Politik | Politikerrenten

"Ich will Gerechtigkeit"

Warum gibt sich Luis Durnwalder nicht mit einer Rente von 2800 Euro zufrieden, wenn andere mit 400 Euro überleben müssen? Antworten des Ex-Landeshauptmannes.

Her Durnwalder, warum legen Sie Rekurs gegen die Rentenreform Ihrer Nachfolger ein? 
Luis Durnwalder: 
Weil ich vom Gericht eine Antwort darauf haben will, ob es richtig ist, dass man rückwirkend die Renten von nur einer Kategorie kürzt. Wenn das Gericht sagt, das ist in Ordnung, bin ich der erste, der zurückzahlt. Das Geld ist schließlich bis 2018 blockiert, ich habe erst die Hälfte meiner Rentenvorschüsse erhalten. Also, wenn herauskommt, dass solch eine rückwirkende Kürzung rechtens ist, will ich sicher nichts haben, das mir nicht zusteht.

Ihnen wären nach der Thaler-Reform Rentenvorauszahlungen von 912.527 Euro zugestanden, die nun um 186.280 Euro gekürzt werden. Landtagspräsident Diego Moltrer hat gestern den Einwurf gebracht, dass es viele Menschen gibt, die mit einer Mindestpension von 400 Euro über die Runden kommen müssen. Hatten Sie solche Überlegungen nicht, als Sie sich für einen Rekurs entschlossen haben?
Bitte, ich hab' ganz bestimmt kein schlechtes Gewissen. Ich habe 40 Jahre Beiträge eingezahlt und bin mit 73 Jahren in Rente gegangen. Noch vor zehn Jahren hätte ich wie Magnago, Benedikter & Co eine Rente von 7200 Euro bekommen. Die ist schon auf 5600 Euro zurückgegangen, weil wir freiwillig 50 Millionen Euro in den Familienfonds eingezahlt haben. Also ohne diesen Schritt hätten Südtirols Familien 50 Millionen Euro weniger an Zulagen. Dann geht man auf 2800 Euro, und es gibt als Ausgleich die Vorschusszahlungen...

...von denen Sie jetzt noch mal 20 Prozent zurückzahlen sollen. 
Das ist doch gegen jedes Rechtsprinzip, dass man im Nachhinein hergeht, und sagt, es werden einfach Renten gekürzt – noch dazu von Menschen, die bereits in Rente sind. Dann kann jemand anderer morgen hergehen und sagen: Jetzt kürzen wir noch einmal auf 2000 Euro. Also, verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin mit allem einverstanden, wenn es für alle gilt. Aber dann muss ich eben nicht nur die Renten von allen Politikern kürzen, also auch von jenen in Rom und Brüssel, sondern auch die Renten von Richtern, Schuldirektoren und allen anderen, bei denen Beiträge mit öffentlichen Geldern eingezahlt wurden. Denn warum soll ein Angestellter des Landes eine doppelt so hohe Rente beziehen wie ein Politiker?

Bekommt er die denn?
Ein Abteilungsdirektor erhält neben seiner Abfertigung sicherlich eine Rente zwischen 4000 und 5000 Euro – und ich bekommen 2800 Euro. Aber ich habe mich erst kürzlich mit einem Gemeindearzt unterhalten, auch der bekommt wesentlich mehr – und zwar nicht nur als 2800, sondern auch als 5600 Euro. Verstehen Sie, es geht hier einfach um ein Grundprinzip unseres Rechtsstaates. Ich glaube jeder Mensch hat das Recht, aufgrund der Einzahlungen, die er gemacht hat, seine Rente zu beziehen. Und wenn wir sagen, das ist nun anders, soll es aber nicht nur auf eine kleine Kategorie angewandt werden. Aber das ist meine Sicht. Ob ich damit richtig liege, soll nun ein Gericht entscheiden. Denn ich denke, dass es wichtig ist, ein für allemal Gewissheit darüber zu haben, ob dieses Gesetz zu Recht besteht oder nicht.

"Man hat sich nicht treiben lassen, man ist ja vorausgegangen, hat schnell von einem Skandal geredet und diejenigen, die schon in Rente waren, so hingestellt, also ob sie etwas zu Unrecht bezogen haben."

Präsident Diego Moltrer hat sich gestern recht erschüttert über die hohe Zahl an AltmandatarInnen gezeigt, die nun vor Gericht ziehen. Auch Ihre Nachfolger an der Spitze der Volkspartei könnten gerade Ihren Schritt als Angriff der alten Kaste auf die neue Generation deuten. Ist er das?
Also, wenn schon, ist es nicht so, dass die Alten gegen die Neuen vorgehen, sondern die Neuen gegen die Alten. Vielleicht hatte man das Gefühl, hier Gerechtigkeit herstellen zu müssen, weil sie künftig nur mehr so viel Rente beziehen wie sie selbst einzahlen. Obwohl es schließlich auch derzeit nicht einfach nur hingenommen wird, wenn Dekrete wie das Monti-Dekret Kürzungen vorsehen – ob für Bezüge des Landeshauptmanns oder von Fraktionssprechern.

Hat sich die aktuelle Regierung von der Wut des Volkes über die Politikerrenten treiben lassen?
Man hat sich nicht treiben lassen, man ist ja vorausgegangen, hat schnell von einem Skandal geredet und diejenigen, die schon in Rente waren, so hingestellt, also ob sie etwas zu Unrecht bezogen haben – obwohl es vom Gesetz so vorgesehen war. Und wenn dann auch noch Parlamentarier in Rom sagen, die Alten sollen zur Kasse gebeten werden, ist das einfach nicht korrekt. Offensichtlich fällt ihnen selbst nicht ein, dass sie dann unter der Optik auch zu viel beziehen.

Gab es Gespräche mit dem aktuellen Landeshauptmann oder der Parteiführung, in denen eine Annäherung der offensichtlich konträren Positionen versucht wurde?
Mit mir hat halt niemand geredet. Aber ich muss sagen, ich habe mich auch nie sonderlich dafür interessiert oder Stellung bezogen. Doch nun geht es darum, eine prinzipielle Frage zu klären. Und wenn das Gericht sagt, dieses Gesetz ist rechtsmäßig, bin ich, wie gesagt, der erste, der sein Geld zurückzahlt. Doch wenn nicht, kann es nicht sein, dass man denjenigen, die bereits in Rente sind, ohne eine generelle  Reform noch einmal die Bezüge kürzt. Nur weil es gerade einmal populär ist, Politiker in den Dreck zu ziehen.