Politik | Kommentar

Alma mater felis

Die geplatzte Wahl von Andrea Felis kann man auch ganz anders lesen. Als erster Schritt einer längst notwendigen Abnabelung der Uni von der Politik.

Christian Tommasini liebt es die Welt in zwei Hälften einzuteilen. Jene Menschen, die für ihn und jene, die gegen ihn sind. Etwas anderes gibt es hinter der Brille des höchsten Südtiroler PD-Politikers anscheinend nicht.
Vor diesem Hintergrund wird auch die Reaktion Tommasinis auf die Nichtwahl seines politischen Schützlings Andrea Felis zum neuen Vizepräsidenten der Uni Bozen verständlich. Tommasini wertet den Schritt als Angriff auf sich und die italienische Sprachgruppe. Der PD-Politiker: „Das ist ein Putsch!"
Dass Christian Tommasini so etwas denkt, sei ihm belassen, dass der italienische Bildungslandesrat so etwas aber öffentlich sagt, ist fast schon mehr als peinlich. Von einem Landeshauptmann-Stellvertreter sollte man sich schon erwarten können, dass er das Statut der Freien Universität Bozen wenigstens kennt.

Der Nachhilfeunterricht

Am Donnerstag kam der Universitätsrat zu seiner konstituierenden Sitzung und zur Wahl seines Präsidenten zusammen. Die Universität ist eine autonome, unabhängige Körperschaft. Der Universitätsrat ist kein politisches Gremium, sondern ein technisch-strategisches Leitungsorgan, das ganz bewusst unpolitisch angelegt sein soll. Deshalb sind laut Statut eine Mitgliedschaft in diesem Gremium und ein politisches Mandat auch unvereinbar.
Vor allem aber geht Christian Tommasinis von absolut falschen Voraussetzungen aus. Denn es ist nicht die Landesregierung, die entscheidet, wer an die Spitze der Uni Bozen gewählt wird.
Der Unirat besteht aus sieben Personen. Einen Vertreter wählen die Studenten, ein Mitglied wird vom akademischen Senat ernannt und dazu kommt der Rektor als Rechtsmitglied. Die restlichen vier Mitglieder ernennt die Landesregierung. Es steht aber nirgends, dass die Landesregierung – wie etwa bei der Stiftung Sparkasse – den Präsidenten und seinen Stellvertreter namhaft macht.
Der Universitätsrat wählt aus seiner Mitte Präsident und Vizepräsident. Theoretisch hätte das Gremium auch ganz jemand anders zum Präsidenten wählen können als Konrad Bergmeister. In der Wahl des Stellvertreters standen zwei Kandidaten zur Wahl. Manuela Nocker und Andrea Felis. Der Universitätsrat hat sich in überwältigender Mehrheit für Nocker entschieden. Ist das ein Putsch?
Im Statut der Universität steht, dass der Präsident und sein Stellvertreter verschiedenen Sprachgruppen angehören müssen. Das ist der Fall: Bergmeister ist Deutscher, Nocker Ladinerin. Zudem dürfte die Wahl eines Mannes und einer Frau auch dem Geschlechterproporz entsprechen.

Der Bumerang

Natürlich wäre es naiv zu denken, dass diese Entscheidung zufällig so gefallen ist. Bereits zu Jahresbeginn hat der Universitätsrat bei der Landesregierung den Wunsch hinterlegt, man möchte den amtierenden Unirat für eine weitere Amtszeit bestätigen. Arno Kompatscher und die SVP waren damit einverstanden.
Nur Christian Tommasini wollte das Paket unbedingt aufschnüren. Der PD-Landesrat tat alles um den Vizepräsidenten Pietro Borgo durch einen seiner Partei-Schützlinge zu ersetzen. Tommasini setzte auf Biegen und Brechen Andrea Felis durch. Dass der Unirat diese Aktion nicht goutiert hat, kann man ihm nicht verdenken.
Man kann deshalb die Nicht-Wahl von Felis zum Vizepräsidenten durchaus auch als einen Akt des zivilen Ungehorsam des Unirates gegen die Landespolitik sehen, die sich ungeniert in die Personalentscheidungen der Hochschule einmischt. Mit dem Putsch-Argument verdeutlicht Christian Tommasini, dass da ein junger Mensch in den schlimmsten Kategorien des Polit- und Parteiproporzes verhangen bleibt. Und in einer Weltsicht in der es nur politische Befehlsempfänger zu geben hat.


Wenn man jetzt beklagt, dass die italienische Sprachgruppe die Vizepräsidentschaft der Universität verloren hat, dann ist das allein durch die Unbeherrschtheit des PD und seines höchsten politischen Repräsentanten passiert.

Auch die Tatsache, dass Andrea Felis jetzt ernsthaft über einen Rücktritt aus dem Unirat nachdenkt, gereicht dem gescheiterten Uni-Vizepräsidenten nicht zur Ehre. Das macht deutlich, dass es nicht um Reformen oder Inhalte geht, sondern um Posten.
Oder muss man Vizepräsident sein, um etwas zu tun?