Gesellschaft | Salto Gespräch
„Dem Bösen ins Gesicht sehen“
Foto: Privat
salto.bz: Herr Macuglia, wie ist die Idee zum Buch über Benno Neumair entstanden, der am 4. Jänner 2021 seine Eltern umgebracht hat?
Matteo Macuglia: Das Verlagshaus Rizzoli hatte mich kontaktiert und gefragt, ob ich ein Buch darüber schreiben möchte. Ich verfolge den Fall als Journalist seit langem und über einige Durchbrüche berichteten wir im Programm ‚Quarto Grado‘ als Erstes, beispielsweise über das Geständnis. Ich überlegte einen Moment, weil ich anfangs dachte, dass über diese Geschichte schon alles oder schon zu viel gesagt wurde.
Nun bleibt abzuwarten, wie die Anfechtung des Urteils in zweiter Instanz verläuft, die die Verteidigung bereits angekündigt hat.
Dann wurde mir klar, dass es ein Unterschied ist, ob man eine Geschichte wie in der Berichterstattung in Episoden erzählt, von den ersten Tagen des Verschwindens bis zum Finden von Laura Perselli und Peter Neumair und dann nach einer langen Pause wieder über den Mordprozess, oder, ob man diese ganze Geschichte in einem Buch erzählt. Wenn der Leser alles in einem Buch mitverfolgen kann, ist es vielleicht interessanter und auch gefühlsbetonter. Diese Geschichte ist meiner Meinung nach verrückt und mit einer steigenden Flut vergleichbar, die immer größer wird, bis es zum Mord kommt. Denn gerade in den letzten Tagen des Jahres 2020 merkte man im Haus Neumair, dass die Spannung steigt, und es wurde ständig mit Benno gestritten. Ich denke, wer dieses Buch liest, ist über die Vielzahl der Geschehnisse erstaunt, die diese Geschichte zu einer außergewöhnlichen machen, auch wenn sie dramatisch und traurig bleibt.
Es ist die Geschichte von Eltern, die ihren Sohn sehr lieben und der größtenteils ein normales Leben geführt hat.
Wie beurteilen Sie das gefällte Urteil der lebenslangen Haft und des Schadensersatzes?
Ich denke nicht, dass es Journalisten sein sollen, die über das Ergebnis eines Gerichtsprozesses urteilen. Das gefällte Urteil hat es uns Journalisten allerdings leicht gemacht, darüber zu berichten. Zumindest für mich wäre es schwierig gewesen, über ein Urteil zu berichten, das den Anspruch auf Gerechtigkeit von Madè Neumair (Schwester des Täters, Anmerkung d. R.) verweigert. Eine Krankheit, die als narzisstische Persönlichkeitsstörung mit antisozialen, schauspielerischen und passiv-aggressiven Zügen diagnostiziert wurde, reicht mir nicht aus, um ein psychotisches Abgleiten zu erklären, bei der eine Person ihre Einsichts- und Willensfähigkeit verliert. Somit hat das Gericht die härteste Strafe gewählt. Nun bleibt abzuwarten, wie die Anfechtung des Urteils in zweiter Instanz verläuft, die die Verteidigung bereits angekündigt hat. Dort werden wahrscheinlich Zeugen vorgeladen, die bis jetzt noch nicht im Zeugenstand waren. Außerdem wird möglicherweise ein neues psychiatrisches Gutachten von der Verteidigung in Auftrag gegeben, um den Verlust der Zurechnungsfähigkeit während der Tat zu beweisen.
Was sagt der Fall über das Tabu psychischer Krankheiten in unserer Gesellschaft aus?
In den Umständen, in der sich die Familie Neumair befunden hat, befinden sich sicherlich tausende Familien in Italien – in manchen Fällen sind sie sogar dramatischer. Denn Benno hat eine Krankheit, die aus klinischer Sicht behandelt werden muss. Aber diese Krankheit beeinträchtigte ihn nicht in seiner Einsichtsfähigkeit, er verstand sehr gut, was er tat. Auch wenn er uns nie sein wahres Motiv für seine Taten gesagt hat, ist es schwierig vorstellbar, dass jemand so ein Verbrechen begehen kann, ohne es vorbereitet zu haben. Wir können Bennos Fall also in eine Kasuistik in Italien einordnen, wo Personen ein Problem haben, sie aber solange nicht behandelt werden können, solange sie sich nicht dazu bereit erklären oder gefährlich für sich selbst oder die Allgemeinheit werden. Benno konnte mit unserem System leider nicht behandelt werden und es ist schwierig auf diese Frage zu antworten.
Aber?
Mit Sicherheit erzählt uns dieser Fall von einem Unbehagen, das in unserem Land sehr verbreitet ist und auch davon, dass das System der Behandlung psychischer Krankheiten vielleicht reformiert werden müsste. Mit der Basaglia-Reform fühlen sich viele Familien mit einer kranken Person allein gelassen, die sich nicht behandeln lassen möchte. Solange sie nicht gefährlich erscheinen, ist es unmöglich, ihnen eine Behandlung aufzuzwingen. Das ist ein Problem, das diesen Fall geprägt hat. Denn seine Eltern hatten versucht, ihn behandeln zu lassen, aber er wollte nicht und dann sind die Dinge passiert, die passiert sind.
Der Satz zeigt die Stärke dieser Frau und, dass sie weiterleben und fröhlich sein will, gerade für ihre Eltern, die nicht mehr da sind.
Der Elternmord sorgte italienweit für Schlagzeilen. Wie erklären Sie sich das große Interesse der Öffentlichkeit an dem Fall?
Ein Fall wie dieser zieht die Menschen an, weil er jedem passieren kann. Es ist die Geschichte von Eltern, die ihren Sohn sehr lieben und der größtenteils ein normales Leben geführt hat. Er verliert zunehmend die Lebensfreude und gerät in einen Wirbel, aus dem er nicht mehr herauskommt. Auf der anderen Seite gibt es Charakteristiken, die diesen Fall besonders machen. In der Tat sind das die Protagonisten Laura Perselli und Peter Neumair, die als Paar auch nach 30 Jahren ein vorbildliches Leben führen, gemeinsam verreisen und zusammenbleiben wollen. Einem Paar, dem normalerweise nichts passiert, und mit dem sich viele Menschen identifizieren können. Dann ist Benno, der muskulöse, sexy Mann, der mit Frauen umgehen kann und in dieser Geschichte zum Monster wird. Seine Schwester Madè ist ganz anders als der Bruder und zeigt auch in einem Moment großen Leidens Entschiedenheit. Sie muss nach dem Verschwinden ihrer Eltern der Polizei erklären, dass es ihr Bruder war. Es ist eine verrückte Geschichte. Wieso sich Menschen für solche Geschichten interessieren, ist meiner Meinung nach zum einen, weil sie sich mit den Protagonisten identifizieren können und zum anderen, um dem Bösen ins Gesicht sehen zu können.
Wie ist Ihr Buch aufgebaut?
Es folgt der Chronologie, wobei ich am Anfang versuche den Kontext zu schildern, indem ich mit Familienangehörigen Interviews geführt habe. Dabei lasse ich auch, wenn notwendig, meine persönlichen Eindrücke miteinfließen, wie etwa meine beiden Begegnungen mit Benno und wie es war, als die Leichen gefunden wurden. Den Gerichtsprozess kürze ich ein wenig, weil sehr viel Material vorhanden war. Aber im Prozess kommen viele Dinge ans Licht, die noch nicht so viel Raum in der Berichterstattung erhalten haben, aber sehr wichtig sind, um die Geschehnisse einzuordnen. Ich hoffe, dass die Leser des Buchs ein vollständiges Bild von dieser schrecklichen und unglaublichen Geschichte erhalten.
Was hat dieser Fall mit der Familie Neumair aus Ihrer Sicht gemacht?
Von einem solchen Fall kann sich eine Familie nie erholen. Madè Neumair hat Traumatisches erlebt, an dem sie heute noch leidet. Ihr Leben wird durch diese Geschehnisse für immer gezeichnet sein. Das betrifft auch alle anderen Angehörigen. Es ist gerade der zweite Jahrestag dieser Geschichte vorübergegangen. Aus meiner Sicht versuchen die Angehörigen positiv damit umzugehen und so zu leben wie Laura Perselli und Peter Neumair, die Freude an ihrem Leben hatten und gerne neue Orte und Menschen kennenlernten. Ein Detail, das das klar macht, ist der WhatsApp-Status von Madè. Der lautet ‚das Leben ist schön‘. Es braucht Mut, einen solchen Satz zu sagen, nach alldem, was ihr widerfahren ist. Der Satz zeigt die Stärke dieser Frau und, dass sie weiterleben und fröhlich sein will, gerade für ihre Eltern, die nicht mehr da sind.
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Geschmacklos. Mehr fällt mir
Geschmacklos. Mehr fällt mir zu Buch, Autor und Werbung nicht ein.
Ja, beide Eltern in
Ja, beide Eltern in Nüchternheit zu ermorden und zu entsorgen ist wirklich einmalig. Elternmorde passieren meistens unter anderen Voraussetzungen. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass - immer laut Interview - die Sichtweise der Madé überwiegt und jene des "bösen Bruders" fast gar nicht vorkommt, obwohl der Autor dem Benno zwei mal begegnet ist (hat er in auch interviewt?).
Ich konnte nie verstehen, warum es der Schwester so wichtig ist, als Nebenklägerin gegen ihren einzigen Bruder zu agieren und auch in der Öffentlichkeit ihn immer anzuschwärzen. M. E. ist sein Hintergrund nicht nur eine psychische Störung. Seine Verschrobenheit hat eben eine Geschichte in der Familie, die hier nicht erwähnt wird.
Der Fall ist gänzlich noch
Der Fall ist gänzlich noch nicht mal abgeschlossen und schon stürzen sich geldgierige Aasgeier darauf, um daraus Profit zu machen. Ich hoffe niemand liest dieses Buch!! Was?? 1000e Familien haben eine ähnliche Situation zu Hause? Was solln jetzt 1000e in Panik verfallen, dass ihre Kinder sie demnächst ins Jenseits befördern? Krank!! Und somit behaupte ich immer noch: Benno müsste ein lebenlang in die Psychiatrie und nicht hinter Gitter, denn diese Geschichte ist eben alles andere als normal und ich hoffe, keiner muss sich oder wird sich mit den Protagonisten oder mit wem auch immer hier identifizieren!!
Der Fall ist gänzlich noch
Der Fall ist gänzlich noch nicht mal abgeschlossen und schon stürzen sich geldgierige Aasgeier darauf, um daraus Profit zu machen. Ich hoffe niemand liest dieses Buch!! Was?? 1000e Familien haben eine ähnliche Situation zu Hause? Was solln jetzt 1000e in Panik verfallen, dass ihre Kinder sie demnächst ins Jenseits befördern? Krank!! Und somit behaupte ich immer noch: Benno müsste ein lebenlang in die Psychiatrie und nicht hinter Gitter, denn diese Geschichte ist eben alles andere als normal und ich hoffe, keiner muss sich oder wird sich mit den Protagonisten oder mit wem auch immer hier identifizieren!!
Der Fall ist gänzlich noch
Der Fall ist gänzlich noch nicht mal abgeschlossen und schon stürzen sich geldgierige Aasgeier darauf, um daraus Profit zu machen. Ich hoffe niemand liest dieses Buch!! Was?? 1000e Familien haben eine ähnliche Situation zu Hause? Was solln jetzt 1000e in Panik verfallen, dass ihre Kinder sie demnächst ins Jenseits befördern? Krank!! Und somit behaupte ich immer noch: Benno müsste ein lebenlang in die Psychiatrie und nicht hinter Gitter, denn diese Geschichte ist eben alles andere als normal und ich hoffe, keiner muss sich oder wird sich mit den Protagonisten oder mit wem auch immer hier identifizieren!!
"Ich überlegte einen Moment,
"Ich überlegte einen Moment, weil ich anfangs dachte, dass über diese Geschichte schon alles oder schon zu viel gesagt wurde."
Ich hätte vielleicht noch etwas länger nachgedacht...