Politik | Meran

Pauls Abgang

Der ehemalige Meraner Bürgermeister Paul Rösch gibt seinen Abschied aus der Politik bekannt. Gleichzeitig rücken zwei Neue in den Gemeinderat nach. Die Hintergründe.
Paul Rösch
Foto: Liste Rösch/Grüne
Der Abgang war minutiös geplant.
Am Montag um 10.15 Uhr veröffentlicht Paul Rösch einen zweisprachigen Post auf seiner Facebook-Seite.
Der Meraner Politiker und ehemalige Bürgermeister der Passerstadt schreibt darin:
 
„Wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, empfinde ich Dankbarkeit und Stolz. Dankbar bin ich für das Vertrauen, das die Meranerinnen und Meraner in mich gesetzt haben, und für die Ehre, die mir zuteil wurde, als Bürgermeister unsere schöne Stadt mitzugestalten zu dürfen. Stolz bin ich auf all das, was wir gemeinsam erreicht haben – vor allem auf unsere Liste aus engagierten Menschen, die in den letzten Jahren so gut zusammengearbeitet und eine neue politische Kultur etabliert haben. Für mich ist diese Gruppe ein Beispiel, wie politische Kultur von unten, aus den Wünschen, Ideen und Visionen der Menschen wachsen kann. Und sie ist für mich die Garantie dafür, dass Merans Zukunft in guten Händen ist. Ich werde sie weiterhin unterstützen, wo ich kann, doch die aktive Rolle im Gemeinderat sollen jetzt neue, frische Kräfte übernehmen. Ich habe mich dazu entschlossen, meine politische Karriere zu beenden. Allen, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben, spreche ich meinen aufrichtigen Dank aus.“
 
 
 
Der Abschied aus der Mandatspolitik von Paul Rösch kommt für Außenstehende überraschend. Doch es ist ein durchdachter und konsequenter Schritt, den der ehemalige Meraner Bürgermeister mit diesem Abgang setzt.
Der Hauptgrund für den Abgang dürfte die neue Rolle sein, die Rösch seit der Niederlage bei den letzten Gemeinderatswahlen gegen Dario Dal Medico einnehmen muss. „Der Paul tut sich als Oppositionsmensch einfach schwer“, sagt ein langjähriger politischer Mitstreiter.
Wer Paul Rösch kennt, der kann diese Beschreibung nachvollziehen. Paul Rösch ist ein Pragmatiker, der äußerst harmoniebedürftig ist. Rösch ist weder ein oppositioneller Wadelbeißer noch einer, der in einem - für die Politik durchaus angebrachten -  Freund-Feind-Schema denkt.
Der Paul tut sich als Oppositionsmensch einfach schwer.
 
Die Liste „Grüne/Rösch“ ist mit 10 Gemeinderätinnen und -räten die stärkste Fraktion im Meraner Gemeinderat. Ihre Rolle ist damit vorgegeben: Fundamentalopposition gegen die Regierung Dal Medico und gegen die Regierungskoalition aus italienischen Bürgerlisten und SVP.
Dabei ist das Regierungspersonal mehr oder weniger dasselbe, mit dem Paul Rösch fünf Jahre lang als Bürgermeister gearbeitet hat. So hat Rösch persönliche, menschliche, aber auch politische Berührungspunkte mit Stadträten wie Stefan Frötscher (SVP) oder Nerio Zaccaria (Alleanza per Merano). Von 2015 und 2020 hat er als Bürgermeister seine ganze Kraft eingesetzt, um eine Koalition zusammenzuhalten, die politisch und ideologisch kaum heterogener sein hätte können. Es war eine Mammutaufgabe, die Rösch dabei bewältigt hat.
Diese Vorgeschichte jetzt abzuschütteln, das war und ist für Paul Rösch aber unmöglich. Er ist nicht einer, der über Nacht diesen Schalter einfach umlegen kann.
Rösch als charismatischer Oppositionsführer, der im Gemeinderat seine früheren Stadtratskollegen angeht, das geht gegen den Charakter dieses Mannes. Eine Parteikollegin: „Der Paul ist dafür viel zu edel, um im Gemeinderat auf diese Mehrheit zu schießen“.
 
 
 
Genau das aber ist die Aufgabe der „neuen“ Liste Rösch/Grüne: Oppositionspolitik. Das heißt auch, offen und energisch gegen die Regierungsmehrheit zu agieren. In dieser Rolle findet sicher einer wie Paul Rösch aber nur schwer wieder. Auch deshalb hat man absolut einvernehmlich diesen Abgang beschlossen.
Für Paul Rösch wird die langjährige Urania-Direktorin Marlene Messner, bereits Kandidatin bei den vergangenen Parlamentswahlen, in den Meraner Gemeinderat nachrücken. Zudem gibt es in der Grünen Fraktion einen weiteren Wechsel. Auch Heidi Dubis legt ihr Mandat zurück. Für sie wird Florian Mayr nachrücken. Beide Neo-Gemeinderäte dürften den Oppositionskurs noch einmal akzentuieren.
Paul Rösch hat am Montag seinen Rücktritt eingereicht und sich gleichzeitig beim amtierenden Bürgermeister Dario Dal Medico verabschiedet. Dieser bedankt sich in einer Aussendung bei seinem schärfsten Kontrahenten:
Ich habe Paul Rösch während der beiden Wahlkämpfe, die wir als Kontrahenten immer im Zeichen des Fair Play geführt haben, kennen gelernt und ich konnte seine Korrektheit schätzen. Wir haben beide Niederlagen und Siege erlebt, aber wir sind immer wir selbst geblieben und haben uns stets gut verstanden. Ebenso schätze ich die Tatsache, dass er sich entschlossen hat, mich persönlich über seinen Entschluss zu informieren, als Ratsmitglied zurückzutreten", so Dal Medico.
Mit dem Abgang von Paul Rösch aus dem Meraner Gemeinderat steht plötzlich aber eine andere Frage im Raum. Tritt Rösch in einem Jahr bei den Landtagswahlen für die Südtiroler Grünen an?
Wer Paul Rösch kennt, der kennt auch schon die Antwort auf diese Frage.

 

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Dietmar Nußbaumer Mo., 07.11.2022 - 21:00

Immerhin ist es während der Amtszeit von Paul Rösch gelungen, die hochgefährliche Solland Silicon aus Sinich zu verbannen; das werde ich ihm immer hoch anrechnen. Vom Rest der Grünen hat man in dieser Sache nix gehört (auf Landesebene; ich gehe davon aus, dass im Meraner Stadtrat viele, quer durch die Parteien, gegen diese potentielle Giftschleuder waren).

Mo., 07.11.2022 - 21:00 Permalink