Wirtschaft | IDM

Operation rückgängig

Im Koalitionsvertrag steht auch ein Satz, mit dem der Landtagsbeschluss zur Zerschlagung der IDM rückgängig gemacht wird. Michl Ebner und das Team K werden ausgebremst.
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Foto: IDM
  • Paul Köllensperger ist kein Hellseher, sondern ein Realist. 
    Es ist klar, dass hier auf Zeit gespielt wird, um das auszusitzen, bis die Legislatur abgeschlossen ist. Die nächste Regierung wird so tun, als ob es das nie gegeben hätte“, sagt der Kopf des Team K am 6. Juni 2023 im Landtag, Köllensperger geht in seiner Replik auf die Beantwortung einer Landtagsanfrage aber noch weiter: „Ich stelle weiterhin fest, dass alles versucht wird, um diesen Antrag nicht umzusetzen. Deshalb werde ich diese Frage immer wieder stellen, bis die Legislatur fertig ist.“ 
    Die Legislatur ist inzwischen beendet und Paul Köllensperger kann sich jetzt seine Frage wirklich ersparen. Denn der Oppositionspolitiker hat mit seiner Analyse vor sieben Monaten genau ins Schwarze getroffen
    Das wird klar, wenn man sich das Koalitionsprogramm der neuen Landesregierung genauer anschaut. Denn auf den 54 Seiten findet sich auch ein unscheinbarer Satz und Passus, mit dem ein Beschluss des Landtages, der besonders Aufsehen erregt hat, kurzerhand wieder rückgängig gemacht wird. Es geht dabei um die geplante Neuausrichtung der IDM

  • Streit mit der Handelskammer

    Handelskammerpräsident Michl Ebner: Eine Forderung, die alles andere als uneigennützig ist. Foto: SALTO

    Seit Jahren gibt es Kritik an der Arbeit und dem Organisationsmodell der IDM. Sowohl die Touristiker als auch die Wirtschaftstreibenden sind mit der gemeinsamen Dachgesellschaft unzufrieden. Obwohl das Unternehmen zumindest auf dem Papier zu 60 Prozent dem Land und zu 40 Prozent der Südtiroler Handelskammer gehört, ist ausgerechnet die Spitze der Handelskammer mit der Performance der IDM alles andere als zufrieden. Handelskammerpräsident Michl Ebner fordert deshalb seit langem eine Ausgliederung der Exportförderung und gewisser Marketingbereiche aus der IDM. Diese Bereiche soll jetzt die Handelskammer wieder übernehmen. Es ist eine Forderung, die alles andere als uneigennützig ist. Ist die IDM doch mehrmals mit Projekten der Geschäftsstrategie des mächtigen Athesia-Konzerns in die Quere gekommen. Auch die Tatsache, dass die IDM immer mehr Werbegelder im Ausland investiert und damit dem Ebner-Verlag zusehends Einnahmen wegbrechen, missfällt dem amtierenden Handelskammerpräsidenten zusehends.

  • Der Höhepunkt dieser Auseinandersetzung ist die Entscheidung der Handelskammer im vergangenen Herbst aus der IDM auszusteigen. So ratifiziert von wenigen Wochen von der Gesellschafterversammlung der IDM.
    Es ist eine Entscheidung, die aber auch aufgrund eines Landtagsbeschlusses gefallen ist, der in jene Richtung geht, die Michl Ebner und die Handelskammer anvisiert haben.

  • Die Zerschlagung

    Team K-Chef Paul Köllensperger: „Die nächste Regierung wird so tun, als ob es das nie gegeben hätte.“ Foto: SALTO

    Im Oktober 2022 bringen Paul Köllensperger und das Team K im Südtiroler Landtag eine Beschlussantrag zur „Auflösung und Neuausrichtung IDM“ ein. Es ist ein Vorschlag, der einer Zerschlagung der IDM gleichkommt.  Die Zuständigkeiten der öffentlichen Körperschaft sollen aufgeteilt werden. 
    Die IDM selbst soll als Tourismus – Marketing Dienstleister für den Tourismus in Südtirol zur Verfügung stehen. Hauptziel dabei soll es sein, nicht neue Touristenströme nach Südtirol zu locken, sondern Tourismus-Management und Lenkung der Besucherströme zu betreiben. 
    Die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Export und das Agrarmarketing sollen an die Handelskammer übertragen werden. Alle mit Innovation verbundenen Projekte sollen hingegen im NOI Techpark zusammengefasst werden.

  • Als dieser Beschlussantrag am 9. November 2022 im Landtag behandelt wird, kommt es zur Überraschung. Bereits in der Diskussion wird klar, dass es innerhalb der Mehrheit und innerhalb der SVP in dieser Frage arge Meinungsverschiedenheiten gibt. Während Landeshauptmann Arno Kompatscher den Beschlussantrag als Aktion gegen sein IDM-Projekt sieht, sprechen sich einige aus der SVP für den Beschlussantrag der Opposition aus. Böse Zungen behaupten, dass Michl Ebner persönlich gar einige Landtagsabgeordnete vor der Abstimmung kontaktiert habe. Mehrmals verlangt SVP-Obmann und Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer an diesem Tag eine Sitzungsunterbrechung. 
    Am Ende wird der Beschussantrag völlig überraschend angenommen. Mit einer kleinen Änderung, dass jetzt von einer Reform die Rede ist, nicht mehr von einer Auflösung.

  • Beibehaltung der Zuständigkeiten

    Diese Reform wird formell zwar angegangen, kommt aber nie wirklich vom Fleck. Man leitet einen Analyseprozess ein, dessen vordergründiger Sinn in Wirklichkeit das Aussitzen des Beschlussantrages ist. So führt man etwa Gespräche mit den Wirtschaftsverbänden, die fast ein Jahr in Anspruch nehmen.
    Augenscheinlich wird das, als Paul Köllensperger im Jahr 2023 mehrmals im Landtag nach den Ergebnissen dieses Analyseprozesses nachfragt. Doch eine Antwort oder gar ein Ergebnis wird ihm nie gegeben.
    Diese Antwort steht jetzt aber im neuen Regierungsprogramm. Dort heißt es im Kapitel Wirtschaft wörtlich:

    IDM bleibt Dienstleister für das Land und seine Wirtschaftstreibenden. Die Organisation, die sich besonders um die Vermarktung der Destination sowie seiner Produkte und Dienstleistung unter Nutzung der Brückenfunktion kümmert, wird entsprechend dem bereits erarbeiteten Reorganisationspapier unter Beibehaltung der Zuständigkeiten in einigen Punkten optimiert.“ 

  • IDM-Passus im Koalitionsprogramm: Genau das Gegenteil des Beschlusses, den der Landtag vor 15 Monaten gefasst hat Foto: SALTO
  • Es ist genau das Gegenteil des Beschlusses, den der Landtag vor 15 Monaten gefasst hat. Die Erklärung besagt, dass man der IDM alle Zuständigkeiten belassen wird.
    Man darf gespannt sein, wie das Team K und vor allem die Handelskammer auf diesen verspäteten Neujahrs-Böller aus der neuen Regierungsmehrheit reagieren werden.

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Salto User
Cicero

Ich bin weder ein großer Freund von Paul Köllensperger und noch viel weniger von Michl Ebner und "seiner" Handelskammer aber Fakt ist, dass einem ziemlich eindeutig formulierten, mehrheitlich demokratisch angenommenen Beschlussantrag des Südtiroler Landtages vonseiten der Landesregierung in keiner Weise Folge geleistet wurde. Das demokratiepolitische Bild, dass man hier zum wiederholten Male abgibt, soll jeder für sich beurteilen.

Di., 09.01.2024 - 15:19 Permalink
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Salto User
nobody

Wow. Das kann man sich auf der Zunge zergehen lassen. Mehr Macchiavelli geht gar nicht (der hätte da noch viel zu lernen). Für die Gläubigen: Das nennt man Demokratie.

Di., 09.01.2024 - 21:29 Permalink

Wiedereinmal ihr " Kind"IDM gut verteidigt und ausgesessen HERR KOMPATSCHER. Solche Aktionen werden ihnen in Zukunft mit den " fratelli" vergehen! Warum steht im neuen Koalitionsprogramm,zwecks AUTONOMIE nichts KONKRETES?

Mi., 10.01.2024 - 07:25 Permalink