Politik | Nachhaltigkeit

Ein wohl eher mickriges Ergebnis

Für die Grünen ist der finale Klimaplan der Landesregierung ein Armutszeugnis: Es fehle an Budget und zeitnahen Maßnahmen, um für einen gerechten Übergang zu sorgen.
Der zweite Teil des Klimaplans war mit großer Spannung erwartet worden. Schließlich hatte die Landesregierung spezifische Maßnahmen angekündigt, die das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, in eine realistische Nähe bringen. Passiert ist offenbar das Gegenteil. Von den insgesamt 157 Maßnahmen des Plans seien bisher sieben umgesetzt worden, 41 seien noch in Erarbeitung und 109 bereits gestartet. Optimismus verbreitet sich allerdings nirgends, vor allem nicht bei der Umweltbewegung.
Die Grünen begrüßen zwar die Ziele und den Ansatz der Partizipation, auch wenn der Landtag bei der Erstellung des Klimaplanes außen vor gelassen wurde. Zudem seien die Daten, die für die ausführliche Analyse der Emissionslage in der definitiven Version des Klimaplans Südtirol 2040 verwendet wurden, bereits seit längerem vorhanden.
Babyschritte reichen nicht.
Die Grünen Landtagskandidat*innen Brigitte Foppa, Madeleine Rohrer und Zeno Oberkofler haben heute (21. Juli) in einer Pressekonferenz in Bozen ausführlich Stellung bezogen: „Die Erderwärmung ist nicht mehr aufzuhalten und wir können uns nicht auf abstrakte Zielformulierungen beschränken, die Erwartungen herunterschrauben, und erst recht nicht die Maßnahmen vor sich herschieben. Die Klimawende muss Fahrt aufnehmen und dazu braucht es klare Prioritäten, breite Beteiligung und das Wissen um die Sozialverträglichkeit der Maßnahmen, damit die Menschen nicht in Widerstandshaltung gehen. Das ist nicht einfach, aber anders wird es nicht gehen.“
 
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Brigitte Foppa und Madeleine Rohrer: Ihr Urteil über den Klimaplan fällt nicht positiv aus. (Foto: Grüne)
 
Brigitte Foppa, Fraktionssprecherin und Spitzenkandidatin, erinnert daran, dass bereits die Ziele des 2011 verabschiedeten Klimaplans nicht erreicht wurden. „In dieser Zeit ist der Meeresspiegel um mehr als 2,7 Zentimeter angestiegen. Die Ära Kompatscher begann 2014 und es ist das größte Versäumnis seiner zwei Amtszeiten, die Wichtigkeit des Klimathemas völlig unterschätzt zu haben. Denn die Ziele des damaligen Klimaplans wurden nicht ansatzweise erreicht. 2022 hieß es dann, sie seien eben ‚zu ambitioniert‘ gewesen. Nun hat die Nachhaltigkeitserleuchtung stattgefunden, der neue Klimaplan ist dazu eine nette Verpackung“, so Foppa. 
Wie beispielsweise bis 2030 die Bio-Anbaufläche auf 25 Prozent gesteigert werden soll – eine Verdopplung in wenigen Jahren – werde im Klimaplan nicht aufgezeigt. Auch die Reduktion der Nettoneuversiegelung bis 2040 auf Null sei ohne klare Maßnahmen nicht realistisch. Foppa befürchtet, nächstes Jahr eine ähnliche Pressekonferenz abhalten zu müssen: „Ohne Zwischenschritte gibt es keinen Weg. Ich gehe davon aus, dass wir in einem Jahr feststellen werden, dass sich nichts getan hat, oder viel zu wenig.“
Dafür ist eine Umschichtung der öffentlichen Gelder notwendig.
Wer sich den ersten im September vorgestellten Teil des Klimaplanes ansieht und nun die finale Version inklusive dem zweiten „spezifischen“ Teil vergleicht, dem fällt auf, dass die Landesregierung bei einigen Punkten zurückgerudert ist: Erstens sollen laut endgültiger Version weniger Menschen vor Armut bewahrt werden, nämlich nur noch fünf statt zehn Prozent. Dabei seien gerade finanziell schlecht gestellte Menschen stärker vom Klimawandel betroffen, so die Grünen.
 
Arno Kompatscher
Arno Kompatscher: Der Landeshauptmann stellte diese Woche gemeinsam mit Umweltlandesrat Giuliano Vettorato den finalen Klimaplan der Landesregierung vor. (Foto ASP/Fabio Brucculeri)
 
Zweitens soll der private Autoverkehr um 30 Prozent (statt 40 Prozent) abnehmen, dafür der Anteil an E-Autos zunehmen. Wird noch mehr Strom aus erneuerbaren Quellen verfahren, reiche er laut den Grünen trotz Ausbau der Photovoltaik nicht fürs Wohnen und Wirtschaften aus. Drittens sollen alle Emissionen aus der Landwirtschaft zusammen bis 2030 um nur 10 Prozent sinken, statt der Halbierung von Lachgas und 30 Prozent weniger Methan wie ursprünglich geplant. „Die Landesregierung schiebt damit den Klimaschutz auf die jungen Menschen bzw. die zukünftigen Generationen ab. Umso länger zugewartet wird, umso konfliktreicher und kostspieliger werden Klimaschutz und Anpassung an die Folgen“, so Madeleine Rohrer.
Ich finde das beschämend, denn es zeigt, dass dieser Landesrat für Umwelt die Pläne, die er selbst beschließt, anscheinend gar nicht kennt.
Der Plan habe von Version zu Version an Verbindlichkeit verloren. Das zeige sich unter anderem an der Rolle der Gemeinden. In der zur Konsultation freigegebenen Version von Ende 2021 hieß es noch, dass alle Gemeinden innerhalb 2024 einen Klimaplan haben oder die Gemeindefinanzierung werde gekürzt. Inzwischen wurde der Klimaplan zur „politischen Selbstverpflichtung“ herabgestuft und „dient daher als Orientierung; an ihm können die Strategien und insbesondere die Klimapläne auf Gemeinde- und Bezirksebene ausgerichtet werden“. Anders gesagt: Die Bürgermeister können sich fürs Klima einsetzen oder auch nicht. „Babyschritte reichen nicht. Ohne mutige Gemeinden wird Südtirol die Klimaziele nicht erreichen und seinen Wohlstand nicht halten können“, so Rohrer.
 

Zeit zu handeln

 
Der jüngste der drei Landtagskandidat*innen Zeno Oberkofler ist entsprechend besorgt: „Den vielen Fragestellungen, die im Klimaplan angesprochen werden, hätte man in diesen fünf Jahren eine Antwort geben müssen. Es waren fünf Jahre der Bewusstseinsbildung für die Landesregierung und fünf verlorene Jahre für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen.“
 
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Zeno Oberkofler: „Deshalb wird die nächste Legislaturperiode entscheidend sein.“ (Foto: Facebook)
 
Der fehlende Wille zum Handeln zeige sich etwa bei der Eskapade des Umweltlandesrates Giuliano Vettorato (Lega) bei der Fragestunde im Landtag vergangene Woche: „Das Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen, das laut Klimaplan eigentlich schon ab 2023 gelten sollte, ist zum Beispiel ein notwendiger, aber zugleich nicht ganz einfacher Schritt. Was ein Eingriff in die Planung von Tausenden von Haushalten in Südtirol darstellt, bezeichnet Landesrat Vettorato im Landtag auf die Anfrage von Brigitte Foppa als einen ‚Tippfehler‘. Ich finde das beschämend, denn es zeigt, dass dieser Landesrat für Umwelt erstens die Pläne, die er selbst beschließt, anscheinend gar nicht kennt und zweitens, dass er überhaupt keine Sensibilität gegenüber denjenigen hat, die ihre Heizung austauschen müssen und dringend Sicherheit in der Planung und der Finanzierung brauchen.“
Wären die Grünen nicht auf der Oppositionsbank, sondern in der Regierung würden die drei Landtagskandidat*innen auf einen kostenlosen oder zumindest sehr vergünstigten Personennahverkehr setzen, die Förderbeiträge für Wärmepumpen erhöhen und das Verfahren dafür vereinfachen, einen Transformationsfonds auf Landesebene einrichten und ein Klimaschutzgesetz beschließen.
 
Piazza Vittoria
Ein umgefallener Baum am Bozner Siegesplatz: Genau an dem Tag, als der Klimaplan vorgestellt wurde, sorgte ein heftiges Unwetter südtirolweit für Schäden. (Foto: Valentino Liberto / salto.bz)
 
„Die letzten Wetterepisoden in Südtirol zeigen eindrücklich die Veränderungen des Klimas auf. Deshalb wird die nächste Legislaturperiode entscheidend sein. Dafür brauchen wir Menschen, die sich mit diesem Thema auskennen und von den Vorteilen des gerechten Umbaus zum Entgegenwirken der Klimakrise überzeugt sind“, so Oberkofler. „Dafür ist eine Umschichtung der öffentlichen Gelder notwendig. Beispielsweise könnten beim neuen Gesetz zur Wasserkraft, das nächste Woche in den Landtag kommt, die Ufergelder für die Klimawende eingesetzt werden, etwa um Familien bei dem Umstieg auf Wärmepumpen zu unterstützen. Das wird überhaupt nicht mitgedacht“, so Foppa. Ihre Fraktion werde deshalb Beschlussanträge zum Wasserkraft-Gesetz einreichen, um Gelder für die Klimawende lockerzumachen.
Auch Umwelt- und Wirtschaftsverbände kritisierten den Klimaplan, andere Oppositionsparteien wie Movimento 5 Stelle und Team K vermissen wie die Grünen ausreichend konkrete sowie wirkungsvolle Maßnahmen.
Laut dem sechsten im März publizierten Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) müssen bis 2030, also in nicht weniger als sieben Jahren, drastische Maßnahmen zur Reduktion der ausgestoßenen Treibhausgase ergriffen werden, um die Temperatur auf 1,5 oder maximal 2 Grad Celsius zu beschränken, wie das Pariser Klimaabkommen vorsieht.
 
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Dietmar Nußbaumer Fr., 21.07.2023 - 22:19

Endlich sind "unsere" Grünen bei Thema angekommen und haben so für die nächsten zehn Jahre genug abzuarbeiten. Gut auch, dass sie begriffen haben, im Gegensatz zu Habeck, dass sich auch die Normalverdiener Klimaschutz leisten können müssen und dass man den Großteil der Bevölkerung überzeugen und mitnehmen muss. Das alles hat natürlich nur einen Sinn, wenn die EU mitmacht und sich auch die Konzerne, Aktionäre usw. ("das Kapital") sich nicht schleichen.

Fr., 21.07.2023 - 22:19 Permalink
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Josef Fulterer Sa., 22.07.2023 - 07:19

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Das KLIMA + die NATUR lassen sich n i c h t mit seidenen RECHEN-TRICKs + den lau-warmen Empfehlungen besorgter Politiker, von den zunehmenden Hagel-Schlägen mit immer größeren Eis-Klumpen + den punktuellen Regen-Fällen bis zu über 200 Millimeter + den Orkan-artigen Stürmen, die immer häufiger auch in Südtirol auftreten E R L Ö S E N!
Da braucht es schon kräftige progressive Steuern für den Ankauf und dem Betrieb, der fossieler-Energie-fressenden Ungeheuer auf den Straßen, in der Luft für die unsinnige Ferien-Fliegerei + der Strom-Erzeugung, für die Klimatisierung des übertrieben ver-GLAS-ten PFUSCHs der Gschaftl-Huberischen Architekten.

Sa., 22.07.2023 - 07:19 Permalink
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Josef Fulterer Mo., 24.07.2023 - 06:46

Das KLIMA hat F I E B E R - mit frommen Wahl-K(r)ampf-Sprüchen lässt sich ein Teil der Wähler herein-legen, das KLIMA aber ganz sicher nicht vom F I E B E R befreien!

Mo., 24.07.2023 - 06:46 Permalink