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"Kriminelle Ausländer raus"

Mit diesem Slogan bzw. mit diesem Bild wird suggeriert, dass Ausländer kriminell sind. Dies ist Diskriminierung!
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Wahlplakat Südtiroler Freiheit
Foto: SALTO
  • „Kriminelle Ausländer raus“
    Mit diesem Slogan bzw. mit diesem Bild wird suggeriert, dass Ausländer kriminell sind.
    Dies ist Diskriminierung !
    Eine negative Zuschreibung wird verallgemeinert und eine Gruppe wird ungerechtfertigterweise abgewertet.
    Von rechtspopulistischen Kräften ist dies leider zu erwarten, denn diese nützen die Ängste der Menschen aus, um Zustimmung zu finden (Xenophobie, Angst vor dem Fremden, die unbegründet ist). Schlimmer ist aber, dass in unserem Land Südtirol in der vorherrschenden Presse eine entsprechende Hetzkampagne von statten geht. Mit kritischem Journalismus hat dies leider nichts zu tun, eher mit verwerflicher Propaganda.

    Beginnen wir mit dem Begriff „Ausländer“. Wen definieren wir als Ausländer ? Die betroffenen Personen können sehr unterschiedlich sein.
    Sind es jene ohne italienische Staatsbürgerschaft?
    Sind Ausländer (bzw. Italiener) zweiter Generation auch gemeint? Wie weit müssen wir in unseren Stammbaum zurückgehen? Dann sind wir ja alle Ausländer?
    Wie schaut es mit Touristen, Staatenlose und „kriminelle“ durchreisende Banden aus?

    Vergleiche und Statistiken sind immer mit Vorsicht zu genießen. Um aber das Bild der „kriminellen“ Ausländer etwas zurechtzurücken, führe ich das Ergebnis verschiedener wissenschaftlicher Studien aus verschiedenen Einwanderungsregionen in der Welt an. Darin wird festgehalten, dass Arbeitsmigranten - immerhin ca. 80% der Ausländer – (aber auch hier, wie wurden diese definiert ?) mindestens ebenso gesetzeskonform sind, wenn nicht sogar mehr, als die lokale vergleichbare Bevölkerung. Also müssten wir nur allen „Ausländern“ eine Arbeit geben und schon ist das Problem (wenigstens im Vergleich mit der lokalen Bevölkerung) gelöst? Leider ist es nicht so einfach.

    Schauen wir uns nun aber kurz einen anderen Aspekt an. Wie kommt es, dass jemand kriminell wird? Anbei ein paar ausgewählte wissenschaftliche Theorien, die dies zu erklären versuchen:
     

    • Anomietheorie:

    Wenn das System der gesellschaftlichen Bedürfnisse und der Möglichkeiten zu deren Befriedigung in Ungleichgewicht gerät, fördert dies abweichendes Verhalten.
    Migranten, die sich (auch aufgrund der rigorosen Migrationsgesetzgebung) ohne gültige Papiere auf der Straße befinden, können weder einer geregelten Arbeit nachgehen, noch eine offizielle Wohnung beziehen. Sie sind fern von ihrer Heimat und ihrem sozialen Umfeld. Sie befinden sich in einer äußerst anomischen Situation und können ihre Bedürfnisse kaum mit regulären Mitteln abdecken.
     

    • Subkulturtheorien:

    Deviantes Verhalten wird von bereits kriminellen Mitgliedern des sozialen Umfeldes gelernt. Der Zugang zur Verbrecherszene und illegalen Mitteln erhöht die Wahrscheinlichkeit, diese anzuwenden, um seine Bedürfnisse zu befriedigen.
    Je mehr Migranten auf der Straße landen ohne Möglichkeit sich eine reguläres Leben aufzubauen, desto mehr werden sie „gezwungenermaßen“ in einem solchen „kriminellen“ Umfeld aufgenommen und dort „sozialisiert“.
     

    • Etikettierung

    Abweichendes Verhalten ist keine Eigenschaft einer Person oder einer Handlung, sondern das Ergebnis der Bewertung durch die Gesellschaft.
    Durch Vorurteile können Migranten aufgrund von Selektionierungsprozessen leichter als „kriminell“ etikettiert werden. Wenn ich zum Beispiel dreimal soviel Migranten durch die Ordnungskräfte kontrolliere, so wird die Anzahl der eventuellen Normverstöße bei den Migranten größer sein. Somit wurde das Vorurteile des kriminellen Migranten mit „Fakten“ bestätigt.
     

    • Sozialisierung bzw. kriminelle Karriere

    Wenn eine Person – aus welchen Grund auch immer – als kriminell „registriert“ bzw. abgestempelt wird, tritt eine gewisse „Eigendynamik“ hinzu. Der Person wird es zunehmend schwieriger gemacht, sich konform bzw. „ordnungsgemäß“ zu verhalten. Mit der Zeit wird diese Zuschreibung zudem ins Selbstbild übernommen und der Betroffene wird sich nun so kriminell verhalten, so wie es von ihm erwartet wird.
    Wenn wir die Migranten als „Kriminelle“ behandeln, werden sie sich früher oder später dieser „Rolle“ fügen. Repression (Gefängnis) und Ausgrenzung werden diese Identifikation verstärken.
     

    Wenn wir also aufgrund der „ausländerfeindlichen“ Gesetzgebung immer mehr Migranten haben, die ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung auf der Straße leben (ohne geregelte Arbeit und Unterkunft, da sie ja illegal im Land sind und es eigentlich verlassen müssten), leben diese in einem stark anomischen Umfeld. Diesen Menschen wird misstrauisch begegnet, sie werden zusätzlich als kriminell etikettiert und schlussendlich werden sie auch in ihrem neuen Umfeld auf der Straße entsprechend eingewiesen bzw. sozialisiert. Die „Ausländer“ werden in der Folge auch die Zuschreibung als Krimineller in ihr Selbstbild übernehmen, sie werden sich gegenseitig unterstützen und ein kriminelles Milieu schaffen.

    Dieser „unser“ Umgang mit Ihnen schafft die Voraussetzungen, die ein Abgleiten in die Kriminalität begünstigen. Sind sie dann kriminell, bestätigt dies „unser“ Vorurteil und auch unsere Handlungen. Daher sind nicht „grundsätzlich“ die Ausländer bei uns kriminell sondern wie wir mit Ihnen umgehen ist „kriminell“.

    Mit diesem Artikel möchte ich nicht eine neue Migrationsflut willkommen heißen. (Hier sei aber vermerkt: von einer „Flut“ sind wir noch Lichtjahre entfernt). Denn die Migranten müssen integriert werden, und dies ist ein sehr schwieriger Prozess, zu dem wir „noch“ nicht bereit sind. 
    Provozierende Bemerkung: für Christen mit praktizierender Nächstenliebe wäre dies vielleicht kein Problem, aber wir haben ja mittlerweile einen anderen „monetären“ Gott.

    Wie sollten wir also mit der Migration umgehen? 
    Als provokante Antwort möchte ich dies vorschlagen: da unser Wohlstand auf Kosten der Menschen und Länder der „dritten“ Welt geht bzw. basiert (Ressourcen, Arbeitskräfte, … usw.), sollten wir Ihnen die Hälfte unseres Monatslohnes als Entschädigung überweisen. Ich denke, dann bleiben die Meisten dort, wo sie bisher waren, wo ihr Zuhause ist und welches es hoffentlich bleiben wird (falls die Klimaerwärmung, die auch wiederum wir verursachen, dies zulässt).