FAMILIENBLUFF

Von Kritikern gern als „Wahlkampfbluff der SVP“ bezeichnet, diskutiert der Landtag diese Woche erneut über das Familienrahmengesetz. Über eine zaghafte Familienpolitik, geforderte Nachbesserungen und über den Hemmschuh Werte.

Anderhalb Jahre alt ist die Diskussion um das Familiengesetz. Berechtigt also die Frage der Kritiker des Landesgesetzentwurfs Nr. 157/12: Wie kann es sein, dass wir erst bei einem Rahmengesetz stehen? Warum beruft sich das Gesetz nicht jetzt schon auf konkrete Förderungen, auf Durchführungsbestimmungen, die Familien wirklich unterstützen?“

Dschungel Familienförderung

Irmgard Pörnbacher vom Bildungsweg Pustertal beschwert sich: „Das Familiengesetz erinnert mich an den italienischen Staat, es ist ein Dschungel. Familien müssen einfach und schnell an Förderungen herankommen, momentan gibt es keine Übersicht. Keine ausreichende Information.“ Als Rahmen solle das Gesetz gesehen werden, mit einigen guten Absichten, sagt Waltraud Deeg, SVP Landtagskandidatin aus dem Bezirk Pustertal. Bei weitem aber nicht ausreichend. Was ist mit der Rente im Alter? Was mit Kinderbetreuungsplätzen? Was mit wirklichen finanziellen Unterstützungen?

Ohne Vollzeit, keine Zukunft

So sieht es auch Tony Tschenett, der Vorsitzende des ASGB. Er forderte schon Mitte März: Bürokratieabbau und höhere Familiengelder aufgrund der steigenden Armut in Südtirol. Mit den derzeitigen Familiengeldern sei eine Betreuung der Kinder zu Hause nicht realistisch. Deeg, Rechtsanwältin in Bruneck und selbst Mutter sieht das Problem um die Altersabsicherung der Frau erweitert: „Eigentlich müsste man jeder Frau heute raten Vollzeit zu arbeiten. Wenn es um die Absicherung im Alter geht, ist Teilzeit unsinnig. Das ist erschreckend, aber das ist der Punkt. Hier müssen wir uns als Gesellschaft die Frage stellen, wollen wir das?“ Die Familienpolitik eines Landes ist für sie eine Sache des Blickwinkels: „In den letzten 20 Jahren war viel Geld im Südtiroler Landeshaushalt. Heute will man niemanden vergraulen, vermeidet echte Förderungen - und echtes Einsparen.“ 

Wertediskussion

Genau hier müsse Familienpolitik ansetzen: Ausgaben in anderen Bereichen streichen und Familien stärker bezuschussen. Doch noch stehen Werte im Vordergrund und behindern eine wirkliche Diskussion, findet Irmgard Pörnbacher. Die engagierte Koordinatorin aus dem Pustertal ist sich sicher: „Der große Hemmschuh ist heute die Diskussion um die Wahlfreiheit der Frau. Das wird so groß aufgebauscht, das kann nicht die Lösung einer echten Familienpolitik sein.“ Ganz anders sieht dies der Verein für christliche Erziehung. Auf seiner Homepage steht geschrieben: ."...das Hauptziel des Gesetzes besteht darin, dass möglichst viele Kinder bald nach der Geburt in Kinderkrippen, Kindertagesstätten oder zu Tagesmütter, also weg von ihren eigenen Müttern, gebracht werden sollen. Die Kinder sollen in der Praxis also weitgehend den Eltern weggenommen werden."