Kultur | Salto Afternoon

Künstler des Memes

Die Ausstellung „Banksy - L’artista del presente“ hat seit gestern geöffnet. Trotz Zusatz „An Unauthorised Exhibition“ war oft eines zu hören: Was, wenn Banksy hier ist?
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Foto: Banksy
In den Renaissance-Mauern des Palazzo delle Albere in Trient, zwischen Muse und Fußballstadion, ist Banksy in Form von rund 100 Arbeiten präsent. Unwahrscheinlich, dass er sich gerade bei diesem Stopp einer Wanderausstellung nach Idee von Vittorio Sgarbi, umgesetzt durch Stefano Antonelli und Gianluca Marziani persönlich blicken lässt, aber die Ungewissheiten über die Identität des Künstlers lassen zumindest einige Besucher hoffen. Banksy ist mehr noch ein Phänomen, als er ein Künstler ist. Das soll nicht seine Leistungen schmälern, sondern seine Breitenwirkung unterstreichen.
 
 
Wenn man auf den Ursprung des Begriffs „meme“ in englischer Sprache bei Richard Dawkins 1976 als ein Element das im Gegensatz zum „gene“ kulturelle- statt Erbinformationen weitergegeben wird, so lässt sich Banksys Kunst als ein solcher Prozess verstehen (als Beispiele nennt Dawkins in seinem Buch „Das egoistische Gen“  „Ideen, Überzeugungen, Verhaltensmuster“). Das wenigste an Reichweite haben dabei die Interventionen Banksys im öffentlichen Raum, an Häuserwänden, in U-Bahnen und stellen, wo man sie sich nicht erwarten würde. Der eigentliche Wirkungskreis Banksys beginnt online: Banksy rezipiert etwa die Ratten von Blek le Rat, nur damit seine Ratten wieder rekontextualisiert oder kopiert werden können, ganz wie die ursprüngliche Autorschaft eines Internet-Memes irgendwann im Datennebel verschwindet.
 
 
Die großzügig ausgelegte Galerie befasst sich mit Banksy auf mehreren Ebenen und wurde in italienischer Sprache und nicht konsequent, sondern zu sporadischen Teilen auch in Englischer Sprache realisiert. Die Vorstellungsrunde wird nicht gleich mit Drucken, sondern mit einer Biographie und einem Kunstwerk aus Privatsammlung: Der Fußabstreifer „Welcome (Gross Domestic Product)“ von 2019 der eines klar stellt: Nein, ein Künstler, der auf Facebook wieder und  wieder auftaucht hat nicht apolitisch zu sein. Den Schriftzug „Welcome“ hat der Künstler aus dem Material der Westen von Seenotrettern im Mittelmeer realisiert. Die vier Aufsteller mit der Biographie des Künstler und weitere mit ausgewählten Zitaten beweisen Humor seitens des Künstlers und der Ausstellungsmacher: Man arbeitet hier niederschwellig, lagert die vertiefende Auseinandersetzung in die beiden Videoräume aus. Von den klassischen Schablonen-Arbeiten sind im ersten Ausstellungsraum poppige Ableger, Bilder für Albumcover und mit Bezug auf die musikalischen Einflüsse - insbesondere die Sex Pistols - auf einen jungen Banksy zu finden.
 
 
Banksy bezieht durch die Ausstellung hinweg klar Position - oder wird positioniert - der Spirit ist klar ACAB und die Solidarität mit den Randgruppen: Die bereits erwähnten Ratten tauchen da als Druckgruppe, dort in den Videos auf, welche größtenteils von den beiden YouTube- Kanälen des Künstlers stammen und auch seinen Arbeitsprozess zeigen. Im unteren Videoraum ist auch eine, bei einer gemeinsamen Ausstellung mit Brad Downey von diesem realisierte Arbeit, welche Banksy nicht als Rezipienten und Aufarbeiter im Umlauf befindlicher Werke zeigt, sondern als Rezipierten: „Flying Copper“ aus Gips, Zement, Holz, Kunstharz, Erde und Kleber erhebt mit seinen raumgreifenden Proportionen das von Banksy geschaffene Motiv zur ironisch-religiösen Engelsikone und wird von der Ausstellungsbeleuchtung mit einer Aureole umgeben. Zu jedem der Werke gibt es reichlich Information, die am Eingang geschätzte Besuchsdauer von 40 Minuten ist utopisch. Wer auch die Videos ansehen möchte, sollte sich eher an die eineinhalb Stunden Höchstdauer für seinen Aufenthalt rechnen.
 
 
Im oberen Stock begrüßt einen ein Raum mit ausgewählten Social Media Ausschnitten, die den Kunstwerken weniger zuträgliche Präsentation setzt sich allerdings nicht in die weiteren Räume fort. Hauptsächlich sind es aber Drucke und Fotographien der Streetart am Original-Standort. Nebenan noch zwei Objekte von Banksy: Zwei der etwas 100000 von Banksy in Umlauf gebrachten 10 Pfund Scheine „Di-faced Tenners“ mit Prinzessin Diana von der „National Banksy of England“ und, was natürlich nicht fehlen darf ein erhabener Druck der Höhlenmalerei „Peckham Trolley“, welchen Banksy samt zugehörigem ironischem Ausstellunngs-Kärtchen im British Museum für drei Tage heimlich installierte. Das Werk steht in der Ausstellung wohl am deutlichsten für das konfliktreiche Verhältnis Banksys zur Stratosphäre der Kunstwelt.
 
 
Ansonsten ist das Obergeschoss der Ort für einen intellektuellen Blick auf Banksy, mit einer kritischen Videoeinführung in sein Werk von Stefano Antonelli auf der einen und allen seinen greatest Hits auf der anderen Seite. Darunter viele Hingucker: Ein Banksy ist auch Design-Objekt, wobei sein praktischer Nutzen die Schulung eines kritischen Geistes ist. Auch vertreten, natürlich, darf das Bild doch in keiner Banksy-Schau fehlen, ein Foto und ein  - ungeschredderter - Druck des „Girl with Ballon“.
 
 
In einem Zitat, das Banksy eine seiner Ratten schreiben lässt, ist ein selbstkritischer Banksy zu lesen: „If graffiti changed anything, it would be illegal“ Prägnanz und Zitat, ohne beides ginge Banksy nicht; Hier spielt er an auf die Frauenrechtlerin Emma Goldman: “If voting ever changed anything, it would be illegal”. Klar, dass das Zitat gleich wieder jemand an der mit bereitgestellten Kreiden versehenen Blackboard-Säule für Besucher kopiert. Was kann nun Banksy verändern? Mehr als man meinen möchte: Seine Kunst hat die Reichweite und die vordergründige Oberflächlichkeit, die Menschen zum denken bringt. Einen Trient-Besuch ist es wert.
 
 
Als Bonus gibt es seit gestern auch noch zwei monumentale Arbeiten von Marco Martalar, die aus Holz von Bäumen realisiert wurden, welche das Sturmtief Vaia 2018 zu Fall brachte: Ein "Leone alato“ vor dem Palazzo und die vier Meter hohe Skulptur einer rechten Hand, "Il grido" im Erdgeschoss. Beide Arbeiten sind bis 23. Oktober zu sehen, die Banksy Ausstellung endet am 11. September.
 
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gorgias Mo., 20.06.2022 - 15:35

Ich finde diese Rezension ein bischen eigentümlich, wird doch die halbe Abstellung im Schnappschussmodus abfotografiert und somit gespoilert.
Eine Rezension sollte aus Worten bestehen und nicht so ein schlampig dahingeklotzes preview sein.

Mo., 20.06.2022 - 15:35 Permalink