Wirtschaft | Seilbahn Plose

"Dann seid ihr den Berg endlich los..."

Die Verbitterung über die Plose-Niederlage ist nicht nur bei der Wirtschaft spürbar. Sonja Complojer lebt auf dem Berg, "ich schäme mich, in Brixen geboren zu sein."

Wenn die Gäste nicht mehr kommen, wenn die Gäste lästig werden - was bleibt dann? Die Jungen gehen, die Schulen schließen, die Musikkapellen spielen nicht mehr. Ein fiktiver Filmbeitrag aus dem Jahr 2031.

Der Sterzinger Unternehmer Michl Seeber kann die Brixner nicht verstehen, Philipp Moser vom Südtiroler Wirtschaftsring schlägt in dieselbe Kerbe und fragt: Kann die Bevölkerung über spezielle Sachthemen überhaupt abstimmen? Haben die Leute die Kompetenz dazu?

Sonja Complojer lebt seit 18 Jahren "auf dem Berg" - der Facebook-Gruppe "St. Andrä-Los von Brixen" ist sie beigetreten. "Dagegen sein und die Welt verschlafen, das ist Brixen wie es leibt und lebt", schreibt sie.

Nebenbei bemerkt wurde z.B. zu Acquarena, Forum, Vertikale,.. auch KEINER befragt – was auch gut so ist denn sonst hätten wir bis heute kein Hallenbad, keine Kletterhalle und kein gar nix.

Wie ein Gebiet, in dem sie wohnt, wirtschaftlich und touristisch zu Grunde gerichtet wird, das will sie nicht länger anschauen. Sie ist überzeugt. Die Volksabstimmung am Sonntag in Brixen, ist das Ende "für den Berg." Tal gegen Berg, Städter gegen Dörfler, die gegen die anderen.

In einem Geschäft in Brixen wurde am Montag meine Bekannte mit sinngemäß folgender Aussage begrüßt: Gott sei Dank wird die Bahn nicht gebaut, bräuchte es eh nicht - nur für de poor Tscheggl af´n Berg …

Verbitterung macht sich in St. Andrä breit, Sonja Complojer lässt ihrer Wut freien Lauf:

Dann seid ihr den Berg endlich los und wir hier oben können endlich ohne gewisse superschlaue, rückschrittsorientierte und beschränkte Mitbürger durchstarten und unser hart verdientes Geld in unsere Zukunft investieren anstatt es zu Euch runterzuschicken. Dann ist ja eigentlich allen geholfen.

Eine Vermutung stellt Complojer in den Raum: Jugendliche in den Schulen seien beeinflusst worden. Ihrem 12-Jährigen Sohn, der die Mittelschule Michael Pacher besucht, sei es nicht anders ergangen. "Er wurde während der Schulzeit letzte Woche von einer Lehrerin zu seinem Standpunkt bezüglich Seilbahn befragt. Nachdem er sich als Befürworter ausgesprochen hat, wurde ihm von der Lehrerin erwidert, daß sie dagegen sei, denn man muss sich bewußt sein, daß durch die Seilbahn das Stadtbild verschandelt wird." Propaganda gegen die Seilbahn sei gar in Brixens Oberschulenveranstaltet worden. Complojer will Klarheit: "Sollten sich diese Vorfälle als wahr herausstellen, müsste das Ergebnis des Refererendums nämlich in Frage gestellt werden, da es sich bei den Oberschülern ja um Wähler handelt und wie wir wissen, viele 16-17 jährige sich auch bei der Wahl beteiligt haben."

Neutralität in der Berichterstattung war und ist bei der Plose Seilbahn ein Drahtseilakt, auch in Mals wurde medial kräftig gegen das Referendum geschossen. Was die Leute zusätzlich verunsichert und gegen die Regiernden aufgebracht hat? Um Wählerstimmen buhlen, zu unlauteren Mitteln greifen - das Experiment Direkte Demokratie ist kein einfaches.

Arno Kompatscher sagte es im salto.bz Interview so:

Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt und mehr Mitbestimmung haben möchte. Doch auf der anderen Seite sind auch klare Entscheidungen gefragt, damit etwas weitergeht im Land. Und ich glaube, das eine schließt das andere nicht aus.

Sonja Complojer macht keinen Hehl daraus. Ihr kann die Direkte Demokratie gestohlen bleiben.