Politik | Verwaltungsgericht
Das Nein aus Rom
Foto: Salto.bz
Es ist eine dreifache "Watschen" aus Rom.
„Das Erfüllen der Altersvoraussetzungen ist eine gesetzliche Vorgabe für die im Betreff angeführte Ernennung. In Ermangelung dieser Voraussetzung können die nachfolgenden vorgesehenen Maßnahmen nicht vorbereitet werden“, heißt es am Ende in dem Schreiben des Ministerratspräsidiums, das am Montag dem Südtiroler Landtag zugestellt wurde.
Der von der stellvertretenden Generalsekretärin des Ministerratspräsidium, Sabrina Bono, unterzeichnete Brief enthält aber gleichzeitig eine Chronologie, die für den Südtiroler Landtag an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.
Es ist die Dokumentation eines eigenmächtigen Südtiroler Vorgehens, mit dem man auf ganzer Linie gescheitert ist. Der Landtag hat sich in diesem Fall vorführen lassen wie selten zuvor.
Der Landtag hat sich in diesem Fall vorführen lassen wie selten zuvor.
Die Ernennung
Am 11. Oktober 2021 geht der Bozner Verwaltungsrichter Terenzio Del Gaudio in Rente.
Seine Nachbesetzung steht dem Südtiroler Landtag zu. Genauer gesagt den italienischen Landtagsabgeordneten. Dabei wird zum zweiten Mal ein neues Auswahlverfahren angewandt. Eine Kommission prüft die Eignung der Kandidaten und Kandidatinnen. Diese Kommission besteht aus dem Südtiroler Staatsrat Thomas Mathá, Giuseppina Adamo, Sektionspräsidentin am Verwaltungsgericht Apulien, dem Professor für Verwaltungsrecht an der Universität La Sapienza Marcello Clarich und dem Bozner Anwalt Christoph Trebo.
Die Auswahlkommission prüft die Bewerbungen von insgesamt 17 Personen. Acht Bewerberinnen und Bewerber werden zur Anhörung geladen. Eine davon zieht sich vorher zurück. Aus den sieben Kandidatinnen und Kandidaten ermittelt die vierköpfige Kommission letztlich zwei, die sie für geeignet befindet:
Fabrizio Cavallar, Direktor des Rechtsdienstes für das Territorium in der Landesverwaltung und Carlo Busato, langjähriger Richter am Landesgericht Bozen.
Doch dann taucht ein rechtliches Problem auf. In den gesetzlichen Bestimmungen steht wörtlich: „Eine weitere Voraussetzung für die Ernennung ist ein Alter von mindestens 40 und höchstens 60 Jahren“. Fabrizio Cavallar aber hat mit 24. Jänner 2022 das 60. Lebensjahr erreicht. Damit müsste der Landesbeamte eigentlich aus dem Rennen sein.
Doch Landtagspräsidentin Rita Mattei gibt bei den eigenen Rechtsämtern ein Rechtsgutachten in Auftrag. Das Ergebnis: Fabrizio Cavallar kann ernannt werden, weil er beim letzten Termin zur Einreichung der Gesuche noch nicht 60 Jahre alt war.
Damit kommt es zu einem Stechen zwischen Carlo Busato und Fabrizio Cavallar.
Drei Wahlgänge
Am 7. April 2022 folgt dann die Wahl im Südtiroler Landtag. An diesem Tag treffen sich die italienischen Landtagsabgeordneten zur Wahl. Weil Rita Mattei krankheitsbedingt abwesend ist, stimmen nur sieben italienische Landtagsabgeordnete ab. In der Abstimmung erhält Fabrizio Cavallar 4 und Carlo Busato drei Stimmen. Nach der Geschäftsordnung des Landtages und nach der entsprechenden Durchführungsbestimmung muss ein Kandidat oder eine Kandidatin aber die absolute Mehrheit der italienischen Abgeordneten im Landtag erreichen, nicht jene der Anwesenden. Das heißt, es braucht 5 Stimmen.
Weil Cavallar damit die Mehrheit nicht erreicht hat, wird die Wahl wiederholt. Es kommt aber zum selben Ergebnis. Erst im dritten Wahlgang setzt sich der Landesbeamte gegen den Berufsrichter mit 5 zu 2 Stimmen durch.
Südtirols Verwaltungsrichter werden zwar vom Landtag gewählt, sie müssen aber - wie alle Richter - vom Staatspräsidenten per Dekret ernannt werden. Dazu bedarf es vorab eines Beschlusses des Ministerratspräsidiums, das die Ernennung durch den Landtag nochmals prüft.
Nein aus Rom
Bei dieser Prüfung hat man die Entscheidung des Landtages annulliert. Der Grund: Die rechtlichen Bedenken gegen die Ernennung Cavallars seien stichhaltig. Weil der Jurist am 7. April 2022 bereits das 60. Lebensjahr überschritten habe, könne er nicht zum Verwaltungsrichter ernannt werden.
Dabei kommt diese Entscheidung aus Rom nicht aus heiterem Himmel. Das Landtagspräsidium hatte am 25. März 2022 das eigene Gutachten zur Begutachtung an das Präsidium des Ministerrates geschickt. Dieser antwortete schriftlich am 12. April 2022. In dem Schreiben heißt es:
„Abschließend wurde betont, dass aus Informationen, die sich aus den übermittelten Unterlagen entnehmen lassen, hervorgeht, dass der Kandidat zum Zeitpunkt der Ernennung und umso mehr zum Zeitpunkt des etwaigen Erlasses des Dekrets durch den Präsidenten der Republik die Altersvoraussetzungen nicht erfüllte.“
Doch zu diesem Zeitpunkt hatte der Landtag bereits Fabrizio Cavallar gewählt.
Neue Wahl
Jetzt wird man die Wahl des italienischen Verwaltungsrichters im Landtag wiederholen müssen.
„Wir haben uns bereits fünfmal zu dieser Ernennung getroffen“, ärgert sich Diego Nicolini (M5S), „und jetzt wird es eine weitere Abstimmung geben.“ Das Landtagspräsidium hat die Wahl bereits auf die Tagesordnung der Landtagssitzung vom 10. Mai gesetzt.
Man geht davon aus, dass dann die Wahl auf den einzig verbliebenen Kandidaten Carlo Busato fällt.
Was aber, wenn Busato nicht mehr will?
Sicher ist: Der Landtag hat sich und der Südtiroler Verwaltungsgerichtsbarkeit mit seinem Vorgehen keinen Gefallen getan.
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Statt unnützes
Statt unnützes Rechtsgutachten ... des Landtags auf Kosten der Steuerzahler-innen hätte man hier wohl vorher besser gleich in Rom anfragen können. Wer die Macht hat, hat das Recht.
Jedenfalls wird Carlo Busato dem Landgericht Bozen fehlen.
Naja, man hätte - nachdem
Naja, man hätte - nachdem Landtagspräsidentin Mattei mit Schreiben von 25.3.2022 beim Ministerratspräsidium um eine klärende Stellungnahme zum eingeholten Rechtsgutachten ersucht hatte - wohl doch den Eingang der erbetenen Stellungnahme abwarten sollen, die dann, für römische bürokratische Gepflogenheiten eher untypisch, immerhin bereits mit dem für die italienischen Landtagsabgeordneten und für Dr. Cavallar unerfreulichen Bescheid vom 29.4.2022 eintraf. Aber da waren die Landtagsabgeordneten zu ihrer ferhlerhaften Entscheidung längst (d.i. am 7.4.2022) zusammengetreten.
Für den Fall, dass jetzt Dr. Busato an das Bozner Verwaltungsgericht berufen werden und überwechseln sollte und er dort seine Erfahrung und das Selbstverständnis eines gelernten Berufsrichters einbringen können würde, wäre der Verlust für das Landesgericht Bozen tatsächlich mehr als schmerzlich.
Sarebbe proprio da dire...
Sarebbe proprio da dire... che figura di palta ! Tra l'altro la norma è davvero chiara. Come possa esserci stato un parere che affermasse il contrario (sarebbe interessante renderlo pubblico visto che parrebbe si siano confusi "fischi per fiaschi"), davvero non si può comprendere.
Oltre al fatto che ben si poteva attendere il parere della Presidenza del CdM visto che qualche dubbio nel palazzo verde-edera evidentemente c'era ancora se si è chiesto un "parere sul parere", no?
Antwort auf Sarebbe proprio da dire... von Michele De Luca
Schon etwas eigenartig. Ein
Schon etwas eigenartig. Ein Gesetz-gebendes Organ erwählt selber den Verwaltungsrichter, der über die Einhaltung der erlassenen Gesetze zu befinden hat.