Gesellschaft | Kalašnikov&Valeriana

Freiheits-Osterei

Im respektvollen Miteinander hat Selbstbestimmung ihren festen Platz. Dennoch ist von überraschter Entrüstung zu lesen, wenn diskriminierte Gruppen Rechte einfordern.
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Foto: Dustin Humes on Unsplash

Ganz ehrlich, ich hatte den guten Vorsatz, niemandem die friedvolle Osterstimmung mit kalašnikov&valeriana zu vermiesen. Aber die Reaktionen auf meine letzten Beiträge haben mich zu Überlegungen zum Konzept Freiheit angeregt: im Allgemeinen die Möglichkeit und Fähigkeit eines Menschen, eigene Entscheidungen ohne Druck oder Zwang durch andere Personen oder äußere Umstände treffen zu können.


Gerade Südtirol scheint ein besonders freiheitsliebendes Fleckchen Erde zu sein. Vom verklärten Freiheitskämpfer Hofer über die relative Freiheit dank Autonomie bis zu den Freiheit-Freiheit klatschenden Demonstrant:innen der NoVax-NoMask-Bewegung ist das Thema immer wieder aktuell, auch wenn oft nicht nachzuvollziehen ist, wo diese Freiheit beginnt und wo sie endet. So fühlen sich die einen dazu ermächtigt, dank ihrer politischen Position ihre Freiheit auf Kosten der Wählerschaft auszuspielen. Andere wieder interpretieren ihre Freiheit als Freischein, sich über die Empfehlungen zum Schutz der Mitmenschen hinwegzusetzen. Und wieder andere nehmen sich die Freiheit, an toxischen Verhaltensmustern festzuhalten, obwohl dies wiederum die Freiheit und Entscheidungshoheit der Mitmenschen wesentlich beeinträchtigt. Weitverbreiteter Usus ist es auch, in aller Freiheit andere Menschen zu bevormunden und ihre offensichtliche Freiheitsbeschränkung schönzureden, nur weil man(n) sie selbst nicht erlebt.

Für mich persönlich haben Freiheit und Selbstbestimmung einen wirklich großen Stellenwert. Die Freiheit zu sein, wer und wie ich bin und wo ich sein möchte, die Freiheit mich auszudrücken, zu wählen, zu träumen. Dabei ist mir bewusst, dass meine Freiheit dort endet, wo die meiner Mitmenschen beginnt. So mag ich zwar manchmal davon träumen, manche Menschen in die Wüste zu schicken, vermeide dann aber doch verletzende Sprache. Oder ich strebe nach absoluter Bewegungsfreiheit, schränke diese aber in Einklang mit den Bedürfnissen meiner Familie ein. Manchmal wäre mir auch danach, mich über so manche Regeln und Gesetze zum Allgemeinwohl hinwegzusetzen, aber dann mache ich mir die Notwendigkeit derselben für ein respektvolles Miteinander bewusst und halte mich daran.

Freiheit und Selbstbestimmung also im Rahmen eines respektvollen Miteinander, so funktioniert meine Welt und bisher eigentlich recht gut. Deshalb staune ich immer wieder über die zahlreichen Kommentare unter meiner Rubrik, aus denen klar hervorgeht, wie einem Teil der Leserschaft die Freiheit der Mitmenschen bestenfalls egal, oft sogar zuwider ist und mit entsprechend großer Leichtigkeit
eingeschränkt werden sollte, obwohl diese Freiheit in keinster Weise ihre eigene beschränkt. Ganz so, als würde der eigene Frust dadurch kleiner…
Da sind zum Beispiel Vorschriften zur Kleidung nach den Regeln des Anstands (?) absolut okay (Inwiefern schränkt der Kleiderstil anderer eure persönliche Freiheit ein? Ihr könnt euch ja nach wie vor so kleiden, wie ihr es für angemessen erachtet). Nach demselben Motto werden auch ziemlich klare Vorschriften geliefert zu den Rollenbildern, sprich wie Frau und Mann zu sein (Inwiefern schränken Persönlichkeitsausdrücke anderer eure Freiheit ein? Macht das Richten darüber euch glücklich?).

Eine inklusive Sprache hingegen sei überflüssig (Inwiefern schränkt es eure persönliche Freiheit ein, wenn andere bspw. gendern? Zum einen seid ihr da ja auch mitgemeint, zum andern noch nicht mal selbst dazu angehalten).
Das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, ja sogar über die eigenen Geschlechtsorgane, ist da schon anmaßend (Inwiefern schränkt es eure persönliche Freiheit ein, wenn andere über ihren eigenen Uterus entscheiden? Genauso könnt ihr ja auch über euren eigenen bzw. über Penis&Co. verfügen).

Wieviel einfacher und angenehmer wäre das Miteinander doch, wenn wir Abstand nehmen würden von diesen Kontrollbedürfnissen und Machtspielchen unter dem Deckmantel von Moralin und uns die Freiheit ließen, wir selbst zu sein. Wer weiß, vielleicht würde es sogar Spaß machen und angenehme Überraschungen bringen, auf jeden Fall würde es bereichernd sein, die Diversität anderer zu entdecken und wertzuschätzen!
 

Hoffentlich hat sich niemand an meinem Freiheits-Osterei verschluckt! Ich wünsche uns, dass dem oder der einen bewusst geworden ist, wofür Feminismus noch alles gut sein kann!