Politik | SVP-Spenden

Die Strafanzeige

Arno Kompatscher hat über seinen Anwalt beim Bozner Landesgericht eine Strafanzeige gegen Sven Knoll wegen Verleumdung hinterlegt. Der SVP-Obmann hingegen schweigt.
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Foto: wefairplay
Es war der Bologneser Anwalt und Professor an der Uni Trient, Alessandro Melchionda, der am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft Bozen eine Strafanzeige gegen Sven Knoll und weitere unbekannte Personen hinterlegt hat. Melchiondas Mandant und der Kläger ist dabei Arno Kompatscher.
Ich bin für auch für eine harten, politische Dialektik durchaus zu haben“, sagt der Landeshauptmann zu Salto.bz, „aber in diesem Fall wurde die rote Linie weit überschritten. Was hier gemacht wurde, ist eine glasklare Verleumdung“.
 
 
 
Der ranghöchste SVP-Politiker bezieht sich dabei auf die Enthüllungen der Südtiroler Freiheit über den angeblichen SVP-Spendenskandal. Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle haben in zwei Pressekonferenzen und in mehreren Pressemitteilungen Arno Kompatscher Käuflichkeit vorgeworfen. So sprach Knoll auch auf der Pressekonferenz am Dienstagvormittag offen von Vetternwirtschaft, Direktaufträge als Gegenleistung für Wahlspenden und von Korruption. Gemünzt sind alle diese Vorwürfe direkt auf den Landeshauptmann.
Dieser zieht jetzt die Reißleine. „Ich weiß, dass an diesen Vorwürfen nichts stimmt, deshalb ist mir wichtig, dass die Staatsanwaltschaft und die Gerichtspolizei das Ganze untersucht und zu einem eindeutigen Schluss kommt“, sagt der Landeshauptmann.
 

Knolls Eigentor

 
Dass die Südtiroler Freiheit inzwischen Angst vor der eigenen Courage bekommen hat, zeigt sich auch daran, dass Sven Knoll in den vergangenen Tagen bei mehreren Oppositionsparteien vorstellig geworden ist, um sie für eine gemeinsame Pressekonferenz zum SVP-Spendenskandal zu gewinnen. Dabei scheint er aber auf wenige Gegenliebe gestoßen zu sein. Denn am Dienstag trat die Fraktion der Südtiroler Freiheit wieder alleine auf.
Dabei räumte Sven Knoll auch ein, jene Liste, die er bisher als authentische Spendenliste ausgegeben hat, persönlich transkribiert zu haben. Der Grund dafür: Auf der Originalliste würden sich handschriftliche Notizen befinden, die Aufschluss über die Herkunft des Dokumentes geben könnten.
 
 
 
Ausgerechnet mit diesem Eingeständnis dürfte sich der Kopf der Südtiroler Freiheit aber ein gefährliches Eigentor geschossen haben. Wird die Strafanzeige Kompatschers von Amtswegen weiterverfolgt und nimmt die Bozner Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf, wird Sven Knoll die Originalliste herausrücken müssen. Damit aber wird Kompatschers Anwalt auch den Informanten auf die Spur kommen.
Dass Alessandro Melchionda sein Handwerk versteht, hat er als Anwalt Kompatscher bereits in zwei noch laufenden Ermittlungen gezeigt. Melchionda hat den Landeshauptmann sowohl in Ermittlungen zum SAD-Komplex als auch in der sogenannten Masken-Affäre verteidigt. In beiden Verfahren wurden die Ermittlungen gegen Kompatscher inzwischen rechtskräftig archiviert.
 

Achammers Nein

 
Eigentlich wäre es normal, dass sich auch die SVP als geschädigte Partei dieser Strafanzeige anschließen würde. Doch davon ist anscheinend keine Rede.
Arno Kompatscher erklärte am frühen Abend auch, dass er bereits vor längerer Zeit die SVP-Führung ersucht habe alle Dokumente und Listen zu den Wahlkampfspenden 2018 offenzulegen. „Ich habe nichts zu verbergen“ sagt er.
Die SVP-Führung allen voran SVP-Obmann Philipp Achammer und Landessekretär Stefan Premstaller haben aber rechtliche Einwände vorgebracht, dass das so nicht möglich sei. Wie klar die SVP ihren Spitzenkandidaten und Landeshauptmann im angeblichen SVP-Spendenskandal bewusst im Regen stehen lässt, wurde auch gestern im Untersuchungsausschuss des Landtages deutlich. Dort stand SVP-Obmann Philipp Achammer eine Stunde lange Rede und Antwort.
 
 
Achammer betonte, dass die Knoll-Liste ein Fake sei und nicht den Daten und Zahlen entspreche, die in der Buchhaltung der SVP liegen. Auf die konkrete Nachfrage Knolls, ob er die offiziellen SVP-Dokumente dem Untersuchungsausschuss übergibt, antworte der SVP-Obmann mit einem unmissverständlichen Nein.
Dafür wartete Philipp Achammer bei seiner Anhörung mit einem besonders skurrilen Vorschlag auf. Der Untersuchungsausschuss solle doch Thomas Widmann anhören, der 2018 SVP-Wahlkampfleiter war. Diese könne über alle Fragen Auskunft geben.
 
 
Dabei hatte die Opposition bereits vor einigen Wochen genau das gefordert. Doch die SVP-Lega-Mehrheit im Untersuchungsausschuss hat gegen eine Anhörung von Thomas Widmann gestimmt.
Jetzt hat der SVP-Obmann aber mit seiner Aufforderung grünes Licht für die Anhörung Widmanns gegeben. Man kann davon ausgehen, dass die Südtiroler Freiheit erneut die Vorladung des unfreiwillig ausgeschiedenen Landesrates verlangt. Diesmal wird der SVP-Vertreter kaum gegen seinen Parteiobmann reden und abstimmen können.
Demnach könnte Thomas Widmann vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages aussagen.
Seine Wortmeldung dürfte dabei wohl kaum zu Gunsten Arno Kompatscher ausfallen.
 
Update am 6. Dezember 2022. 21.10 Uhr:
 
SVP-Obmann Philipp Achammer legt Wert auf die Richtigstellung, dass er nie den Vorschlag gemacht habe, Thomas Widmann einzuladen. "Ich wurde im Untersuchungsausschuss gefragt, ob man Thomas Widmann einladen soll", sagt der SVP-Obmann zu Salto.bz. Darauf habe er geantwortet: "Das steht dem Untersuchungsausschuss natürlich frei". Mehrere Mitglieder des Untersuchungsausschusses bestätigen, dass Philipp Achammer bei mehreren Antworten, die Formel, "das müssen Sie den Wahlkampfleiter fragen" benutzt habe. Am Ende der Sitzung stellte der Team-K-Abgeordnete Alex Ploner deshalb den Antrag auf der nächsten Sitzung über eine Anhörung und Vorladung von Thomas Widmann und Heinz Peter Hager abzustimmen.