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Kultur | Gesellschaft | Berichterstattung

Was von einem Festival bleibt

Wir haben am Wochenende ein Festival in Barbian organisiert, den Foehrentanz. Jetzt wird es medial durch den Dreck gezogen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Beim Festival wurde auch gemeinsam gemalt, unter der Anleitung von cma_art.
Foto: Virus Barbian
  • Hallo, wir sind der Virus Club, die Veranstaltenden vom Foehrentanz in Barbian. Wir haben am Wochenende ein, wie wir finden, wunderbares Festival im Föhrenwald organisiert. Mit Musik, verschiedenen Kunstformen, Markt- und Infoständen, leckerem Essen und vor allem einem vollkommen reibungslosem Ablauf. 

    Jetzt lesen und hören wir mit Staunen und Bedauern einige Artikel und Beiträge zu unserem Event. Darunter: „Drogenrazzia auf dem Sommersonnenfest in Barbian“ (suedtirolnews), „Drogenfund beim Föhrentanzfestival in Barbian“ (Rai Südtirol) und „Drogen-Kontrollen bei Techno-Festival in Barbian“ (Südtirol Journal), „Drogenfunde bei Musikfestival in Barbian“ (Dolomiten), „Kontrollen bei Festival in Barbian“ (stol) „Razzia in Barbian“ (Tageszeitung). Da stimmt leider einiges nicht und das schadet ziemlich. Vor allem, da wir heuer große Probleme mit den Genehmigungen hatten, da es letztes Jahr schlechte Presse für „Barbian + elektronische Musik“ gab, weil nach einem anderen Event von einem anderen Verein der tragische Unfall in Terenten passierte und so die ganze Festivalkultur in ein schlechtes Licht gerückt wurde. Jetzt schon wieder. Deshalb wollen wir hier die Gelegenheit nutzen, einiges richtigzustellen. 

    Wir finden es schade und wenig hilfreich, wenn ein Großteil der Südtiroler Medien eine Pressemitteilung der Carabinieri einfach kopiert (!) ohne selbst vor Ort gewesen zu sein oder Leute zu befragen, die da waren. Auch der Barbianer Bürgermeister hat beispielsweise vorbeigeschaut und sich ein Bild gemacht. Der Königsweg/ein Grundprinzip wäre immer auch die Veranstaltenden selbst zu kontaktieren. 

     

    Was nicht stimmt und uns und der Festivalkultur in Südtirol schadet: 

     

    • „Konsum unter Jugendlichen“ (in der Zeile über der Überschrift bei suedtirolnews): Dies bei einer Veranstaltung, wo unter 18-Jährige keinen Zutritt hatten – was streng kontrolliert wurde. Wer vor Ort war – wie die Carabinieri – sah vor allem Menschen zwischen Mitte 20 und Mitte 40. Instagram zeigt uns übrigens folgendes beim Alter der 1200 follower an: 13,6 % zwischen 18-24 Jahren, 53,6 % zwischen 25-34 Jahren, 22,9 % zwischen 35-44 Jahren, 6,9 % zwischen 45-54 Jahren. 
    • „Drogenrazzia“ (suedtirolnews, Dolomiten, Tageszeitung): Es gab keine Razzia. Es gab auf der Veranstaltung selbst keinen einzigen Zwischenfall, das würden auch die Carabinieri bestätigen, wenn man bei ihnen nachgefragt hätte. Wir waren seit Monaten im Gespräch mit den Carabinieri, hatten eine gute Zusammenarbeit und haben gemeinsam vereinbart: Es wird Carabinieri-Präsenz vor Ort geben. Die Carabinieri haben dann zunächst auf der Zufahrtsstraße Kontrollen gemacht und sich anschließend direkt vor dem Festivalgelände postiert. „Beim Föhrentanz Festival“ (Rai Südtirol) oder „Auf dem Föhrentanz-Festival“ (Tageszeitung, Dolomiten) gab es dann eben keine „Beschlagnahmungen, Anzeigen“ und schon gar keine Razzia. Zu unserem Konzept gehört übrigens ein eigenes Awareness-Team auf dem Festival sowie das streetlife-Projekt vom Forum Prävention, das auch vor Ort war. https://www.forum-p.it/de/streetlifebz--1-462.html
    • „Drogenhandel“ und „erhebliche Mengen“ oder „beträchtliche Mengen“ (suedtirolnews, Dolomiten), „große Menge Drogen“ (stol): Sicher, dass das das mitgelieferte Bild und die dort ersichtlichen Mengen hergibt? Eine Anzeige, sieben Verwarnungen – bei acht Carabinieri-Männern und zwei Tagen Einsatz, wohlgemerkt. 
    • „er hatte 10 Gramm Kokain und 1.000 Euro Bargeld bei sich“ (Südtirol Journal): Wer die Mitteilung der Carabinieri liest: è stato trovato in possesso di ben 10 grammi di cocaina, del valore di oltre 1.000 €. Eine Kleinigkeit, die aber tief blicken lässt. 

     

    Alle Artikel füttern leider auch eine beliebte rechte Erzählung: Die Ausländer, die arme einheimische Jugendliche zu Drogenmonstern machen. Insgesamt leider ein Lehrstück für Journalismus, der niemandem hilft und keiner Sache nützt. Traurig: Ein Großteil der Südtiroler Medien kopiert einfach eine Pressemitteilung der Carabinieri, ohne das als solches kenntlich zu machen. 

     

    Auf diese Weise entsteht ein verzerrtes Bild von einer Veranstaltung, bei der Hunderte von Menschen zwei Tage lang friedlich zusammen gefeiert haben ohne dass es einen einzigen Zwischenfall gegeben hat – und bei der die Carabinieri von Anfang bis Ende dabei waren. Das einzige, was jetzt Kreise zieht und hängen bleibt sind Drogen, die man in zwei Autos auf der Zufahrtsstraße gefunden hat. So wird es engagierten Leuten verunmöglicht, Feste zu veranstalten und zu feiern. So macht man ein beliebtes Festival kaputt.

     

    Abschließend noch eine heitere Anmerkung, die uns schmunzeln ließ: „Sommersonnenfest in Barbian“ (Artikelüberschrift suedtirolnews)  – vielleicht könnten wir die Veranstaltung in Zukunft so nennen, danke für den Tipp! Ein bisschen hat die Sonne ja auch geschienen heuer. Unser Festival ist allerdings explizit keine Sommersonnenwendfeier. 

     

    Virus Barbian, Verein zur Förderung des Gemeinwesens