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„Intrigen und Unwahrheiten“

Wie die SVP mit dem Buch „Freunde im Edelweiss“ umgeht, wird exemplarisch in der Sitzung der Bezirksleitung des SVP-Pustertal deutlich. Ein Protokoll der Verunglimpfung.
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Foto: gg
Peter Fuchs ist in der Pusterer SVP ein wichtiger Mann. Der Unternehmer aus Innichen, sitzt als Verkehrsassessor im Ausschuss seiner Heimatgemeinde, ist SVP-Ortsobmann von Innichen und auch stellvertretender Obmann des SVP-Bezirkes Pustertal.
In dieser Funktion verfasst Fuchs auch das Sitzungsprotokoll der Bezirksleitung, die am 7. April 2022 über die Bühne geht. Anwesend sind an diesem Abend in Innichen neben Bezirksobmann Meinhard Durnwalder und der amtierenden Bezirksleitung auch SVP-Obmann Philipp Achammer, die Pusterer Landesräte und Landtagsabgeordneten, mehrere Bürgermeister und auch der Senator in Ruhe Hans Berger. Ziel der Sitzung ist eigentlich die Vorbereitung der Bezirkswahlen, die im Pustertal am 22. April stattfindet.
Doch diese erste Sitzung der Pusterer Bezirksleitung seit langer Zeit in Präsenz hat schon bald ein anderes zentrales Thema: Den SAD-Skandal und die Veröffentlichung des Buches „Freunde im Edelweiss“.
Auf dieser Sitzung und anhand des offiziellen Protokolls lässt sich exemplarisch nachzeichnen, dass man sich in der SVP weniger mit den aufgedeckten Machenschaften, den illegalen Handlungen oder den schockierenden Enthüllungen beschäftigt, als mit der Verunglimpfung und Diffamierung der Autoren.
 

Auslöser der Polemiken

 
An diesem Abend im Hochpustertal kommt ungeschminkt zum Vorschein, wie die SVP-Granden alles tun, um das Buch als übles Machwerk und die Autoren als zwielichtige Gestalten darzustellen.
 
 
Das Buch voller Intrigen und Unwahrheiten war der Auslöser der Polemiken.“
SVP-Obmann Philipp Achammer.
Nach der Begrüßung durch den Bezirksobmann ergreift SVP-Obmann Philipp Achammer im vollbesetzten Saal das Wort. Achammer berichtet, dass in der SAD-Affäre kriminelle Handlungen sowie Beeinflussungen und Privatinteressen im Spiel waren. „Das was geschehen ist kann auf keinen Fall Gut geheißen werden und hat unter der Bevölkerung einen sehr schlechten Eindruck hinterlassen“, sagt Achammer. Dann mahnt er die Anwesenden zum vorsichtigen Umgang mit der Situation, dass nicht weiter Öl ins Feuer gegossen wird. Er und der Landeshauptmann hätten zu einem Konsens gefunden, um die Angelegenheit zu einem Abschluss zu bringen.
Philipp Achammer sagt dann laut offiziellen Sitzungsprotokoll wörtlich:
 
„Die Veröffentlichung der Protokolle machte die ganze Sache noch viel komplizierter, das Buch voller Intrigen und Unwahrheiten war der Auslöser der Polemiken.“
 
Es liege keine strafrechtliche Tat vor, aber moralisch sei die Lage sehr bedenklich. Der Parteiobmann hat sich vom Staatsanwalt beraten lassen und mit den Betroffenen Gespräche zur Klärung geführt, um die Angelegenheit intern zu lösen.
 
 
Philipp Achammer: „Wir dürfen gerade jetzt uns nicht gegenseitig an das Scheinbein treten und ich rufe zu Besinnung und Zusammenhalt auf. Ich möchte unterstreichen, dass die Verwaltung sauber gearbeitet hat und die Vergabe der SAD-Konzessionen korrekt über die Bühne ging. Wir müssen die Angelegenheit zu Ende bringen und wieder durch Zusammenhalt für Ruhe in der Partei sorgen.
Der Applaus für den Parteiobmann bleibt nicht aus, heißt es dann im Protokoll.
 

Zwei Provokateure

 
Die Pusterer Bezirksleitung beschäftigt sich aber auch mit der Rolle von zwei honorigen SVP-Funktionären, die an diesem Abend mit im Saal sitzen. SVP-Obmann Philipp Achammer sagt laut dem offiziellen Sitzungsprotokoll:
 
„Auch der Bezirksobmann Durnwalder und Altsenator Hans Berger kommen im Buch mit falschen Anschuldigungen vor. Sie hatten lediglich den Auftrag, mit Rom Mehrwertsteuerfragen bezüglich der Buskonzessionsinhaber zu klären. Dies geschah im Interesse des Landes, was bereits im Jänner vom SVP-Präsidium bestätigt wurde.“
 
Falsche Anschuldigungen, also.
Warum Ingemar Gatterer - sollte diese Version so stimmen - dann unbedingt sowohl Senator Meinhard Durnwalder als auch Alt-Senator Hans Berger für ihren Einsatz in Rom bezahlen wollte - wie aus den abgehörten und im Buch wiedergegeben Telefongesprächen hervorgeht -, bleibt somit ein Geheimnis des Pusterer Glaubens.
 
 
Die beiden Autoren des Buches sind als Provokateure bekannt. Wer weiß wer dahinter steckt.“
Bezirksobmann und SVP-Senator Meinhard Durnwalder
Ebenso die Tatsache, dass die Steuernachzahlung, gegen die sich die beiden SVP-Politiker in Rom eingesetzt haben, allein für Gatterers privates Busunternehmen „Klöcker Buslinie GmbH“ rund 6 Millionen Euro ausgemacht hätte.
Auch Bezirksobmann Meinhard Durnwalder meldet sich zu diesen „Anschuldigungen im Buch“ zu Wort. Der SVP-Senator:
 
„Ich bin absolut nicht Freund von Gatterer, hatte lediglich den Auftrag der Landesverwaltung eine Mehrwertsteuer-Angelegenheit mit Rom zu klären. Das Buch ist politisch und bewusst provokant, es stellt sich die Frage, woher der Autor die Informationen bezogen hat. Die beiden Autoren des Buches sind als Provokateure bekannt und haben wie schon oft den richtigen Zeitpunkt erkannt. Wer weiß wer dahinter steckt.“
 
„Ich rufe alle Mandatare auf, dieses Buch nicht zu kaufen. Wir können nicht solche SVP-Gegner finanziell und wirtschaftlich mit dem Kauf des Buches fördern.“
Stellvertretender SVP-Bezirksobmann Peter Fuchs
 
Wie weit die Bunkermentalität unterem Edelweiß inzwischen geht, wird an einem Zusatz deutlich, den der stellvertretende Pusterer Bezirksobmann Peter Fuchs ins Protokoll einflechtet.
Als Obmann Stellvertreter hatte ich mich wegen der fortgeschrittenen Stunde nicht mehr zu Wort gemeldet, aber zwei Dinge möchte ich loswerden“, schreibt Fuchs. Und dann folgt neben einem Aufruf zum Zusammenhalt ein Appell, der an weißrussische Zustände erinnert:
 
„Ich rufe alle Mandatare auf, dieses Buch nicht zu kaufen. Wir können nicht solche SVP-Gegner finanziell und wirtschaftlich mit dem Kauf des Buches fördern.“
 
Immer treu dem Motto: Den Kopf in den Sand, fürs Tiroler Land.