Politik | Senat

„Handschrift einer rechten Regierung“

Julia Unterberger spricht sich als Einzige der SVP-Parlamentarier gegen den Haushalt der Regierung aus. Die sozialen Ungleichheiten würden damit noch einmal vergrößert.
Julia Unterberger
Foto: SVP
Salto.bz: Senatorin Unterberger, Sie haben erklärt, gegen den Haushalt der Regierung Meloni zu stimmen. Warum?
 
Julia Unterberger: Ich muss etwas vorausschicken: Ich finde die Maßnahmen gegen die Teuerungen und zur Hilfsstellung für die Familien und die Unternehmen durchaus in Ordnung. Es sind Dinge, die eigentlich bereits von Mario Draghi vorgegeben wurden. Zum Glück machen diese Bestimmungen den Großteil dieses Haushaltes aus. Aber den anderen, kleineren Teil des Haushaltes kann man so nicht akzeptieren. Hier hatte die Regierung durchaus einen eigenen Spielraum, aber Meloni & Co haben völlig falsche Akzente gesetzt. Mit diesem Haushalt werden die sozialen Ungleichheiten noch einmal vergrößert. Hier wird fast schon eine Umverteilung von unten nach oben gemacht.
 
Ein harter Vorwurf. An was denken Sie konkret?
 
Nehmen wir die Abschaffung des reddito di cittadinanza. Das ist im Grunde genommen eine Sozialmaßnahme, die es inzwischen in fast allen europäischen Ländern gibt. Hier dreht man in Italien jetzt das Rad der Zeit wieder zurück. Oder die Einführung der Flat Tax. Hier wird die Einkommensgrenze für diesen geringen Steuersatz von 60.000 Euro auf 85.000 Euro erhöht. Damit wird ein klares Ungleichgewicht zwischen abhängig Beschäftigten und Selbstständigen geschaffen. Was mich sehr wundert, weil diese Regierung ja immer behauptet, vor allem für die Arbeiter und kleinen Leute da zu sein.
 
Sie sagen: Auch der Kampf gegen die Steuerhinterziehung wird von dieser Regierung geschwächt?
 
Auf jeden Fall, denn alle Signale gehen in eine andere Richtung. So wird die Bargeldgrenze auf 5.000 Euro angehoben und es werden Strafnachlässe für jene gewährt, die ihre Steuern nicht gezahlt haben. Zum Glück hat man jetzt die wohl absurdeste Bestimmung aus diesem Haushalt gestrichen. Denn Meloni wollte für jene Händler, Gastwirte und Dienstleister, die kein POS-Gerät zur Verfügung stellen, eine Art Straffreiheit einführen, wenn es um Beträge unter 60 Euro geht. Diese Änderung hat man auf Druck der EU und auch von Staatspräsident Sergio Mattarella letztlich fallengelassen. Aber nichtsdestotrotz erkennt man an diesem Haushalt die Handschrift einer rechten Regierung. Und mit dieser Handschrift kann ich einfach nichts anhaben.
Ich bin nicht damit einverstanden, dass soziale Ungleichheiten noch verschärft werden, dass bestimmte Kategorien und Gruppen bevorzugt werden, dass man Steuerhinterziehung nicht bekämpft, sondern Signale gibt, dass das toleriert wird.
Demnach ist Ihre eine grundsätzliche, ideologische Gegenstimme?
 
In der Politik ist von mir aus gesehen, alles ideologisch. Ich bin nicht damit einverstanden, dass soziale Ungleichheiten noch verschärft werden, dass bestimmte Kategorien und Gruppen bevorzugt werden, dass man Steuerhinterziehung nicht bekämpft, sondern Signale gibt, dass das toleriert wird. Das ist einfach nicht mein politischer Ansatz. Ich würde mir andere politische Signale wünschen, die wahrscheinlich eher einer linken Sozialpolitik zugeordnet sind. Deshalb kann ich nur gegen diesen Haushalt stimmen.
 
 
 
Sie stehen damit in Ihrer Partei allein auf weiter Flur. Ihr Senatskollege Meinhard Durnwalder hat bereits angekündigt, dass er sich bei der Haushaltsabstimmung enthalten werde. Ebenso wollen sich die SVP-Abgeordneten Renate Gebhard, Dieter Steger und Manfred Schullian der Stimme enthalten.
 
Dazu muss ich sagen, dass das Stimmverhalten nicht abgesprochen wurde. Wir haben darüber nicht beraten. Ich denke deshalb, dass so wie in den vergangenen Jahren, jeder SVP-Parlamentarier nach seinem eigenen Gewissen abstimmen wird. Zudem war es bereits in den vergangenen Legislaturperioden so, dass ich mehrfach aanders abgestimmt habe als meine Kollegen und Kolleginnen. Wobei ich mich zum Beispiel, bei der jüngsten Abstimmung zu den Hilfsdekreten genauso wie der Kollege Durnwalder der Stimme enthalten habe. Weil es dabei um Hilfeleistungen ging, an denen es nichts zu kritisieren gibt. Wenn also die Maßnahmen stimmen, kann ich mich durchaus auch enthalten. Das war übrigens auch bei der ersten Vertrauensabstimmung der Fall. Aber dieser Haushalt geht in jenem TTeiIII, in dem diese rechte Regierung ihre Visionen durchzusetzen versucht, in die falsche Richtung.
 
Derselben Meinung sind dien Ihre beiden Fraktionskollegen Luigi Spagnolli und Pietro Patton. Auch sie haben angekündigt gegen den Haushalt zu stimmen.
 
Die Mitte-Links-Politiker stimmen geschlossen gegen diesen Haushalt. Dazu gehören auch diese beiden Kollegen des PD.
Wenn es keine Vorgaben der Partei gibt, dann kann es auch keine Richtlinien geben, an die ich mich halten muss.
Sie haben keine Angst, dass es innerhalb der SVP oder im Tagblatt der Südtiroler jetzt wieder ein Scherbengericht gegen die „linke Julia“ geben wird?
 
(lacht) Nein, sicher nicht. Denn dazu müsste es - wenn schon - vorher einen Beschluss der Partei geben, an den sich jemand nicht gehalten hat. Wenn es aber keine Vorgaben der Partei gibt, dann kann es auch keine Richtlinien geben, an die ich mich halten muss.
 
Oder man wird noch SVP intern versuchen, Sie bis zur Endabstimmung am Donnerstag im Senat noch umzustimmen?
 
Das wird kaum mehr etwas nützen. Ich kann zwar am Donnerstag bei der Endabstimmung leider nicht in Rom sein, aber meine Meinung zu diesem Haushalt ist unumstößlich.