Die Wirtschaft! Die Märkte!

Da fragte neulich ein Journalist, ich glaube, es war A. Oberhofer in dem Doppel-Interview mit den beiden Landeshauptmann-Kandidaten (den „Basiswahl“-Blinddarm lasse ich hier mal weg), mit wem die beiden lieber kooperieren würden, falls es sich mit der Alleinherrschaft… ab Herbst… usw. usf. Ob sie also unseren Karren lieber mit den Grünen als mit den Blauen oder umgekehrt und ja, ich glaube, mich zu erinnern, dass beide und gesetzt den Fall dann doch lieber mit den Grünen, jedenfalls aber sagte der Herr Pichler-Rolle ganz euphorisch, ja, der Hans Heiss, mit Kultur, das wäre schon was!
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Da plötzlich, und ohne eigentlichen Zusammenhang, eigenwillig genug, erstand vor meinem geistigen Auge und aus den unergründlichen Windungen meines Gehirns eine unerhörte Frage: Ja, wie wär’s denn eigentlich, mit weniger Wirtschaft und mehr Kultur?

Was für eine Frage! Umso mehr angesichts der Tatsache, dass irgendwie dieses „Wirtschaft!“-sding und diese „Märkte!“-Sache allgegenwärtig sind. So soll z. B. in meinem Dorf eine neue – die dritte! – Seilbahn gebaut werden. Sie ist so überflüssig wie ein Kropf am Hals einer schönen Zwanzigjährigen. Aber wenn man, zum Beispiel, einen Bürger nach Argumenten für den Bau dieses Kropfes in der Landschaft fragt, antwortet er stramm mit „Die Wirtschaft!“ Ach so.

Auch sieht’s so aus, als wolle sich – wieder in meinem Dorf, es liegt halt nahe - die Raiffeisenbank (ein mächtiges Haus im doppelten Wortsinn) den Tourismus einverleiben. Der Tourismus ist so etwas wie die Lebensader meines Dorfes, und da stimmt es schon ein bisschen nachdenklich, wenn Veranstaltungen des Tourismusverbandes nicht etwa in der Aula der (öffentlichen) Mittelschule, oder im (öffentlichen) Repräsentationssaal des Gemeindehauses, sondern im Sitzungssaal der Raiffeisenkasse stattfinden.

Jedenfalls wollen mir solche Dinge alleweil suggerieren,  „die Wirtschaft!“ („die Märkte!“) wolle sich alles Leben untertan machen und hänge über unser aller Köpfe wie die Smog-Glocke über Delhi. Was soll ich sagen, ich find’s halt ein bisschen öde: Politische Programme lesen sich wie Bilanz-Berichte eines Wirtschaftsberaters, und in allen Punkten klingt, mal mehr, mal weniger: „Die Wirtschaft!“ durch. Die Herren (nein, hier mal keine Damen), die für diese Programme verantwortlich zeichnen, sehen aus wie Banker und geben sich wie solche; und nicht zuletzt die Medien, die täten auch gern so, als gehörten sie zum elitären Club. Jedenfalls will mir das Ganze insgesamt so rüberkommen, und zwar schon recht penetrant, als würden bei uns nicht Menschen regieren, sondern „die Wirtschaft!“ („die Märkte!“). Und als ginge es bei uns und in unserer Politik nicht um die Menschen, sondern um „die Wirtschaft!“ („die Märkte!“). Irgendwie seitenverkehrt, oder?

Das ist alles schon recht bemerkenswert, finde ich. Umso mehr, als es doch den Anschein hat, als habe gerade diese Wirtschaft! (die Märkte!), mit ihren Trabanten, unser Europa samt Inhalt vor sich her und an den Abgrund gejagt.

Wie erfrischend und erhebend ist da doch der Gedanke an  Kultur und ein bisschen Farbe.