Politik | Verkehr

Salvinis Marsch auf den Brenner

Transportminister Salvini will mit den italienischen Frächtern am Brenner protestieren. „Pervers“, sagt Martin Alber und fordert von der Landesregierung klare Worte.
A22, Autobrennero, nevicata
Foto: Autobrennero

„Als ich mit meinen Bürgermeisterkollegen im vergangenen September die Kundgebung in Gossensaß veranstaltet habe, haben uns sowohl das Land, das Regierungskommissariat wie auch sämtliche anderen Behörden erklärt, dass wir keine Straße sperren dürfen. Offensichtlich kann sich Salvini über die Rechtslage hinwegsetzen und selbst bestimmen“, erklärt Martin Alber und betont, dass er sämtliche rechtliche Schritte ausschöpfen wolle, sollte der italienische Infrastruktur-und Transport-Minister wirklich so weit gehen. Der Bürgermeister der Gemeinde Brenner ist verärgert und erzürnt, nicht nur wegen der Aussagen von Matteo Salvini, welcher sich martialisch gegen die Tiroler Lkw-Fahrverbote geäußert und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich angekündigt hatte, sondern auch wegen der Haltung der Landesregierung und im Besonderen von Umweltlandesrat Giuliano Vettorato.

 

 

Der Lega-Landesrat stärkte seinem Minister den Rücken und erklärte, dass Schluss mit dem unlauteren Wettbewerb sein müsse und die Südtiroler und Italiener verteidigt werden müssten. Neben den Grünen, die eine geharnischte Presseaussendung veröffentlicht haben, kritisiert aber auch der SVP-Bürgermeister der Gemeinde Brenner dieses Verhalten. „Mit seiner Aussage zeigt Landesrat Vettorato, dass er die Anliegen der Bevölkerung nicht ernst nimmt – das geht als Umweltlandesrat überhaupt nicht“, so Alber und betont, dass sich der Vettorato zwischen seiner Funktion als Umweltlandesrat und jener als Parteifunktionär entscheiden müsse. „Erst recht als Umweltlandesrat darf Vettorato nicht Salvinis Sprüche wiederholen, welcher die Aufhebung der Tiroler Transitbeschränkungen fordert. Damit brüskiert er die Bürger und Bürgerinnen, die er schließlich vertritt und die er schützen muss“, erklärt der Bürgermeister und fordert auch von der Landesregierung mehr Sensibilität bei diesem Thema.

 

 

„Viele hätten sich eine andere Reaktion erwartet“, kommentiert Alber das Schweigen der Landesregierung. Man müsse endlich dahin kommen, klar und deutlich zu bekennen, dass noch mehr Verkehr nicht mehr akzeptiert wird. „Wir müssen endlich aufhören, uns selbst etwas vorzumachen. Wir müssen aufhören, uns immer nur ruhig und neutral zu verhalten“, fordert Alber, einer der wenigen Südtiroler Gemeindevertreter, der in dieser Deutlichkeit von Widerstand spricht. Bereits bei der Vorstellung des ÖPP-Projektes zur Wiedererlangung der Autobahn-Konzession im vergangenen Juni hätte er sich dezidierte Aussagen und Bekenntnisse zum Schutz der Bevölkerung erwartet, und zwar nicht nur zu Projekten wie Umfahrungen und Einhausungen, sondern auch zu einer grundsätzlichen Verkehrsreduzierung. Das Slot-System wiederum sei ein Projekt, dessen Umsetzung in weiter Ferne liegt und ob die Voraussetzungen auf internationaler Ebene dafür gegeben seien, sei fraglich. „Alles gut und recht“, meint Alber zu den Diskussionen rund um das Slot-System und die Buchbarkeit der Brennerautobahn, „bis dahin darf aber keine Untätigkeit herrschen – ansonsten könnte man das durchaus als Hinhaltetaktik interpretieren.“

 

Es wird Zeit, dass die Euregio Beschlüsse fasst, Aktionen plant und anfängt, über Proteste nachzudenken.

 

Laut Alber müssten sich auch in der politischen Herangehensweise viele Dinge ändern, denn der Verkehr nehme stetig zu und bislang gebe es keine Maßnahmen, um den unweigerliche Verkehrs-Kollaps aufzuhalten. Der Ausbau der Bahnkapazität sei nur ein kleiner Baustein, Ziel müsse es sein, die bestehenden Alpentransversalen zwischen Frankreich, Schweiz, Italien und Österreich zu analysieren und den Verkehr großräumig aufzuteilen. „Diese Möglichkeit besteht, auch wenn es kein überstaatliches Interesse gibt und jeder nur auf seine eigenen Vorteile bedacht ist“, zeigt sich Alber überzeugt und erklärt, dass es diesbezüglich international nur sehr wenig Bemühungen gebe. „Wir haben uns zu lange nur als teilnehmende Beobachter gesehen, nun müssen wir langsam erkennen, dass wir die Spitze erreicht haben“, so der Bürgermeister der Gemeinde Brenner, der fordert, dass sich „unsere Einstellung, unsere Haltung, unser Engagement und auch der Ton ändern müssen“. Schlussendlich müsse auf Ebene der Euregio endlich der Verkehr, das Thema, dass alle im Positiven wie im Negativen verbindet, in den Mittelpunkt der Entscheidungen und Handlungen gerückt werden. „Es wird Zeit, dass die Euregio Beschlüsse fasst, Aktionen plant und anfängt, über Proteste nachzudenken“, so Alber, der Salvinis Sager vom Marsch auf den Brenner als pervers bezeichnet – schließlich seien ihm derartige Protestaktionen, wie eingangs berichtet, untersagt worden.