Kultur | Geld für alles?

Spendable Stiftung

Eine Vortragsreihe, die vor den Gefahren von Feminismus und Gender-Ideologie und dem unvermeidbaren Kulturverfall warnt. Gefördert von der Stiftung Sparkasse.

Im allgemeinen (Un-)Sicherheitswahn – sei er nun begründet oder nicht – droht Gefahr nicht nur von verdächtig anmutenden Personen und Fahrzeugen, sondern auch von ganz anderer Seite. Zumindest scheint es so, darf man den Plakaten und Flyern glauben, mit denen aktuell landauf, landab für eine in Kürze startende Vortragsreihe geworben wird. Dort wird nämlich vor der “Zerstörung der Ehe” und Familie sowie “unserer christlichen Kultur und demokratischen Zivilisation” gewarnt. Doch nicht etwa durch eine schleichende Islamisierung, wie die Pegida-Anhänger befürchte(te)n, sondern Schuld sind dieses Mal Feminismus und Gender-Ideologie, deren Siegeszug zum “Kulturverfall” beiträgt
“Wir stiften Kultur” – diesen Auftrag hat sich die Stiftung Südtiroler Sparkasse gegeben. Und vergibt in diesem Sinne Förderbeiträge für Projekte und Initiativen, die “innovativ, wertvoll, gesellschaftlich relevant sowie in ihrer Wirkung nachhaltig sind”. Darunter auch für die am 16. März startende Vortragsreihe gegen Feminismus und Gender-Ideologie.

Veranstalter der Vortragsreihe ist der Verein für christliche Erziehung und Schule mit seinem Vorsitzenden Hans Lunger. Nun, man mag zu Feminismus und der Gender-Debatte stehen, wie es einem beliebt, und es soll keinem Verein die Möglichkeit verwehrt werden Veranstaltungen entsprechend seinen Überzeugungen zu organisieren. Doch nicht wenige Menschen fragen sich dieser Tage – auf Facebook, in E-Mails an die salto.bz-Redaktion und auf salto.bz selbst: Warum fördert die Stiftung Südtiroler Sparkasse eine solche Veranstaltung? Muss das wirklich sein?


Von frustrierten Rechten und besorgten Südtiroler Christen

Ein kurzer Blick auf Referenten und veranstaltenden Verein genügt, um die Aufregung zu verstehen. Werner Münch bekleidet von 1991 bis 1993 das Amt des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und tritt 2009 aus seiner Partei, der christlich-konservativen CDU aus. Ein Grund für den Austritt ist die laut Münch unangemessene öffentliche Kritik Merkels an Papst Benedikt XVI. Von da an macht Münch gemeinsam mit anderen “frustrierten Rechten” (O-Ton SPIEGEL ONLINE) gegen Merkel und den “Linksruck” der CDU mobil. 2010 ist Münch Erstunterzeichner der Aktion Linkstrend stoppen. In dem entsprechenden Manifest werden unter anderem die “linke Gesellschaftspolitik”, die “gescheiterte Multi-Kulti-Integrationspolitik” und die “Gefahr der Islamisierung” angeprangert. Darüber hinaus ist Münch Kuratoriumsmitglied im Forum Deutscher Katholiken, welches sich für das Praktizieren des “unverfälschten und unverkürzten” römisch-katholischen Glaubens einsetzt.
Ein idealer Kandidat also für die Vortragsreihe eines Vereins wie jenen für christliche Erziehung und Schule in Südtirol. Der Verein existiert seit mittlerweile über zwanzig Jahren und fordert unter anderem die Umsetzung “christlich-katholischer Werte als Grundlagen der Erziehung” in Elternhaus und Schule.


Der Stiftung Föderfreude

Regelmäßig werden Vorträge organisiert, regelmäßig erhält man dafür Förderbeiträge der Stiftung Südtiroler Sparkasse. 2007 etwa, als unter dem Titel “Muslime zwischen Friedfertigkeit, Intoleranz und Gewalt. Was ist und was will der Islam wirklich?” in Südtirol eine Reihe von Vorträgen mit Wilfried Puhl-Schmidt – einem als islamkritisch bekannten deutschen Theologen, der im Koran die Wurzel aller Integrationsprobleme sieht – veranstaltet wird. 2010 lädt man mit Gabriele Kuby eine bekannte Gegnerin der Antiautoritären Erziehung ein, die über die “Schädigung der psychischen Entwicklung der Kinder durch den Angriff auf die Erziehungsautorität der Eltern” referiert. Der Zerfall der Familie ist laut Kuby kein Naturereignis sondern “politische Strategie der 68er Generation”. Auch damals gibt es Beiträge von der Stiftung Südtiroler Sparkasse – laut Unterlagen “bis zu 1.000 Euro”.
Die Förderzuschüsse reißen auch in den folgenden Jahren nicht ab. Interessantes Detail am Rande: Parallel zu den Förderungen für den Verein für christliche Erziehung und Schule erhält auch Centaurus Geld aus dem Fördertopf der Stiftung Südtiroler Sparkasse. Der schwul-lesbischen Initiative wird vom Verein für christliche Erziehung und Schule sinngemäß vorgeworfen, der verlängerte Arm des Teufels zu sein und “diabolische Jugendverführung” zu praktizieren.


Wo liegt die Grenze?

In der Ankündigung der jüngsten Vortragsreihe wird nun ebenfalls gegen die “teuflischen Ideologien” des Feminismus und der Gender-Theorien gewettert und zu “organisiertem Widerstand” dagegen aufgerufen – und dafür Gelder von der Stiftung Südtiroler Sparkasse kassiert. Dort bestätigt man auf Nachfrage von salto.bz, dass es finanzielle Unterstützung für den Verein für christliche Erziehung und Schule gibt. Für eine Stellungnahme ist der Direktor der Stiftung, Andreas Überbacher, am Donnerstag allerdings nicht zu erreichen.

Doch scheint auch angesichts der finanziellen Schieflage der Südtiroler Sparkasse – dessen größter Aktionär die Stiftung selbst ist – die Frage berechtigt, wie sinnvoll es ist, Vortragsreihen eines Vereins zu fördern, der Eltern, Schuldirektoren und Lehrpersonen im Jahre 2015 dazu aufruft, “auf keinen Fall zu dulden, dass homosexuelle Erwachsene oder homosexuelle Jugendliche in die Schulen gelassen werden”. Weise Worte in diese Richtung sprach im vergangenen Sommer Stiftungspräsident Karl Pichler: “Man muss schauen, welche Projekte für die Stiftung interessant sind. Wollen wir etwas unterstützen, das überhaupt keine Sinn hat, oder lassen wir das weg.”

 

Am 2. März strahlte die ARD eine hitzige Diskussionsrunde zum Gender-Mainstreaming bei Frank Plasbergs hart aber fair” aus. Unter dem Titel “Nieder mit den Ampelmännchen!” ist die Sendung hier nachzusehen.