Gesellschaft | Bildung

„Teil unserer Identität“

In italienischen Kindergärten wird seit Jahren Deutsch gelehrt. Das Modell könnte zum Anhaltspunkt für die Pläne des Meraner Gemeinderates werden.
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Foto: Provinz Bozen
Letzte Woche hat der Meraner Gemeinderat beschlossen, eine Arbeitsgruppe damit zu beauftragen, die Einführung von zweisprachigen Klassen in Kindergärten zu planen und die Ergebnisse der Stadt- und Landesregierung vorzulegen. Den Antrag dafür hatte die Gemeinderätin des Team K, Sabine Kiem, eingereicht. Nach Bekanntwerden des erfolgreichen Beschlussantrags meldete sich der Schützenbezirk Burggrafenamt / Passeier zu Wort und kritisierte den Gemeinderatsbeschluss vom 12. Dezember.
In einem Brief an die Südtiroler Landesregierung und den Meraner Gemeinderat warnt Bezirksmajor Hannes Holzner davor, dass mit diesem Zusatzangebot nicht nur die deutsche und ladinische Muttersprache eingeschränkt werde, sondern die Schüler:innen auch kulturell und politisch manipuliert würden. Die Direktorin des italienischen Kindergartensprengels in Meran, Paola Segala, begrüßt den Schritt hingegen.
„Es ist eine gute Nachricht. Aber es ist erst der Anfang und ich hoffe, dass sowohl der italienisch- als auch der deutschsprachige Kindergartensprengel in Meran involviert werden. Wir beschäftigen uns bereits seit Jahren mit dem Thema“, erklärt Segala. Mehrsprachigkeit, Inklusion und Interkulturalität seien in den italienischen Kindergärten der Provinz seit über 20 Jahren ein Teil der Erziehung.
 

Die Umsetzung

 
„Der angenommene Beschlussantrag ist ein großer Schritt, wie auch die Berichterstattung über das Thema zeigt. Der nächste Schritt wird nun sein, die Arbeitsgruppe zusammenzustellen“, erklärt Team K-Gemeinderätin Sabine Kiem. Dabei soll gemeinsam mit Vertreter:innen der Kindergartensprengel in Meran nach einer geeigneten Umsetzung gesucht werden.
Auf die Kritik der Direktorin des deutschsprachigen Kindergartensprengels von Meran, Renate Kollmann, entgegnet die Gemeinderätin: „Der Beschlussantrag hat nichts damit zu tun, die Arbeit in den Meraner Kindergärten in irgendeiner Weise zu beurteilen. Wir wissen, dass Kindergärten heute nicht mehr einsprachig sind. Aber wir wollen mit dem Beschlussantrag das Zusatzangebot der zweisprachigen Kindergärten institutionell verankern.“ Eine Orientierung dafür könnte das mehrsprachige Erziehungsmodell der italienischen Kindergärten bieten.
 

Italienische Kindergärten

 
„In den neuen Leitlinien der Provinz widmet sich ein Abschnitt genau diesen Aspekten, die Teil unserer Identität sind“, sagt die Direktorin des italienischen Kindergartensprengels in Meran, Paola Segala, über den Stellenwert von Mehrsprachigkeit, Inklusion und Interkulturalität. „Kindergärtner:innen mit deutscher und englischer Muttersprache unterstützen unsere Fachkräfte. Zudem bieten wir seit 2015 für Kinder, die ein Jahr vor der Einschulung stehen, zweisprachige Kindergartengruppen im Meraner Kindergarten Fröbel an. Dieses Angebot wird von den Eltern und Kindern sehr geschätzt.“
So hätten die Kleinen bereits im Alltag die Möglichkeit, Italienisch und Deutsch zu lernen und mit beiden Kulturen aufzuwachsen. „Es gibt einen reichen Erfahrungsschatz zu Zweisprachigkeit“, bringt Segala es auf den Punkt. Außerdem führe der italienische Kindergartensprengel immer wieder Projekte durch, um die sprachliche Vielfalt zu fördern, etwa das zweisprachige Theaterprojekt namens „Kuckuck“ vergangenes Jahr. Darüber hinaus arbeiten der italienische und deutsche Kindergartensprengel in Meran verstärkt zusammen, um sich über die Begegnung verschiedener Kulturen auszutauschen.