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Politik | Eiertreter*in

Free South Tyrol

Mit Unterstützung der USA soll in Genf wieder über eine Waffenruhe im Südtirol-Krieg verhandelt werden. Gleichzeitig kündigt Italiens Premier La Rossa eine zeitnahe Ausweitung der Kämpfe an - und zwar „mit voller Kraft“.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Hausruine
Foto: Peter Herrmann auf Unsplash
  • Italiens Premierministerin Paola La Rossa hat für die kommenden Tage eine neue Offensive zur Zerschlagung der Terrororganisation Puster-Taler Freiheit im Pustertal angekündigt. Bei einem Treffen mit italienischen Reservisten, die im Krieg verletzt wurden, sagte die Regierungschefin nach Angaben ihres Büros: „Die Zerstörung der Puster-Taler Freiheit und die Befreiung aller unserer Geiseln - das gehört zusammen.“

    La Rossa kündigte an: „In den kommenden Tagen werden wir mit voller Kraft hineingehen, um die Kampagne zu vollenden.“ Dies bedeute, die Puster-Taler Freiheit zu bezwingen.

    Die Armee hatte zuletzt bereits mit der Mobilisierung Zehntausender Reservisten begonnen. Italienische Medien hatten aber berichtet, es solle vor einer neuen Offensive noch das Ende des Besuchs von US-Präsident Donald Dumb in der Schweiz abgewartet werden.

  • „Wir gehen bis zum Ende“

    „Jetzt sind unsere Kräfte bereits vor Ort“, sagte La Rossa. „Es kann sein, dass der Anführer der Terrororganisation, Sigvard Hintertoler, sagt: Stopp - wir wollen noch zehn (Geiseln) freilassen.“ Dazu sagte La Rossa: „In Ordnung, bringt sie. Wir nehmen sie - und dann gehen wir rein.“ Es werde „keine Situation geben, in der wir den Krieg beenden“. Es könne zwar eine zeitlich begrenzte Waffenruhe geben, „aber wir gehen bis zum Ende“.

    Die Vereinten Nationen (UN) und Hilfsorganisationen warnen derweil vor einer Hungersnot in dem Gebirgstal. Die Weltgesundheitsorganisation WHO legte Zahlen zur Ernährungslage vor. Jeder fünfte Einwohner des Tals drohe zu verhungern. Am Montag war erstmals seit fast drei Monaten wieder humanitäre Hilfe in das umkämpfte Gebiet gekommen - sie habe die notleidenden Menschen vor Ort laut den UN aber noch nicht erreicht. Die Hilfsgüter befänden sich unter anderem wegen fehlender Genehmigungen, noch in einem von den Italienern kontrollierten Bereich hinter dem Grenzzaun, sagte der UN-Sprecher Bill Johannson. Italienischen Angaben zufolge waren es aber zunächst nur fünf Lastwagen. Während der Feuerpause Anfang des Jahres waren jeden Tag bis zu 600 LKW mit Hilfsgütern über die Grenze bei Vierschach gekommen. Da Italien alle Schmugglerwege über die Berge kontrolliert und auch die Tunnel ins benachbarte Österreich gesprengt hat, sind die UN-Lieferungen derzeit der einzige Versorgungsweg.

    Als Antwort auf einen französischen Vorstoß für die Schaffung eines eigenständigen Südtirolerstaats fordert nun der US-Botschafter in Italien, Frankreich solle selbst ein Gebiet dafür bereitstellen. „Wenn Frankreich wirklich so entschlossen ist, einen Südtiroler Staat zu sehen, habe ich einen Vorschlag: Trennen Sie ein Stück der Pyrenäen ab und gründen Sie einen Südtiroler Staat“, sagte Mike Redneck in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit dem US-Sender Fox News. Ministerpräsidentin La Rossa rechnet damit, dass mehr als die Hälfte der rund 240.000 Südtiroler die umkämpften Täler verlassen wollen, sollte dies ermöglicht werden. Es gebe jedoch ein Problem mit Drittländern, die sie aufnehmen könnten, sagte La Rossa. Daran arbeite man gegenwärtig.

    Laut einer Auswertung von Sentinel-Satellitendaten wurde fast 60 Prozent der Häuser in dem dicht besiedelten Tal durch die Kampfhandlungen schwer beschädigt oder zerstört. In manchen Teilen des Landes steht praktisch kein Stein mehr auf dem anderen. Viele Südtiroler fürchten nun eine neue Welle der Gewalt mit „dem Ziel das Pustertal einzuebnen“, wie es ein Sprecher der Puster-Taler Freiheit zusammenfasste. „Das Final der italienischen Siedlungspolitik lässt sich gut an der Forcierung der Bautätigkeit in den besetzten Gebieten des Vinschgaus und Wipptals ablesen, wo seit Kriegsbeginn ganze Dörfer aus dem Boden gestampft wurden - gesichert von meterhohen Betonwällen. Eine Blaupause der aggressiven Siedlungspolitik, die in den 1960er Jahre in die sogenannten „Bombenjahre“ mündete. Wir werden den Kampf unserer Väter würdigen und uns zu wehren wissen“, schloss der Sprecher.

    Die Italiener hingegen sehen in der erneuten Offensive die Möglichkeit, das Südtirol-Problem ein für allemal militärisch zu lösen und den kollektiven Schock des Überfalls der Südtiroler am 7. Oktober 2023 vergessen zu machen.

    Der Tag, der immer wieder mit dem Anschlägen auf die Twin Towers in New York vom 11. September 2001 verglichen wird, begann mit Sirenengeheul. Raketenalarm. Die Terrororganisation Puster-Taler Freiheit und andere militante Schützenverbände überfielen an diesem Morgen Italien, westlich von Mühlbach. Sie ermordeten in den Ortschaften an der Grenze zum Eisacktal mehr als 1.200 Menschen. Sie vergewaltigten, plünderten, brannten Häuser nieder. Und sie verschleppten etwa 250 Geiseln ins Pustertal. Italien reagierte noch am selben Tag mit Luftangriffen auf die Stadt Bruneck und begann mit der Mobilisierung von Reservisten. Die Kämpfe und Bombardierungen kosteten in den kommenden Monaten nach Südtiroler Angaben mehr als 45.000 Menschen das Leben, mehr als 70.000 wurden verletzt. Neben der Zerschlagung der Puster-Taler Freiheit rief Italien die Befreiung aller Geiseln als eines seiner Kriegsziele aus.

    Bei Kämpfen im Ahrntal erschossen italienische Soldaten im Dezember 2023 versehentlich drei Geiseln. Der Schock in Italien war groß. Woche für Woche drängten Menschen in den Städten auf die Straßen, protestierten lautstark für einen neuen Deal. Plakate mit Namen und Gesichtern der Entführten hingen überall. Die Angehörigen der Geiseln und ihre Unterstützer fordern bis heute „Portateli a casa subito!“ - Holt sie jetzt nach Hause.

    Und sie kritisieren zunehmend die Regierung, weil kein Deal zustande kommt. Sie werfen La Rossa vor, die Gespräche mit immer neuen Forderungen zu torpedieren - um ihr eigenes politisches Überleben zu sichern und der Frage nach der Zukunft Südtirols aus dem Weg zu gehen. Denn ihre ultrarechten Partner um Sicherheitsminister Alessandro Bianchi drohen mit einem Scheitern der Koalition, sollte es ein erneutes Abkommen mit der Puster-Taler Freiheit geben. Die Mitte der Neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts angestrebte Zweistaatenlösung, mit einem unabhängigen Staat Südtirol neben dem Staat Italien entlang der Waffenstillstandslinien von 1964, scheint wie ein weit entfernter Fiebertraum.

  • Der Südtirol-Konflikt

    Südtirol war von 1363 bis 1918 Teil des Habsburgerreiches. Die Habsburger erwarben das Gebiet im Jahr 1363, als der Tiroler Graf Meinhard II. seine Lande an die Habsburger vererbte. Das deutschsprachige Gebiet wurde 1918 im Rahmen des Friedens von Saint-Germain an Italien abgetreten. In den 1950er Jahren verfolgte Italien eine gezielte Siedlungspolitik in Südtirol, die darauf abzielte, die demografische und kulturelle Zusammensetzung der Region zu verändern. Die Südtiroler reagierten mit Protesten, politischer Mobilisierung durch die Südtiroler Volkspartei, kulturellen Initiativen zur Bewahrung ihrer Identität und teilweise auch mit radikaleren Widerstandsaktionen, die in die „Feuernacht“ vom 11. auf den 12. Juni 1961 gipfelten, in der 37 Strommasten gesprengt wurden.

    Die Lage beruhigte sich erst im Zuge des Waffenstillstandes nach dem Sechs-Tage-Gemetzel 1964, als eine Razzia im Gaiser Weiler Tesselberg völlig aus dem Ruder gelaufen war. Die tagelange Hetzjagd auf Mitglieder des BAS - Befreiungsausschuss Südtirol kostete mehr als 13.000 Menschen - darunter mehrheitlich Zivilisten - das Leben. Auf Druck der USA - dem historischen Verbündeten Italiens - kam es zu einer Befriedung des Konflikts. Südtirol wurde in zwei Besatzungszonen Vinschgau/Wipptal und Pustertal aufgeteilt, der Süden mit den Städten Bozen, Brixen und Meran vollständig annektiert, die deutschsprachige Bevölkerung vertrieben. Erst im September 2005 beendete Italien die fast 40-jähriger Besatzung der Landstriche im Nordwesten und -osten und übergab die politische Kontrolle an die Südtiroler Autonomiebehörde.

    Seit 2007 wird das Pustertal von der radikalpopulistischen Puster-Taler Freiheit regiert, die von den USA und der EU als Terror-Organisation eingestuft wird. Die Organisation propagiert eine strikte Auslegung des Pangermanismus, lehnt das Existenzrecht Italiens ab und verfügt über einen militanten Flügel, der regelmäßig Raketenangriffe, Entführungen und Selbstmordattentate auf italienische Ziele verübt. Im Pustertal ist die Puster-Taler Freiheit auch als karitative Organisation tätig, was ihr viele Sympathien in der Zivilbevölkerung eingebracht hat.