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Foto: Elisabeth Hölzl
Gesellschaft | kalašnikov&valeriana

Abtreibungsrechte quer durch die Welt

Zwischen konservativem Kulturkampf gebündelt mit Rechtsruck einerseits und Entkriminalisierung der Schwangerschaftsabbrüche und Liberalisierung andererseits.
  • Der 8. März ist für mich in erster Linie Frauenkampftag, wie eigentlich jeder Tag im Jahr, nur ein bisschen öffentlichkeitswirksamer. Wenn ich die platte Rhetorik des FrauenFESTtages höre, stellen sich mir allerdings die Haare zu Berge. Heuer habe ich den Internationalen Frauentag tatsächlich gefeiert. Dazu gab es mehrere Gründe, vor allem aber die großartige Neuigkeit aus Frankreich: Dort gab es kürzlich einen Paukenschlag mit einer Verfassungsänderung. Der französische Senat stimmte zu,  Frauen „die Freiheit, eine Schwangerschaft abzubrechen“  verfassungsrechtlich einzuräumen. Eine bahnbrechende Entscheidung als Antwort auf die zahlreichen Demos der letzten Jahre und als Antwort auf die Entwicklungen zu diesem Thema in den USA. 2022 hatte der Oberste US-Gerichtshof das bestehende bundesweite Recht auf Schwangerschaftsabbruch aufgehoben. Als Folge davon wurden bereits in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten Abtreibungen verboten oder stark eingeschränkt.

    Nirgendwo sonst auf der Welt wird das Abtreibungsrecht durch die Verfassung garantiert und selbst, wo es entsprechende Gesetze gibt, zeigt uns die Gegenwart, wie schnell diese durch einen konservativen Kulturkampf gekippt werden können. In Ungarn zum Beispiel. wurden 2022 die entsprechenden Regelungen verschärft. Die aktuelle Verfassung sieht vor, dass der Fötus von der Befruchtung an zu schützen sei. In Polen ist ein Schwangerschaftsabbruch zur Zeit nur im Falle einer Vergewaltigung oder eines Inzests legal, oder wenn Leben oder Gesundheit der Frau akut in Gefahr sind.

    Wenn es also auf der einen Seite einen unbestreitbaren konservativen Kulturkampf, gebündelt mit einem Rechtsruck gibt, so wird auf der anderen Seite doch eine Entkriminalisierung der Schwangerschaftsabbrüche und eine progressive Entwicklung Richtung Liberalisierung versucht. Zum Beispiel gilt in Spanien seit 2023 ein entsprechender Rechtsanspruch. Irland hat 2018 mit einem Referendum eines der strengsten Abtreibungsverbote Europas aufgehoben und selbst das ultrakonservative Malta lockert schüchtern das bislang totale Abtreibungsverbot, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist.

    Ein progressiver Geisterfahrer ist Kanada: Dort wurde das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch 1988 ersatzlos gestrichen. Seitdem gibt es keinerlei Einschränkungen durch Fristen, Alter oder andere Bedingungen, das heißt die Abtreibung gilt als gewöhnliche medizinische Versorgung. 

    Bis zu einer Handhabe wie in Kanada ist es ein weiter Weg und, es heißt, wachsam zu bleiben. Vor allem uns Frauen ist die Bedeutung des Abtreibungsrechtes für unsere Leben bewusst, aber genauso die Tatsache, dass gerade dieses Recht ein guter Indikator für das Niveau von Frauenrecht und Selbstbestimmung ist!

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Graf von Rothpeiler Mi., 20.03.2024 - 12:32

Wie wäre folgendes Modell?

Abtreibung ist gesetzlich erlaubt, es steht aber jedem frei, Abtreibung moralisch zu verurteilen. Wer abtreiben will, kann das machen, muss aber auch selbs für die Kosten aufkommen und damit leben, wenn andere Menschen den Vorwurf machen, man habe einen Embryo, also einen kleinen Menschen, umgebracht.

Dieses Szenario trifft die Realität am besten, denn es werden sowohl das Selbsbestimmungrecht der Frau als auch die moralische Problematik von Abtreibung assoziiert.
Man muss halt auch mit den Konsequenzen leben. Es steht außer Frage, dass für die allermeisten Frauen eine Abtreibung keine leichte Entscheidung ist. Trotzdem haben Entscheidungen Konsequenzen. Wer abtreibt, darf sich also nicht wundern, wenn er von manchen Mitmenschen kein Schulterklopfen sondern Kritik erntet. Immerhin geht es hier nicht darum, ein Paar Schuhe wegzuwerfen, deren Farbe einem nicht gefällt, sondern um ein Menschenleben.

Mi., 20.03.2024 - 12:32 Permalink