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Die Heimatseite

Südtirols Schützenchef Elmar Thaler hat ein neues kommerzielles Projekt. Unsertirol24.com ist eine patriotische Newsplattform mit alten Bekannten.

Wenn die Heimat ruft, dann ist Elmar Thaler zu Stelle. Berufung und Beruf sind dabei eng miteinander verbunden.
Der 39jährige Montanter Unternehmer kündigte vergangenes Jahr an, dass er nach drei Jahren als Landeskommandant des Schützenbundes nicht mehr kandidieren wird. Dann hat er sich doch noch breitschlagen lassen, eine Amtszeit als Südtiroler Schützenchef anzuhängen. Bis 2016.
Elmar Thaler betreibt privat das durchaus gut funktionierende Unternehmen „Effekt! GmbH“. Das in Neumarkt ansässige Unternehmen ist eine moderne Agentur, die von Grafik, Gestaltung, Webprogrammierung, Design, Fotografie und Druckvorbereitung alles liefert. Die gesamten Plakataktionen und Publikationen des Schützenbundes laufen seit Jahren über diese Firma. Das Unternehmen ist zwar vordergründig im patriotischen Umfeld zuhause, kann aber durchaus auch darüber hinaus Referenzen vorweisen.

Teil des Unternehmens ist auch der Effekt-Verlag, in dem seit Jahren Publikationen über das Schützenwesen, traditionelle Koch- oder Dorfbücher sowie zeitgeschichtliche Bücher erscheinen, mit dem eindeutigen Schwerpunkt „Südtiroler Freiheitskampf“. Ideologisch betreut wird der Patriotenverlag von einem Trio, das darauf achtet, dass die Geschichtsschreibung in die richtige Richtung geht.
Geleitet wird das Verlagsprogramm von drei Personen aus dem Bundesvorstand des Schützenbundes. Landeskommandant Elmar Thaler, dem Referenten für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit Major Efrem Oberlechner und der Referentin für Kultur- und Bildungsarbeit Margareth Lun.

Das Internetportal

Diese Belegschaft findet man jetzt auch beim neuen Projekt Elmar Thalers wieder vereint.
Am 15. September 2014 wurde von der „Effekt! GmbH“ die Internetdomain „unsertirol24.com“ registriert. Bei einer Registrierung gibt man in der Regel einen Verantwortlichen (einen Eigentümer der Domain) an, einen administrativen und einen technischen Kontakt. In allen drei Fällen wurde hier Elmar Thaler und die Adresse „Effekt! GmbH, Fleimstalerstrasse 4, Neumarkt“ angegeben.
Seit Anfang Oktober ist die Internetplattform „unsertirol24.com“ jetzt online. Die Seite ist durchaus professionell und gut gemacht. Sie funktioniert wie ein übliches, kommerzielles Internetportal mit dem Schwerpunkt Nachrichten aus Nord-, Süd- und Osttirol.
Die Antifa Meran hat „unsertirol24.com“ in ihrem Blog analysiert. Unter dem Titel „Unser rechtes Tirol“ heißt es da:

„Inhaltlich ist das, was als "Nachrichten aus Österreich (!) und der Welt" verkauft wird, eine dampfende Mischung aus zweizeiligen Meldungen, Presseverlautbarungen von Parteien und Verbänden aus dem rechten Lager und redaktionelle Meinungsmache, die sich in den Mantel journalistischer Objektivität hüllt:
Der Großteil der Nachrichten besteht aus Chronik-Meldungen von APA oder anderen Presseverteilern, die oft nicht länger als wenige Zeilen sind. Daneben finden sich überdurchschnittlich viele Pressemitteilungen von Schützenbund, Süd-Tiroler Freiheit, Heimatbund und Freiheitliche.
Viele Artikel sind stark ideologisch gefärbt, werden jedoch als Berichte deklariert: Beispielsweise ist in einem Artikel der Name einer NGO, die sich für EinwandererInnen einsetzt, im Titelbild durchgestrichen, ihre Aussagen werden als Lügen bezeichnet.“

Die Redaktion

Wer aber steht hinter dem Projekt „unsertirol24.com“?
Offizieller Träger ist eine Genossenschaft mit dem programmatischen Titel „Du bist Tirol“. Pressrechtlich Verantwortlich ist Georg Dekas.
Dekas ist auch Direktor der Athesia-Bezirkszeitung BAZ. Hauptberuflich ist der ehemalige Südtiroler Medienunternehmer (TV3) seit einigen Jahren als Pressereferent im Ressort Gesundheit, Sport, Soziales und Arbeit tätig. Zuerst unter Richard Theiner und jetzt auch unter dessen Nachfolgerin Martha Stocker.


Man kann davon ausgehen, dass Dekas nur seinen Namen als presserechtlich Verantwortlicher hergibt, denn die redaktionelle Arbeit bei „unsertirol24.com“ machen andere. Neben Schützenchef Elmar Thaler (eth) und dem Schützen-Pressesprecher Efrem Oberlechner (rem), sind das Lukas Steinwandter (st) und Rupert Gietl (gru). Lukas Steinwandter schreibt unter anderem auch für die rechtslastige Berliner „Junge Freiheit“ und der Archäologe Rupert Gietl ist salto-Leserinnen und -Lesern auch durch seine rege Kommentartätigkeit wahrscheinlich kein Unbekannter.
Dazu kommen noch Schützenhistorikerin Margareth Lun (ml) und als Gastautor der der Südtiroler Freiheit nahestehende Toponomastik-Experte Christian Kollmann. Besonders schreibfreudig zeigt sich auf der patriotischen Heimatseite aber ein gewisser „Reynke de Vos“, laut Eigenbeschreibung: „Der Verfasser ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist“. Damit wird auch klar, wer sich hinter Fuchs Reinecke versteckt: Reinhard Olt, ehemaliger FAZ-Redakteur und Träger des Walther-von-der Vogelweide-Preises.

Die Arbeitsweise

Die Weltnetzplattform der Patrioten hat auch schon einen journalistischen Scoop gelandet. Am Dienstag brachte die Tageszeitung Dolomiten eine vermeintliche Enthüllungsgeschichte über den Grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss. Der angebliche Skandal: Der Historiker Hans Heiss betreut als Professor an der Uni Innsbruck auch Diplomarbeiten von Südtiroler Studenten. Dabei hat er offiziell als Kontaktadresse die Telefonnummer des Grünen Fraktionsbüros im Südtiroler Landtag angegeben. 
Was die Athesia aber verschweigt: Die Geschichte war eins zu eines von der Patriotenplattform abgeschrieben. Denn „unsertirol24.com“ hatte die Geschichte bereits am Montag online gestellt.
Der versuchte Frontalangriff auf Hans Heiss macht aber auch deutlich, wie die Patriotenseite journalistisch arbeitet. Denn Hans Heiss betreut derzeit auch die Dissertation eines Südtiroler Historikers, eines ehemaligen Schützenfunktionärs und engen Freunds von Peter Paul Rainer. Der Mann spielte im Mordfall Christian Waldner auch eine untergeordnete Rolle.
Weil der Dissertant im Vorwort einem engen Freund dankt, der ihm bei der Arbeit besonders geholfen habe, legte Hans Heiss dem Studenten nahe, den Namen des Freundes Peter Paul Rainer im Vorwort doch zu nennen.

Wenig später erfolgte dann die Enthüllung auf „unsertirol24.com“.

Ein Schelm, der an Zufälle denkt?