Politik | Aus dem Blog von Thomas Benedikter

Kür des LH-Kandidaten der SVP

Direktwahl der gesamten Exekutive als Alternative zum internen SVP-Showdown: Die Basiswahl des LH-Kandidaten der SVP ist, wie vermutlich beabsichtigt, zur groß inszenierten Polit-Show geworden, die die Landtagswahlen vorwegnimmt. Die immer noch starke Schieflage im Südtiroler Parteiensystem mit dem fraglos unterstellten SVP-Machtabonnement, die medial erzeugte Fixierung auf einige wenige Politiker und das Wahlsystem machen's möglich.
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Der Verzicht von Richard Theiner hat dem ganzen Vorwahlkampf viel an Spannung genommen, doch zumindest einem enormen Risiko dieser Primärwahl geht die SVP mit dem absehbaren Erfolg von Kompatscher bei der Basiswahl aus dem Weg, nämlich: wäre Theiner bei den Basiswahlen unterlegen, hätte aber bei der Landtagswahl mehr Stimmen erhalten als Kompatscher, wäre unweigerlich die Frage aufgetreten: wer bestimmt eigentlich den Südtiroler Landeshauptmann oder Landeshauptfrau? Wie jetzt von der SVP vorgeführt, wird ein LH-Kandidat halbwegs von der Basis einer einzigen Partei für dieses Amt legitimiert, in der gerade rund 1/7 der Südtiroler eingeschrieben sind, nicht jedoch notwendigerweise durch die Präferenzen der Wähler insgesamt. Im Gegenteil: die Vorzugsstimmenverteilung bei den Wahlen würde geradezu übergangen. Natürlich kann jede Partei ihren LH-Kandidaten benennen und grundsätzlich ist das Rennen offen. Doch bei der heutigen Vormacht der SVP birgt dieses Verfahren ein Legitimationsproblem, das zum Nachdenken über das gesamte Wahlsystem führen muss.

Das Wahlsystem

In der Tat ist das Wahlsystem für die Landtagswahlen weit revisionsbedürftiger als es das Reförmchen der Landtagsmehrheit Anfang dieses Jahres vermuten ließ. Für Südtirol überfällig ist die Stärkung der Rolle des Landesparlaments und die Trennung der Wahl von Exekutive und Legislative durch Direktwahl der Landesregierung mit eigenem Stimmzettel. Die Wahl der Politikerpersönlichkeit, die für 5 Jahre die Regierung führt, muss die gesamte Wählerschaft treffen, nicht bloß die SVP-Basis, gleichzeitig, aber getrennt von der Wahl der Abgeordneten zum Landesparlament. Wenn schon Direktwahl des LH, dann muss das Feld geöffnet werden für alle Kandidaten, auch parteiunabhängige Persönlichkeiten. Dabei müssen die Wähler die Zusammensetzung der gesamten Landesregierung bestimmen können, nicht nur einen "Landesfürsten", der sich seine Regierungsmitglieder selbst aussucht. Wird dadurch das Land nicht unregierbar, weil ein LH einer nicht wohl gesonnen Mehrheit im Landtag gegenüber stehen kann? Nein, in allen Kantonen der Schweiz wird so gewählt und von Unregierbarkeit ist nichts zu sehen.

Direktwahl? Beispiel Schweiz

Die Mitglieder der 26 Kantonsregierungen, die 5-7 Mitglieder zählen, werden in direkter Volkswahl alle 4 Jahre gewählt. Der Regierungspräsident wechselt alle Jahre oder alle 2 Jahre. Es ist ein Amt, ohne sonderlichen Vollmachten, Privilegien und Sonderfonds. Die unerträgliche Fokussierung auf die Person des künftigen LH, die bei uns in den letzten Wochen und Monaten betrieben wird, wäre damit vom Tisch. Alle Parteien schlagen Kandidaten für die Kantonsregierung vor, gewählt wird nach dem Mehrheitswahlrecht. Am Ende entsteht eine klare Reihung von Gewählten, die fast überall 3, 4 oder gar 5 verschiedenen Parteien angehören. So z.B. gehören die fünf Regierungsmitglieder Graubündens vier verschiedenen Parteien an. Die Direktwahl der gesamten Südtiroler Landesregierung - mit Mandatsdauerbeschränkung und Rotation des Vorsitzes - wäre somit eine echte Alternative zur demokratisch fragwürdigen Kür eines Landesfürsten durch die Basis einer einzigen Partei 6 Monate vor der eigentlichen Landtagswahl.

Thomas Benedikter, Frangart