genau sagen, was sie wollen. Erst dann wird es kompliziert.
Vielen Männern sind die Frauen, mit denen sie in Beziehung sind, zu kompliziert. Das liegt aber oft an den Frauen, die nicht genau sagen, was sie wollen. Erst dann wird es kompliziert.
Kann man beziffern wie viele verheiratete Männer und wie viele Singels sich Sex bei Prostituierten holen?
Ich kann das nicht. Singels benutzen Prostituierte auch als Beziehungsersatz. Sicher ist, dass viel mehr Männer vom Angebot Gebrauch machen, als wir uns denken. Die Dunkelziffern sind sehr sehr hoch.
Die Befriedigung ist kurz, es braucht immer mehr und öfter Sex? Ein Teufelskreis?
Sex mit Prostituierten macht schneller als gedacht abhängig: der Körper wird auf den Höhepunkt getrieben, Gefühl und Beziehungsbedürfnis bleiben auf der Strecke. Das bedeutet, dass unbewusst Frustration entsteht, weil Mann in Wahrheit Liebe und Anerkennung gesucht hat und diese nur sehr dürftig gefunden hat. Also sucht er wieder und das mit großer Wahrscheinlichkeit im Puff. Auf der Oberfläche bekommt er, was er zu suchen glaubt, wird aber nur weiter frustriert.
Sex mit Prostituierten macht schneller als gedacht abhängig: der Körper wird auf den Höhepunkt getrieben, Gefühl und Beziehungsbedürfnis bleiben auf der Strecke.
Es läuft etwas schief, wenn ein Mann, der in einer Beziehung ist, ins Bordell geht. Die Angst vieler Frauen: „Ich kann es ihm sexuell einfach nicht recht machen.“
Frauen denken hier verkehrt. Sie fragen sich, was sie tun können, damit der Mann sexuell befriedigt ist. Die Antwort ist in der richtigen Frage: Was wünsche ich mir sexuell? Und hier meine ich die gesamte Sexualität und nicht nur Penis, Busen, Scheide. Das eröffnet eine Perspektive, wo beide profitieren.
Die Antwort ist in der richtigen Frage: Was wünsche ich mir sexuell? Und hier meine ich die gesamte Sexualität und nicht nur Penis, Busen, Scheide.
Aber es gibt auch Frauen, die sind erleichert, wenn Männer sich anderweitig auspowern.
Ja. Eine Frau hat sich einmal als „Samenablagerungsmaschine“ bezeichnet. Das ist vielleicht eine Prostituierte aber keine Partnerin. Falls der Sex in der Beziehung so animalisch verläuft, dass Frau nur die Beine für ihn breit macht, dann ist es vielleicht doch besser... nein, Prostitution ist nie die Wahl. Da sind Sexualität und Beziehung schon zu sehr belastet. Nur innerhalb der Partnerschaft kann eine Verbesserung erarbeitet werden.
Prostitution ist nie die Wahl. Da sind Sexualität und Beziehung schon zu sehr belastet. Nur innerhalb der Partnerschaft kann eine Verbesserung erarbeitet werden.
Trotzdem das Credo vieler Männer: Lieber für Sex zahlen, als eine anstrengende Beziehung zu führen?
Es scheint wirklich so, dass sich viele Menschen nur mehr über das Funktionieren, Ziele Erreichen, Unterhalten definieren. Aber es gibt noch viele Andere Möglichkeiten, die das Leben reich machen. Und erst hier fängt gute körperliche Liebe an. Also ist die „anstrengende Beziehung“ Folge einer ganzen Lebenseinstellung. Und wer die nicht ändern mag, wird über das animalische Niveau der Sexualität nicht hinaus kommen.
Kommen zu Ihnen auch Männer, die von ihren Erfahrungen im Puff erzählen?
Zum Schutz der Privacy möcht ich darauf nicht antworten.
Ist die Sprachlosigkeit in vielen Beziehungen „schuld“, dass der Gang ins Bordell leichter scheint? Wir reden noch immer zu wenig über unsere sexuellen Bedürfnisse?
Die Lieblosigkeit in den Beziehungen ist der Grund für Pornographie und Prostitution. Wobei ein neues Thema angeschnitten wird, auf das viele Menschen heute keine Antwort wissen: Was ist Liebe überhaupt? Zum Sprachlichen in der Beziehung erkenne ich immer wieder, dass Frauen verlernt haben, zu wissen, was sie wirklich wollen und das dann auch einzufordern.
Denn ein Mann fühlt sich erst dort wirklich zu Hause, wo er Mann sein kann, wo er als Mann auch ankommt. Besonders sexuell – sobald ein Mann weiß, dass seine Frau sexuell glücklich ist, ist er als Mann auch angekommen.
Vielleicht helfen solche
Vielleicht helfen solche Artikel zu einem Bewußtsein in der verlorengegangenen Kultur der Sexualität. Bin nicht ganz einverstanden mit der Erklärung, daß Frauen nur zu sagen hätten, was sie wollen und dann wär alles weniger kompliziert. Ist es nicht vielmehr so, daß Frauen, die wissen, was sie wollen, Männern erst recht Angst machen?