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Tomadas Freunde

Ex-Sasa-Vizepräsident und Lega-Funktionär Sergio Armanini wünscht auf Facebook einer Bozner Journalistin eine hundertfache Vergewaltigung. Ein Skandal.

Maria Teresa Tomada ist eigentlich als Frau bekannt, die mit ihrem eigenen Kopf denkt. Doch diesmal scheint die Bozner Fratelli d'Italia/Alleanza Nazionale-Gemeinderätin von allen guten Geistern verlassen worden zu sein,
Nur so ist es erklärbar, dass Tomada zuerst einen ehemaligem Meraner Bürgermeisterkandidaten der Lega Nord erlaubt, auf ihrer Facebook-Seite einer Bozner Journalistin des „Corriere dell´Alto Adige“ eine hundertfache Vergewaltigung zu wünschen und dann auch noch diese unmenschliche Aussage mit Wohlwollen kommentiert.
Das Ganze ist ein Skandal. Aber auch ein Musterbeispiel dafür, dass der dumme und niederträchtige Hass in den sozialen Netzwerken nicht nur die Wutbürger erfasst hat, sondern auch mancher politischer Akteur mit Bespiel vorangeht.

Der Anlass

Silvia Fabbi ist eine junge Reporterin des „Corriere dell Alto Adige“. Die 31jährige, perfekt zweisprachige Journalistin aus Vicenza beginnt ihre journalistische Laufbahn in Deutschland, wo sie anfänglich für die „Lübecker Nachrichten“ und dann für die „Neue Presse“ in Hannover arbeitet. 2006 kehrt sie nach Italien zurück, wo sie zuerst in Cagliari und dann in Padua arbeitet, bevor sie 2010 zum Corriere nach Bozen kommt.
In der Bozner Redaktion ist Fabbi vor allem für die Gerichtsberichterstattung zuständig. Die bergbegeisterte Journalistin hat 2014 für die „infinito edizioni“ das Buch „Fratelli di cordata“ über die Bozner Bergsteigerbrüder Florian und Martin Riegler verfasst.
Am vergangenen Sonntag veröffentlichte Silvia Fabbi im Corriere ein Interview mit dem 23jährigen Marokkaner Mohammed Foughali. Der Titel: "Italiani convertitevi all’Islam. Mohammed Foughali, 23 anni, ha creato un gruppo Facebook per spiegare la sua religione". Gestern hat auch salto.bz darüber berichtet.
Der Bozner Pizzabäcker, der lange als Freiwilliger für den VKE gearbeitet hat, redet im Interview über seine Facebook-Seite mit inzwischen 1.115 Mitgliedern, wo er Koran-Suren postet und auf Fragen zum Islam antwortet. Auf der Seite findet sich auch der Spruch: „Sono musulmano ma non sto con l’Isis“.

Der Satz des Anstoßes

Silvia Fabbi fragt Mohammed Foughali im Interview auch, warum seiner Meinung nach terroristische, islamische Organisationen entstehen. Seine Antwort:
„Spesso gli stessi musulmani sono perseguitati nei loro paesi, come accade per esempio in Birmania, in Centrafrica o in Nigeria. Dunque il terrorismo è la conseguenza immediata a questa repressione come Al Shabaab in Somalia o in altre parti del mondo. Se un governante semina odio e violenza, è odio e violenza ciò che raccoglierà dal popolo.“
Es ist dieser Satz, der Maria Teresa Tomada zur Weißglut bringt. Noch am Sonntagvormittag postet die Bozner Gemeinderätin auf ihrer persönlichen Facebook-Seite das Foto eines Hundes, der auf eine israelische Fahne und den israelischen Premier uriniert. Darunter schreibt Tomada:
„Questo è il soggettino glorificato oggi da Silvia Fabbi nel corriere locale. ..brava hai proprio capito tutto..i poveri musulmani nigeriani di boko haram devono sgozzare stuprare e rapire bambine perché sono discriminati. e pure quei puri esempi di amore islamico somalo di al shabab. ..ma che film guardate?“

Meraner Sparberater

Dieser Gedankengang Tomadas erhält drei Likes und wird umgehend von Sergio Armanini kommentiert. Armanini ist kein Unbekannter. Der Meraner Unternehmer trat im Mai 2010 in der Passerstadt als Bürgermeisterkandidat der Lega Nord an. Im ersten Wahlgang erhielt er 563 Stimmen und damit 3,2 Prozent der Wählerstimmen. Zwischen 2010 und 2013 war Armanini dann drei Jahre lang Vizepräsident der kommunalen Autobus-Gesellschaft Sasa AG.
Sergio Armanini, laut Eigendarstellung „seit seinem achtzehnten Lebensjahr in den Bereichen Vertrieb, Budgeting und Finanzen selbstständig tätig und mit namhaften Unternehmen in den Bereichen Industrie und Handel zusammengearbeitet hat“, ist ebenfalls 2014 unter die Buchautoren gegangen. Der Meraner Lega-Kandidat hat im Eigenverlag das Buch mit dem sperrigen Titel „Durch intelligentes Sparen Wohlstand erlangen“ herausgegeben. Es ist eine Art Anleitung, wie man wohlhabend werden kann. „Machen Sie es wie die Millionäre“, rät er im Untertitel. Sein Konzept: Man muss mehr verdienen, als man ausgibt.
Armanini hält inzwischen nicht nur in Südtirol Seminare zu diesem Thema ab, sondern der Sparberater hat seit Oktober auch eine eigene Kolumne in der Sonntagsbeilage der Neuen Südtiroler Tageszeitung. Ob der Titel der Rubrik „Intelligentes Sparen“ allerdings das richtige Adjektiv enthält, muss man spätestens seit vergangenem Sonntag bezweifeln.


Aufruf zur Vergewaltigung

Sergio Armani antwortet am 30. November um 12:24 Uhr auf Tomadas Eintrag. Der Sparberater bezieht sich auf Silvia Fabbi und schreibt wörtlich
ma perchè nn le mettiamo un burka e la facciamo andare in Nigeria?? forse dopo il centesimo stupro si sveglierà....“
Es ist ein abscheulicher Satz, der in seiner gesamten Tragweite absolut unmissverständlich ist. Und ‪Maria Teresa Tomada? Weist die Bozner Gemeindepolitikerin ihren Facebook-Freund in die Schranken?

Ma perchè nn le mettiamo un burka e la facciamo andare in Nigeria?? forse dopo il centesimo stupro si sveglierà....

Keineswegs. Tomada antwortet wenige Minuten später, so als wäre nichts gewesen:
„Buonismo ottuso, quello che non capiscono questi soggetti è che per questa gente siamo tutti infedeli da sgozzare, non fanno distinzioni. destra sinistra centro tutti uguali.“
Silvia Fabbi, der in den vergangenen Tagen dieser Wortwechsel zugetragen wurde, ist schockiert. Die engagierte Journalistin will sich aber nicht einschüchtern lassen. Fabbi lässt derzeit ihren Anwalt eine Strafanzeige prüfen.