Politik | Overtourism

10 Euro pro Gast und Nacht

Nicht weniger als 10 Euro pro Gast und Nächtigung sollen die Beherbergungsbetriebe in Zukunft zahlen – zumindest wenn es nach Team K-Chef Paul Köllensperger geht.
Paul Kollensperger
Foto: Team K
  • „Südtirols Natur generiert Reichtum. Alle müssen was davon haben“ – unter dieser Überschrift hat Paul Köllensperger, Gründer und Sprecher des Team K, vor Kurzem einen Beschlussantrag eingereicht. Darin fordert er die Einhebung eines verpflichtenden Beitrages – zusätzlich zu der bereits bestehenden Aufenthaltsabgabe – von den touristischen Beherbergungsbetrieben, und zwar nicht weniger als zehn Euro durchschnittlich pro Gast und Nacht. Eingehoben werden soll dieser Beitrag der Gäste „als Entschädigung für die Verwendung unseres Allgemeingutes Natur“. Köllensperger argumentiert, dass „unsere Natur, die Berge, das Wasser, die Luft“ Allgemeingut sei und damit allen Bürgern und Bürgerinnen gehöre. „Und diese unsere Natur ist so einzigartig, dass mehr als acht Millionen Urlauber aus aller Welt sie jedes Jahr sehen möchten. Und so boomt das Geschäft mit den Touristen in Südtirol – genau wegen der Einzigartigkeit dieses Allgemeingutes Natur, und am stärksten in den Gegenden, wo sie besonders beeindruckend ist: in den Dolomiten“, erklärt der Team K-Chef.

  • Blick auf die Dolomiten: Sollen die Touristen in Zukunft mehr dafür zahlen? Foto: © Oswald Stimpfl
  • Reiche Unternehmer — arme Südtiroler

    Laut Köllensperger ist es in erster Linie geschickten Unternehmern zu verdanken, dass in Südtirol ein florierender Tourismussektor besteht, der in den meisten Gegenden gute Profite abwirft. Zwar würden auch andere Wirtschaftszweige wie die Gastronomie und das Handwerk vom Tourismus profitieren, doch die Allgemeinheit, die Südtiroler Bürgerinnen und Bürger hätten bis heute wenig davon, „weil für das Allgemeingut Natur, als grundlegender Produktionsfaktor des Tourismus, kaum etwas bezahlt wird“. Daraus ergebe sich für ihn die Frage, ob die Tourismuswirtschaft für die unternehmerische Vermarktung und Monetarisierung des Allgemeingutes Natur als Produktionsfaktor ausreichend zur Kasse gebeten werde. 

  • Paul Köllensperger, Sprecher und Chef des Team K: „Der Tourismus soll nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werden, sondern er soll Geld für alle produzieren – indem wir die Nutzung unserer Natur angemessen monetisieren.“ Foto: Seehauserfoto

    Derzeit werde von den Beherbergungsbetrieben pro Gast und Nacht als Steuersubstitut lediglich eine Gemeindeaufenthaltsabgabe, die sogenannte Ortstaxe, zwischen 0,5 und fünf Euro pro Kopf und Nacht eingehoben. „Die acht Millionen Gäste mit ihren rund 35 Millionen Nächtigungen haben dabei nicht nur das Privileg, unsere Natur zu genießen, aber sie produzieren auch eine Belastung, als ob es in Südtirol eine zweite Stadt Bozen gäbe, in Bezug auf Abfall, Wasserkonsum, Kläranlagen, CO2, in Südtirol verbrachte Nächte“, so Köllensperger. Dieser Ressourcenverbrauch und die Vermarktung der Natur seien mit der heute gültigen Ortstaxe jedoch bei Weitem nicht abgegolten. Während  einige Unternehmen im Tourismus ausgezeichnete Gewinne einfahren würden, hätten die einfachen Bürgerinnen und Bürger nicht nur herzlich wenige Vorteile, sondern spürten, gerade in den letzten Jahren des Overtourismus, die negativen Folgen des Touristen-Stroms. Dazu zählten die überfüllten öffentlichen Verkehrsmittel während der Hochsaison sowie die hohen Wohnungs- und Mietpreise. „Langsam kippt auch hierzulande die vormals gute Tourismusgesinnung der Menschen“, befürchtet Köllensperger mit Verweis auf die Kanaren, wo derzeit Demonstrationen gegen den Massentourismus stattfinden. 

     

    „Langsam kippt auch hierzulande die vormals gute Tourismusgesinnung der Menschen.“

     

    „Der Tourismus soll nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werden, sondern er soll Geld für alle produzieren – indem wir die Nutzung unserer Natur angemessen monetisieren“, so Köllensperger, der die Einhebung einer zusätzlichen Abgabe zur heutigen Ortstaxe fordert, „in einem Ausmaß pro Kopf und Nacht, der nicht weniger als weitere zehn Euro im Durchschnitt ausmacht. Die Taxe sollte natürlich proportional zum Nächtigungspreis, und deshalb in Prozenten des Zimmerpreises ausgedrückt sein“. Dies sei in einem Hochpreisland wie Südtirol absolut zumutbar. Ein Problem für die Gastbetriebe in Südtirol sieht der Team K-Chef nicht: Diese könnten trotzdem ohne Probleme am Markt im Wettbewerb bestehen, auch weil sie ja nicht direkt zur Kasse gebeten werden sollen, sondern die Touristen. Dass bei manchem Touristen ein Umdenken stattfinden und er sich gegen einen Urlaub in Südtirol entscheiden könnte, ist von Köllensperger offenbar gewollt und hier beginnt die Argumentation auch zu hinken, denn die Beherbergungsbetriebe werden alle über einen Kamm geschoren: Für manche Betriebe mögen weniger Gäste kein Problem sein, für andere ist es eine wiederum eine Existenzfrage. 

    Was Köllensperger jedoch positiv hervorhebt sind die zusätzliche Einnahmen, die sich dadurch für den Landeshaushalt ergeben würden. Bei 35 Millionen Nächtigungen wären dies immerhin 350 Millionen Euro pro Jahr und 3,5 Milliarden in zehn Jahren. Klare Vorstellungen hat der Team K-Chef bereits, wie diese Gelder verwendet werden sollen: für Maßnahmen zugunsten unserer Bürgerinnen und Bürger. „Die Diskussionen über die Co-Finanzierung der Pflegesicherung, nur um ein Beispiel zu nennen, könnte damit überflüssig werden. Ebenso könnte der Wohnbau für Ansässige damit finanziert oder die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos angeboten werden. Die Gäste, die unser Allgemeingut Natur nützen und genießen, müssen dafür angemessen zahlen und die Südtiroler und Südtirolerinnen müssen unmittelbar und angemessen davon profitieren. Weil Südtirols einzigartige Landschaft nicht unter Wert verkauft werden darf und alle Südtirolerinnen und Südtiroler zu Gewinnern durch den Tourismus werden müssen!“