Wirtschaft | Immobilien

Bauer / Bäuerin aus Leidenschaft gesucht

Immer wieder stehen geschlossene Höfe in Südtirol zum Verkauf, da es keine Nachfolge in der Familie gibt. Ein Kaufverbot würde dem EU-Recht widersprechen, was also tun?
„Traditioneller Hof in einmaliger Panoramalage“ oder lieber der „innovative Bauernhof mit Traumaussicht“? Vor kurzem präsentierte der Südtiroler Immobilienmakler Engel & Völkers in seinem Newsletter vier geschlossene Höfe in Percha, Völs am Schlern, Kaltern und Vöran. Die Kaufpreise bewegen sich in Millionenhöhe oder werden auf Nachfrage mitgeteilt. Zurzeit gibt es rund 13.300 geschlossene Höfe im Land.
Es sind nicht die einzigen landwirtschaftlichen Betriebe, die in Südtirol verkauft werden. Der Bauernbund verfolgt diese Entwicklung bereits seit Längerem mit Sorge: „Es ist seit jeher unser Anliegen, dass die bäuerlichen Strukturen erhalten und die landwirtschaftliche Tätigkeit weitergeführt wird. Der Kauf der Höfe folgt aber immer stärker anderen Überlegungen, als jenem der Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs. Da geht es um Geldanlage, Wertsteigerung durch die Grundpreisentwicklung, Wohnen im landwirtschaftlichen Grün“, so Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner.
 
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Sandro Hofer: „Die Nachfrage nach Südtiroler Immobilien ist eigentlich nichts Neues, vielleicht wird sie jetzt durch die Digitalisierung und Berichterstattung in Echtzeit stärker wahrgenommen.“ (Foto: Engel & Völkers)
 
„Damit werden die Grundstückspreise angefeuert und sie stehen in keinerlei Verhältnis zum landwirtschaftlichen Ertrag. Grundkäufe zur Erweiterung eines bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs werden dadurch unerschwinglich“, erklärt Rinner. Laut der geltenden Gesetzgebung können geschlossene Höfe mittels Erbschaft, Schenkung oder Kaufvertrag übergeben werden.
Rund 70 Prozent der 20.000 Bauernhöfe Südtirols werden im Nebenerwerb geführt.
Das Höfegesetz soll außerdem unterbinden, dass bestehende Höfe zerstückelt werden. Damit bleibt die Größe der landwirtschaftlichen Fläche erhalten, die eine Familie ernähren kann, so der Ursprungsgedanke bei der Einführung des Gesetzes im 16. Jahrhundert in Tirol. „Ich finde das Höfegesetz sehr gut, allerdings stellt sich die Frage, wer heute in Südtirol noch einen Bergbauernhof führen möchte“, sagt Sandro Hofer, Geschäftsführer von Engel & Völkers in Bozen.
Auch Werner Hintner, Direktor beim Amt für bäuerliches Eigentum, bestätigt die sinkende Attraktivität des Berufsbildes: „Rund 70 Prozent der 20.000 Bauernhöfe Südtirols werden im Nebenerwerb geführt, da es sich häufig um Kleinbetriebe handelt und der Verkauf landwirtschaftlicher Produkte nicht immer genügend einbringt. Die heutige Generation ist oftmals nicht mehr gewillt, diesen Aufwand auf sich zu nehmen und es ist in manchen Fällen schwierig, Nachfolger für Betriebe zu finden.“
 

Geringe Attraktivität

 
Denn die durchschnittliche landwirtschaftliche Fläche der Höfe mag laut Hofer möglicherweise ausreichen, um sich wie früher selbst zu versorgen, aber sie sei zu klein, um den Lebensstandard von heute zu finanzieren. „Es gibt heute einige, die sich gerne einen Hof kaufen würden, um sich als Quereinsteiger zu versuchen. Erstens sind die Höfe aber meist sehr teuer und zweitens erfüllen die Interessenten nicht immer die gesetzlichen Voraussetzungen, um einen Bauernhof zu betreiben“, so der Immobilienmakler. Durch die wenigen verfügbaren Hektar sei es mit der Regelung der Großvieheinheiten pro Hektar Futterfläche für die wenigsten zum Verkauf stehenden Höfe rentabel, Kühe zu halten.
 
Bauernhof
Arbeit auf dem Bauernhof: Für junge Menschen in Südtirol scheint das Berufsbild häufig wenig attraktiv zu sein. (Foto: Pixabay)
 
Außerdem bezweifelt der Immobilienmakler, dass das Leben abgeschieden auf einem Hof in den Bergen heute als attraktiv gilt, wenn das Lebensmittelgeschäft erst mit einer halben Stunde Fahrzeit im Auto zu erreichen ist. Ebenso die Bewirtschaftung auf steilen Flächen stelle eine große Herausforderung dar: „Auch das Mähen einer Wiese kann zur finanziellen Herausforderung werden, wenn man es mithilfe von Mitarbeitenden bewerkstelligen muss.“
Deshalb seien geschlossene Höfe vor allem als Immobilie interessant: „Geschlossene Höfe sind eine der wenigen Immobilien in Südtirol, wo zusätzliche Baukubatur bis zu einem bestimmten Ausmaß nicht konventioniert werden muss.“ Dass die Höfe vermehrt an Eigentümer*innen außerhalb des Landes gehen, könne er nicht feststellen. Offizielle Zahlen dazu gibt es laut Hintner vom Amt für bäuerliches Eigentum keine.
Der Bauernbund hat das Thema Höfeverkauf bereits der Regierung in Rom zur Kenntnis vorgelegt - mit wenig Erfolg. Das Höfegesetz zu reformieren, wie der Landtagsabgeordnete und Landwirt Peter Faistnauer von der Fraktion Perspektiven für Südtirol im vergangenen Februar im Landtag vorgeschlagen hat, sei in den letzten Jahren ein wiederholt diskutiertes Thema - das in Südtirol besonders gerne vor Wahlen aufgegriffen wird.
Der Verkauf von Immobilien an Provinzfremde ist in den letzten Jahren proportional gleich geblieben.
„Im Höfegesetz erlauben zivilrechtliche Bestimmungen nur in wenigen speziellen Fällen und zeitlich begrenzt, dass der Verkauf von geschlossenen Höfen verhindert werden kann. Deren Verkauf grundsätzlich an die Bedingung zu knüpfen, dass die Flächen für die landwirtschaftliche Produktion genutzt werden, würde ganz klar der geltenden italienischen Verfassung und auch dem EU-Recht widersprechen. Das bestätigen die Urteile des europäischen Gerichtshofes zum Gesetz des Grundverkehrs in Vorarlberg“, erklärt Hintner.
Das Grundverkehrsgesetz in dem österreichischen Bundesland Vorarlberg sah ursprünglich eine Pflicht der Selbstbewirtschaftung vor, diese wurde dann aber aufgehoben, weil sie dem EU-Recht widerspricht. „Deshalb halte ich es für unwahrscheinlich, dass der italienische Gesetzgeber hier die Initiative ergreift“, so der Direktor vom Amt für bäuerliches Eigentum.
 

Ausverkauf der Heimat?

 
„Der Verkauf von Immobilien an Provinzfremde ist in den letzten Jahren proportional gleich geblieben“, erklärt Hofer von Engel & Völkers. Durch die hohe Attraktivität Südtirols als Urlaubsziel seien Immobilien am Wohnungsmarkt auch für Tourist*innen interessant.
„Als 1964 in Innsbruck die Olympischen Winterspiele stattfanden, hatte das beispielsweise auch zur Folge, dass viele Deutsche in gewissen Zonen Südtirols Immobilien kauften“, so Hofer. „Die Nachfrage nach Südtiroler Immobilien ist eigentlich nichts Neues, vielleicht wird sie jetzt durch die Digitalisierung und Berichterstattung in Echtzeit stärker wahrgenommen“, sagt der Immobilienmakler.
Die Ursachen für die aktuelle Wohnungsnot hängen aus seiner Sicht mit verschiedenen Entwicklungen zusammen: „Im Tourismus ist der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften hoch, da viele Südtiroler*innen unter gewissen Bedingungen kein Interesse haben, in diesem Sektor zu arbeiten. Durch die Zuwanderung steigt aber die Nachfrage nach günstigem Wohnraum“, so Hofer.
 
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Salto User
Manfred Gasser Mi., 28.06.2023 - 23:29

Falsche Überschrift, müsste lauten: "Bauer/Bäuerin mit Millionen gesucht". Denn ich glaube nicht, dass Herrn Hofer Leidenschaft als Bezahlung reicht.

Mi., 28.06.2023 - 23:29 Permalink
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Josef Fulterer Do., 29.06.2023 - 07:09

Antwort auf von Manfred Gasser

Mit dem ständigen Gerotze, "dass die Bergbauern dringend einen Zusatz-Erwerb brauchen um zu überleben," hat der Bauernbund (... der bei den Zusatz-Tätigkeiten der Bauern mit abzockt) eine erhebliche Mitschuld, dass auch die Bergbauern "in das Hamsterrad von immer mehr und Alles noch schneller hinein getrieben wird."
Wenn sich der Bauernbund mit dem gleichen Einsatz bemüht hätte, "um mit passenden Steuer-Gesetzen die Bauernhöfe in nicht bäuerlicher Hand un-attracktiv zu machen," wären die Preise für die Höfe näher beim Ertrags-Wert.
Und wenn das den Berg-Bauern immer von den Politikern stets vor-gerechnete Geld, "mit Familien- + Flächen-orientierten Parametetern direkt verteilt würde," statt "E S" mit viel Bürokratie für allerlei mehr als fragliche BEITRÄGE zu ver-braten, könnten die Familien mit dem erweiterten Anbau von Gemüse für den eigenen Bedarf ein Leben ruhigeres Leben führen, ohne sich im Hamster-Rad "mit 2 / 3 mal Arbeiten um 1 mal zu leben, Lebens-lang zu plagen.

Do., 29.06.2023 - 07:09 Permalink
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Klemens Riegler Di., 04.07.2023 - 21:36

Ein landwirtschaftlicher Hof, ob geschlossen oder nicht, bleibt ein "HOF" der bearbeitet werden will. Und von dem eine Bauernfamilie leben soll. Andernfalls ist es kein Hof, sondern ein Wohn-, Spekulations- oder was auch immer-Objekt. Und in diesem Fall sind Steuern (Höchstsatz Gis) bis zum Umfallen einzutreiben. Und zwar für jeden qm der ein Dach drauf hat.
Mal sehen ob das dann "ganz klar der geltenden italienischen Verfassung und auch dem EU-Recht widerspricht". Wie will ein Staat oder die EU darauf beharren, dass ein nicht bearbeiteter Hof ein HOF sei?

Di., 04.07.2023 - 21:36 Permalink