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„Es hat sich was verschoben“

Der EU-Wahlkampf in Österreich wurde von einem Thema dominiert – der Sozialkompetenz der grünen Spitzenkandidaten Lena Schilling.
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Österreich
Foto: © Mg
  • Draußen ist schon wieder was passiert. Oder besser gesagt, es ist nicht passiert. Zumindest nicht das, was erwartet wurde. Nämlich einen mehr oder weniger langweiligen EU-Wahlkampf. In dem hätten die Freiheitlichen auf die Ausländer geschimpft. Die Neos die Wirtschaft unterstützt. Die ÖVP hätte sich an ihrer „Leitkultur“ abgearbeitet. Die Sozialisten hätten (mit ihrem gar nicht so) neuen Parteichef endlich zu sich selbst gefunden. Und die Grünen hätten sich für die Umwelt stark gemacht. Das hat´s aber nicht so gespielt. Dreh- und Angelpunkt im österreichischen EU-Wahlkampf 2024 war die Sozialkompetenz der grünen Spitzenkandidatin Lena Schilling. Die Grünen wollten mit der 23jährigen Umweltaktivistin einen Coup gegen die anderen Parteien landen, die durchwegs alte Männer als Spitzenkandidaten nominierten, deren Namen vorwiegend älteren WählerInnen oder EU-Insidern ein Begriff sind.

    Die rhetorisch eloquente grüne Spitzenkandidatin Lena Schilling hätte auf alle Fälle das Zeug zum Stimmen-Booster gehabt. Sie lernte zwar erst im Interview mit dem Komödianten, dass Norwegen nicht Mitglied der EU ist. Aber das hätte man ihr gern nachgesehen. Doch nachdem die Tageszeitung „Der Standard“ aufgedeckt hatte, dass Schilling gern Gerüchte verbreitet und dass das auch schon gerichtlich belegt ist, waren alle Dämme gebrochen. Da stürzten sich die Medien auf die Jungpolitikerin und brachten auch andere pikante Details an Tageslicht. Zum Beispiel, dass Lena Schilling die Grünen nur dazu nutzen wollte, um ins EU-Parlament gewählt zu werden, um sich danach im fliegenden Wechsel gleich der Linken anzuschließen. Die total vermurkste Krisenkommunikation der grünen Parteispitze tat ihr Übriges. Mittlerweile wollen sich die Grünen gar nicht mehr dazu äußern. Einziger Kommentar der Schilling-Erfinderin und grünen Klubobfrau Sigrid Maurer in der Wochenzeitschrift Profil – es habe sich etwas verschoben, das Privatleben von Politikern sei nun nicht mehr tabu. Nun beschäftigt sich der Österreichischen Presserat mit der Frage, ob die Berichterstattung über Lena Schilling im öffentlichen Interesse war und ob es statthaft ist, anonymisierte Quellen zu zitieren. 

    Was bleibt nun vom österreichischen EU-Wahlkampf 2024 übrig? Jüngste Meinungsumfragen zeigen, dass sich der Schaden für die Grünen in Grenzen halten wird. Spannend wird es allerdings bei den Vorzugsstimmen. Thomas Waitz, der grüne Listenzweite, hat schon erklärt, dass er jederzeit einspringen würde. Sollte er mehr Vorzugsstimmen als Lena Schilling erhalten, dann stünde er als Delegationsleiter bereit. Wenn die österreichischen Grünen (wenig wahrscheinlich) von derzeit 3 auf 1 Mandat abstürzen, dann würde der Listenzweite auch anstelle Schillings ins EU-Parlament ziehen

    Es ist offen, wie sich die österreichische Presselandschaft nach den EU-Wahlen 2024 weiter entwickelt. Die Entscheidung des Presserats wird für kommende Woche erwartet. Dann wird sich weisen, ob sich Österreichs Medien in Zukunft mehr für (private) Hintergründe interessieren. Und der Wähler? Der möchte vieles gar nicht so genau wissen. Auf alle Fälle sind die Abgründe, die in den vergangenen Wochen zutage traten, sehr verstörend. (Mg, 08.06.2024)

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Salto User
wartl Di., 11.06.2024 - 20:52

Inzwischen ist die Wahl vorbei, die Grünen haben ~ 3,5% Stimmenanteil und ein Mandat verloren.
Was bleibt, ist ein sehr schiefes Bild, das die Medien abgegeben haben und noch immer abgeben. Das Missverhältnis zur eher zurückhaltenden Behandlung der Chats Kurz/ Schmid oder der unsäglichen Ivermectin - Quacksalberei von Kickl ist eklatant. Der Grund dafür liegt wohl in der Inseratenabhängigkeit nicht nur der Trottoirblätter; man beißt nicht die Hand dessen, der einen füttert. VP und FP haben sich immer wieder als Nutten für die Besitzstandswahrer erwiesen, während die von den Grünen forcierten Maßnahmen gegen den Klimawandel (von der VP möglichst torpediert, von der FP offen bekämpft) und die linken Positionen Bablers sich nicht des Wohlwollens der Reichen erfreuen.

Di., 11.06.2024 - 20:52 Permalink
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Profil für Benutzer Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler Di., 11.06.2024 - 22:00

Aus Süd-Tiroler Sicht ist bei dieser EU-Wahl mit Blick auf Österreich vor allem das Ergebnis im Bundesland Tirol zu beachten. So sehr man sich darüber freuen kann, dass erstmals ein Osttiroler in das EU-Parlament gewählt wurde, so sehr muss man es bedauern, dass es ausgerechnet ein unverbesserlicher Corona-Schwurbler ist, der diesen Erfolg erzielt hat.

Di., 11.06.2024 - 22:00 Permalink
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Salto User
wartl Mi., 12.06.2024 - 18:54

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Nach Verglühen der Blendgranate Bastifantasti sind die schwarz-blauen Wechselwähler wieder heim ins blaue Lager gekehrt zu den Corona-Schwurblern, Ivermectin-Quacksalbern, Staatsschutz-Zerstörern, Vaterlandsverrätern (Vilimsky ist Putin - Fan, wie seine Wortmeldungen im EP beweisen), Schmarotzern (Kickl als Besitzer der Gaunerfirma "Ideenschmiede" mit erheblichem Anteil Selbstbereicherung neben den Kickback-Zahlungen an die Partei). Unerfreulich, aber logisch infolge der jahrzehntelangen Propaganda der Rinnsteinblätter (alias Zentralorgane der Massenverdummung) und deren inseratenkorrupten Herausgeber.

Mi., 12.06.2024 - 18:54 Permalink