Wirtschaft | Energiewende

Die Stromproduktion der Zukunft

Südtirol soll zum Vorreiter von Energiegemeinschaften werden – das ist der Plan von Raiffeisenverband und Alperia. Die Platzhirsche zeigen sich kooperationsbereit.
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Foto: Salto.bz
Raiffeisenverband, Alperia und Regalgrid verstärken ihre Zusammenarbeit für die Gründung von genossenschaftlich organisierten Energiegemeinschaften in Südtirol. Außerdem präsentierten sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz die neue Landingpage des Raiffeisenverbandes für alle Interessierten. Die drei Unternehmen betonen, dass die Mitglieder der Genossenschaften Kund*innen unterschiedlicher Stromanbieter sein können.
 

Die Idee  

 
Wenn Private, Unternehmen, öffentliche Körperschaften oder kirchliche Institutionen sich zusammenschließen, um gemeinsam Energie zu erzeugen und zu nutzen, entstehen erneuerbare Energiegemeinschaften. Als dezentrale Energiesysteme aus erneuerbaren Quellen sollen sie einen großen Beitrag zur Energiewende leisten, den Mitgliedern wirtschaftliche Vorteile bringen und die regionale Wertschöpfungskette stärken. Das gilt vor allem für genossenschaftlich organisierte Energiegemeinschaften.
 
 
„Es gibt in einer Energiegemeinschaft Prosumer und Consumer. Die Prosumer installieren beispielsweise eine Photovoltaik-Anlage, verbrauchen die eigene produzierte Energie und speisen den Energieüberschuss in das Stromnetz. Dafür erhalten sie einen Energiepreis. Außerdem erhalten alle Mitglieder der Energiegemeinschaft, also Prosumer und Consumer, eine Förderung der produzierten und verbrauchten Energie von 110 Euro pro Megawattstunde“, erklärt Barbara Passarella vom Raiffeisenverband. In Norditalien erhalten Energiegemeinschaften außerdem eine Zulage von 10 Euro pro Megawatt, da die Sonneneinstrahlung dort geringer ist als im Süden.
Dieser Gewinn muss laut Gesetz an alle Mitglieder aufgeteilt werden, der genaue Verteilungsschlüssel soll im Statut der genossenschaftlichen Energiegemeinschaft festgehalten werden. Das Statut wird dann vom GSE (Gestore dei Servizi Energetici) genehmigt.
Südtirol ist eines der ersten und wichtigsten Laboratorien auf nationaler Ebene, mit einem territorialen und sozialen Gefüge, das bereits bereit ist, diese neuen Modelle der Energieverteilung zu akzeptieren.
„Die Consumer müssen keine Investitionen tätigen, aber sie bekommen am Ende des Jahres die Förderung.“ Die Förderung der erneuerbaren Energiegemeinschaften laufen über 20 Jahre, so haben Investor*innen Planungssicherheit: „Die Investitionen werden in maximal vier bis fünf Jahren zurückgezahlt.“ Die Verwaltung einer Energiegemeinschaft soll über den Förderzeitraum hinaus über Bürger*innengenossenschaften abgewickelt werden. Es sei aber noch ein offener Prozess.
Die Investition in Photovoltaik-Anlagen für Energiegemeinschaften sei sowohl für Unternehmen als auch für private Haushalte und die öffentliche Verwaltung interessant. „Bisher hat man auf Schulen keine Photovoltaikanlagen installiert, weil sie nur von September bis Juni geöffnet sind. Mit der Energiegemeinschaft hätte die Installation aber durchaus wirtschaftliche Vorteile“, so Passarella.
 
 

Das Programm von Raiffeisen und Alperia

 
Der Raiffeisenverband Südtirol, Alperia und der Technologieanbieter Regalgrid besiegelten bereits im März 2022 in einer Absichtserklärung ihre Zusammenarbeit bei der Gründung von Energiegemeinschaften in genossenschaftlicher Form, in der Provinz Bozen.
Seit Dezember 2022 – mit der Unterzeichnung einer Exklusivvereinbarung für die nächsten fünf Jahre in Südtirol – intensivierten die drei Organisationen ihre Zusammenarbeit und weiteten die Förderung von Energiegemeinschaften auf nationaler Ebene aus. Derzeit durchlaufen die ersten drei Pilotprojekte in Burgstall, Tscherms und Unterland die Projektphase mit Energieanalyse, Planung zur Entwicklung der Fotovoltaikanlagen und den Aufbau der Gemeinschaftsstruktur in genossenschaftlicher Form. Ein Service, den künftig alle neuen Energiegemeinschaften in genossenschaftlicher Form nutzen können.
Der Dienst wird durch den Mutualitätsfond des Raiffeisenverbandes gefördert, sodass für Gründungsmitglieder keine Kosten entstehen. Die vorliegenden Resultate seien vielversprechend. Sobald die letzten Durchführungsbestimmungen in Rom beschlossen werden – voraussichtlich im März – steht der Gründung der ersten Energiegemeinschaften in genossenschaftlicher Form nichts mehr im Wege. Das Interesse in Südtirol ist tatsächlich groß: „Wir werden täglich von 20 bis 40 Personen oder Unternehmen kontaktiert“, erklärt Passarella vom Raiffeisenverband.
 

Die Stellungnahmen der Führungsriege

 
Robert Zampieri, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes, sieht in den Energiegemeinschaften ein Instrument für einen neuen Aufbruch in der Genossenschaftsbewegung: „Seit September veranschaulichen die Projektverantwortlichen in mehr als der Hälfte der Südtiroler Gemeinden, was es bedeutet, eine Energiegemeinschaft in genossenschaftlicher Form aufzubauen.“
Auch Luis Amort, Generaldirektor von Alperia, sieht diese Zusammenarbeit als wegweisend: „Eines der Hauptziele von Alperia ist es, aktiv zur Schaffung eines immer effizienteren und intelligenteren Energiesystems beizutragen, das nicht nur die Energiewende voranbringt, sondern auch einen wichtigen Mehrwert für Südtirol bringt. Deshalb arbeiten wir seit Jahren an der Entwicklung erneuerbarer Energiegemeinschaften. Wir sind überzeugt, dass sie einen großen Teil dazu beitragen können, indem sie eine solidarische Wirtschaft fördern, die Verbreitung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien unterstützen und positive soziale Nebeneffekte begünstigen.“
Elisa Baccini, Geschäftsführerin von Regalgrid Europe, unterstreicht die Bedeutung von Digitalisierung und Technologie: „Regalgrid investiert seit vielen Jahren in die Entwicklung innovativer digitaler Werkzeuge für das Management von Energiegemeinschaften und kann bis heute auf eine konsolidierte Erfahrung auf nationaler Ebene mit den ersten Prototypen von EEGs verweisen. Die Technologie wird sowohl für die Betreiber zur unmittelbaren Nutzung der technisch-analytischen Informationen als auch vor allem für die teilnehmenden Mitglieder notwendig, die sich so über die Funktionsweise der EEGs und ihre eigene Rolle bei der Energiewende bewusstwerden. Südtirol ist eines der ersten und wichtigsten Laboratorien auf nationaler Ebene, mit einem territorialen und sozialen Gefüge, das bereits bereit ist, diese neuen Modelle der Energieverteilung zu akzeptieren."