Kompatscher, Achammer, Amhof, SVP
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Politik | Demokratie

SVP - So Verhunzt man Politik

Nach dem unwürdigen Schauspiel im Landtag hat die SVP-Fraktion jetzt im Regionalrat ein zweites Mal vorgeführt, wie man parlamentarische Grundregeln mit Füßen treten kann.
  • Hunderte von Schülern besuchen jährlich den Südtiroler Landtag. Die Professoren begleiten die Klassen in das Südtiroler Parlament, um den Heranwachsenden anschaulich zu machen, wie Demokratie und Parlamentarismus funktioniert. 
    Jetzt aber wird es nötig sein, ein Schild am Eingang des Landtages und auch des Regionalrates in Trient anzubringen. Darauf sollte die Aufschrift zu lesen sein: “Achtung: Der Besuch dieser Räumlichkeiten könnten ihrer demokratischen Grundüberzeugung und dem Glauben an den Parlamentarismus ernsthaften und bleibenden Schaden zufügen”. 
    Diese Warnung sollte man  – ähnlich wie auf den Zigarettenpackungen – mit einem Foto illustrieren. Darauf zu sehen: die SVP-Fraktion.
    So kann man das beschreiben, was in den vergangenen Wochen im Südtiroler Landtag und im Regionalrat passiert ist. Die Fraktion der Südtiroler Volkspartei hat vorgemacht, wie man parlamentarische Grundregeln mit Füßen treten kann. Ohne sich dafür zu schämen. 

     

    “Die SVP-Bühne hat nach dem peinlichen Schauspiel im Landtag jetzt eine Zugabe und Zusatzvorstellung dieses politischen Schmierentheaters im Regionalrat aufgeführt.” 

     

    Im Gegenteil: Mann und Frau scheinen unterm Edelweiss unbelehrbar zu sein. 
    Die SVP-Bühne hat nach dem peinlichen Schauspiel im Landtag jetzt eine Zugabe und Zusatzvorstellung dieses politischen Schmierentheaters im Regionalrat aufgeführt. 
    Damit wird klar, dass die Beschädigung der eigenen politischen Glaubwürdigkeit inzwischen zur Nachhaltigkeitsstrategie der Volkspartei gehört.

     

    Der 1. Akt der Peinlichkeit kommt am 1 Februar 2024 im Südtiroler Landtag zur Aufführung. Auf der Tagesordnung steht die Wahl des Landtagspräsidenten und-Vizepräsidenten. Eigentlich soll an diesem Donnerstagvormittag Arnold Schuler zum Landtagspräsidenten gekürt werden. 
    Doch sowohl im ersten als auch im zweiten Wahlgang verfehlt der designierte Präsident die absolute Mehrheit. Damit ist klar: Es gibt innerhalb der SVP und der Regierungskoalition einige Heckenschützen, die dem Gegenkandidaten Sepp Noggler ihre Stimme geben.
    Am Nachmittag folgt der dritte Wahlgang. Es kommt zur Stichwahl zwischen Arnold Schuler und Sepp Noggler. Noch vor der Abstimmung werden die Vertreter der Mehrheitsparteien auf einer Fraktionssitzung auf Schuler eingeschworen. Doch damit nicht genug: Man fasst auch einen völlig wahnwitzigen Plan.

  • Südtiroler Landtag: Premiere des peinlichen Schauspiels Foto: Seehauserfoto
  • Um Heckenschützen zu verhindern, soll Präsidialsekretär Franz Locher bei jedem Stimmzettel der Mehrheitsmitglieder kontrollieren, ob denn auch "Schuler" draufsteht. So will man die eigenen Leute an der Stange halten.
    Was dann im Landtag passiert, ist ein fast schon surreales Schauspiel. Die Abstimmung beginnt und es stimmen Philipp Achammer, Daniel Alfreider, Magdalena Amhof und der Lega-Landesrat Christian Bianchi ab. Alle vier öffnen vor dem Einwerfen in die Urne ihren Stimmzettel und zeigen diesen Franz Locher, der kontrolliert, ob wirklich "Schuler" draufsteht.

     

    Die Wahl des Landtagspräsidenten ist eine geheime Wahl. Im Landtag hat man bereits vor Jahren eine geschlossene Wahlkabine aufgestellt, damit niemand das Wahlverhalten der einzelnen Abgeordneten nachvollziehen kann. Damit ist von Anfang an klar, dass dieses Verhalten nicht nur eine Provokation ist, sondern auch ein klarer Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Landtages. 
    Nach einem Zwischenruf von Sven Knoll kommt es zu einem Aufstand der politischen Minderheit im Landtag. SVP-Obmann Philipp Achammer versucht zwar allen Ernstes mit einer Wortmeldung, dieses unwürdige Schauspiel noch zu rechtfertigen, doch Interimspräsident Franz Ploner bricht den Urnengang ab. Und lässt die Wahl wiederholen.

     

    Diese Vorgangsweise ist ein Tiefpunkt in der Geschichte des Südtiroler Parlamentarismus. Doch man war davon ausgegangen, dass es sich um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt hat, entstanden im Eifer des Gefechts und im SVP-Gesellschaftsspiel „Arno Kompatscher eins auswischen“. 
    Jetzt aber wird klar, dass das nicht der Fall ist.

  • Regionalrat: SVP-Schmierentheater Folge 2 Foto: SALTO/Val
  • Denn am Mittwoch hat sich genau dasselbe unwürdige Schauspiel im Regionalrat wiederholt. Diesmal ging es um die Wahl Arno Kompatschers zum Präsidenten der Regionalregierung. Auch hier fehlten im ersten Wahlgang mindestens vier Stimmen aus der Mehrheit.
    Im zweiten Wahlgang dann öffnen drei SVP-Abgeordnete ihre Stimmzettel vor dem Einwerfen in die Urne. Sie zeigten damit in Richtung SVP-Fraktionssprecher Harald Stauder offen ihr Wahlverhalten. Es ist genau jene Kontrollaktion, die man bereits vor sechs Wochen im Südtiroler Landtag durchziehen wollte.
    Und es kommt zum Déjà-vu.
    Nach heftigen Protesten von Maria Elisabeth Rieder, Franz Ploner (beide Team K) und Sven Knoll (Südtiroler Freiheit) annulliert der Präsident des Regionalrates, Roberto Paccher, den Wahlgang und lässt die Wahl wiederholen. Im dritten Wahlgang wird Kompatscher dann gewählt.

     

    „Demnächst sollte man in der „Silvius Magnago Akademie“ für die SVP-Mandatare einen Schnellkurs in Bürgerkunde anbieten.“

     

     

    Dass eine stolze Regierungspartei gleich zweimal zu solchen Methoden greift – die fast schon an Putins Russland erinnern – ist mehr als nur bedenklich.
    Demnächst sollte man in der „Silvius Magnago Akademie“ für die SVP-Mandatare einen Schnellkurs in „Bürgerkunde“ anbieten.
    Vielleicht ist es noch nicht zu spät.